„Kein Kunstwerk vertritt jemals eine Absicht. Absichten haben nur Leute, die keine Künstler sind.“
(Oscar Wilde in: The Picture of Dorian Gray)
OSCAR WILDE wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin als Sohn eines Chirurgen und der Schriftstellerin JANE FRANCESCA ELGEE, die unter dem Namen „Speranza“ veröffentlichte, geboren. Er studierte klassische Philologie und Literatur in Dublin und Oxford. 1879 ging er nach London, wo er auch aufgrund seiner extravaganten Lebensführung und seiner Pose als snobistisch-maliziöser Dandy Eingang in die Gesellschaft fand. Sein Erscheinungsbild beschreibt die New York Tribune 1883 folgendermaßen:
“The most striking thing about the poet's appearance is his height, which is several inches over six feet, and the next thing to attract attention is his hair, which is of a dark brown color, and falls down upon his shoulders... When he laughs his lips part widely and show a shining row of upper teeth, which are superatively white. The complexion, instead of being the rosy hue so common in Englishmen, is so utterly devoid of color that it can only be described as resembling putty. His eyes are blue, or a light gray, and instead of being 'dreamy', as some of his admirers have imagined them to be, they are bright and quick - not at all like those of one given to perpetual musing on the ineffably beautiful and true. Instead of having a small delicate hand, only fit to caress a lily, his fingers are long and when doubled up would form a fist that would hit a hard knock, should an occasion arise for the owner to descend to that kind of argument... One of the peculiarities of his speech is that he accents almost at regular intervals without regard to the sense, perhaps as a result of an effort to be rhythmic in conversation as well as in verse.”
(New York Tribune, 1883)
WILDE erscheint so als Vertreter des Dandyismus, für den ein gewandter Konversationston, eine gleichgültig-überlegene, auch arrogante Haltung in jeder Lebenssituation und die Neigung zur Ästhetisierung des Lebens typisch waren. Nach seinen literarischen Erfolgen reiste er zu Lesungen durch ganz England und in die USA. 1895 wurde er wegen seiner Homosexualität zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in bescheidenen Verhältnissen in Paris, wo er am 30. November 1900 starb. Kurz vor seinem Tod konvertierte er zum Katholizismus.
WILDE gilt als herausragender Vertreter des Ästhetizismus in England. Dieser Begriff bezeichnet eine Geisteshaltung, die dem ästhetischen Erleben einen absoluten Vorrang vor anderen Werten einräumt. In diesem Sinn versucht der Protagonist seines einzigen Romans The Picture of Dorian Gray (1890) sein Leben selbst als Kunstwerk zu gestalten, scheitert aber an seinem Gewissen. Der Roman machte WILDE in der literarischen Avantgarde berühmt – erhielt aber von der viktorianischen Presse verheerende Kritiken. In WILDES kunstvollen Märchen werden gesellschaftliche Missstände romantisch eingekleidet und gleichzeitig sozialkritisch enthüllt – so zum Beispiel in The Happy Prince and Other Tales (1888). Ein ironisch gebrochenes Zeitbild entwerfen die Erzählungen The Canterville Ghost (1887).
WILDES erfolgreiche Gesellschaftskomödien gelten als Höhepunkt seines Schaffens und knüpfen an die englische Tradition der comedy of manners an, einen Komödientyp des 17. Jahrhunderts, in dem zeitgenössische Sitten und Anschauungen satirisch überzeichnet dargestellt werden. WILDES Komödien leben vom geschliffenen Dialog und geistreichen Witz, mit dem sie Denk- und Verhaltensmuster des viktorianischen Zeitalters aufs Korn nehmen, so zum Beispiel seine bekannteste Komödie The Importance of Being Earnest (1893):
Es gilt als das witzigste Bühnenstück WILDES. Eine Handlung lässt sich nicht nachzeichnen, da das Stück einzelne Situationen in Szene setzt, die aufgrund von Verwechslungen zustande kommen. Die Freunde Jack Worthing und Algernon Moncrieff geben sich als Phantasiegestalten aus und führen so ein Doppelleben, woraufhin zwei junge Frauen sich auf den Spaß einlassen. Auf diese Weise entstehen Verwirrungen und Verwechslungen, die WILDE mit Aphorismen und einzigartigem Wortwitz ausschmückt.
Das Drama Salome (1891) wurde 1905 von RICHARD STRAUSS vertont und als Oper ein Welterfolg. Es machte STRAUSS zum führenden Musikdramatiker. Nachdem die einzige Tragödie WILDES in England zunächst verboten wurde, fand die Uraufführung 1896 in Paris statt. Zur englischen Erstaufführung kam es erst im Jahr 1905. WILDE verdichtet in einem einzigen Akt die biblische Geschichte von HERODES, SALOME und JOHANNES DEM TÄUFER (hier Jochanaan). Diese Geschichte bildete ein beliebtes Thema der französischen Décadence, einer Dichtung, die das Sinnlich-Schöne sowie moralfrei Künstlerische verabsolutiert und sich durch einen Hang zum Morbiden auszeichnet. Im Mittelpunkt von WILDES Salome stehen die Verführung SALOMES und ihre Hassliebe zu Jochanaan, dessen Kopf sie von HERODES fordert. Mit Hilfe dieses biblischen Motivs führt WILDE die Kollision der von Sinnenlust und Hemmungslosigkeit geprägten Welt mit dem aufkommenden Zeitalter des asketischen Christentums vor.
In seiner Schrift The Soul of Man under Socialism (1891) wendet sich der Autor gegen das Privateigentum und entwirft die Utopie einer sozialistischen Gesellschaft freier, sich unbeschränkt verwirklichender Individuen. Seine Gefängniserfahrung verarbeitete WILDE in der Ballad of Reading Gaol (1898), während der Grund seiner Verurteilung, das Verhältnis zu Lord ALFRED DOUGLAS, erst in dem bekenntnishaften, postum veröffentlichten Brief De profundis zur Sprache kommt. Beide Texte legen Zeugnis von seinem persönlichen Leid ab und beschreiben die unmenschlichen Haftbedingungen.
Dramen
Lady Windermere`s Fan (1892)
A Woman of no Importance (1894)
An Ideal Husband (1899)
Gedicht
Ravenna (1878)
Märchen
A House of Pomegranates (1891)
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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