JOSEPH CONRAD – eigentlich TEODOR JÓZEF KONRAD KORZENIOWSK – wurde als Kind polnischer Eltern in der Ukraine geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern wuchs er unter der Obhut seines Onkels in Polen auf. Schon immer träumte CONRAD davon, zur See zu fahren. Mit 17 Jahren ging er in Marseille auf die Marineschule und diente erst auf französischen, dann auf britischen Handelsschiffen. 1884 wurde er britischer Staatsbürger. Er erwarb 1886 das Kapitänspatent und befuhr die Meere Südamerikas und des Fernen Ostens.
1894 ließ CONRAD sich in England nieder. Er gründete eine Familie und begann zu schreiben. Seinen ersten Roman Almayer's Folly veröffentlichte er 1895 im Alter von 38 Jahren. CONRAD schrieb in englischer Sprache, die er erst mit 19 Jahren erlernt hatte, aber meisterhaft beherrschte. Er verfasste in den folgenden Jahren Romane und Kurzgeschichten. Doch erst der 1913 publizierte Roman Chance verhalf ihm zu größerer öffentlicher Anerkennung. CONRAD starb 1924 in England als renommierter Schriftsteller.
Viele Romane und Kurzgeschichten JOSEPH CONRADS handeln von Seefahrten und verarbeiten autobiographische Erfahrungen. Als Grundthema seiner abenteuerlich-exotischen, psychologischen Romane und Erzählungen stellt CONRAD den Einzelnen in schicksalhaften Entscheidungssituationen dar. Teils sind diese Situationen (wie in seinem ersten Roman Almayer's Folly, 1895) in die farbig geschilderte Umwelt fremder Kulturen eingebettet; teils entstehen sie in Auseinandersetzung mit der Naturgewalt des Meeres – wie in CONRADS Roman Lord Jim (1900), wo der Protagonist, ein Seeoffizier, bei einer Bewährungsprobe versagt, weil er im Augenblick der Gefahr heimlich sein Schiff verlässt. Als Ausgestoßener sucht er nach einer neuen Gelegenheit, sich zu bewähren und seine Selbstachtung wiederzufinden.
Das Geschehen und die Motive werden in CONRADS Werken mehr angedeutet als durchgängig erzählt. Beeinflusst ist diese Art des Erzählens von HENRY JAMES' impressionistischer und multiperspektivischer Erzähltechnik. Ähnlich wie JAMES bricht CONRAD die Handlungsführung durch Vor- und Rückblenden auf und wechselt häufig und abrupt die Erzählperspektive (point of view). Derart entstehen Texte, die dem Leser statt eines Panoramas eine kaleidoskopische Vielzahl von Sichtweisen präsentieren, sodass er sich mit keiner einzelnen Figur zu identifizieren vermag. WILLIAM FAULKNERS 1930 erschienener Roman As I Lay Dying treibt diese Technik auf die Spitze.
Der Technik des Perspektivwechsels dient auch die Erzählerfigur Marlow, die bei CONRAD u. a. in den Romanen Lord Jim, Chance (1912) und in der Erzählung Heart of Darkness (1902) auftritt.
Auch in CONRADS vielschichtigem Roman Nostromo (1904) wechselt die Erzählperspektive. Inhaltlich wendet er sich politischen Fragen zu: Am Beispiel der Auseinandersetzungen um ein südamerikanisches Silberbergwerk wird die Verführbarkeit des Menschen durch materielle Interessen geschildert.
Der Roman Chance (1912), CONRADS erster großer Erfolg, verbindet die romantische Liebe mit dem Motiv des Meeres.
Heute gilt CONRAD aufgrund seiner kunstvollen Erzählweise als wichtiger Wegbereiter der modernen englischen Literatur.
Romane
An Outcast of the Islands (1896)
The Nigger of the Narcissus (1897)
The Secret Agent (1907)
Under Western Eyes (1911)
The Shadow Line (1917)
The Arrow of Gold (1919)
The Rescue (1920)
The Rover (1923)
Erzählungen und Kurzgeschichten
Youth (1902)
Typhoon (1903)
Tales of Hearsay (hg. 1925)
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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