HENRY JAMES entstammte einer Schriftsteller- und Gelehrtenfamilie. Er erhielt eine Privaterziehung in den USA und in Europa. Nach kurzem Jura-Studium an der Harvard University war er als Autor von Kritiken und Essays tätig. 1875/76 hielt er sich in Paris auf. Dort machte er Bekanntschaft mit den Schriftstellern GUSTAVE FLAUBERT, IWAN TURGENJEW und ÉMILE ZOLA.
Schließlich ließ sich JAMES endgültig in England nieder, wo er zunächst lange Zeit in London lebte. Er veröffentlichte seine ersten Romane (The American, 1877, Portrait of a Lady, 1881), Erzählungen und Dramen. 1898 zog er nach Lamb House, Rye (East Sussex), wo er seine späteren Werke – darunter The Ambassadors (1903) – verfasste. 1915, ein Jahr vor seinem Tod, nahm JAMES die britische Staatsbürgerschaft an.
Den naturalistischen Strömungen des 19. Jahrhunderts, in denen der Mensch als determiniert durch Vererbung und Milieu aufgefasst wurde, stand HENRY JAMES skeptisch gegenüber. Seine Werke konzentrieren sich darauf, die psychischen Reaktionen der Protagonisten darzustellen, während die sparsame Handlung in den Hintergrund rückt.
Seinen thematischen Schwerpunkt findet JAMES im Aufeinandertreffen der Alten und der Neuen Welt. Er stellt das kultivierte, aber auch in Konventionen erstarrte Europa einem eher materiell orientierten Amerika mit seinen provinziell-naiven Menschen gegenüber und entwickelt aus diesem Gegensatz komplexe Beziehungen und ethische Entscheidungen, mit denen seine Romanfiguren konfrontiert sind.
Eine der charakteristischen Figuren aus JAMES' Romanen ist die wohlhabende Amerikanerin Isabel Archer in Portrait of a Lady (1881), dem Werk, das JAMES frühzeitig bekannt machte. Wie viele andere seiner Charaktere trifft Archer in Europa auf andere Wertvorstellungen, die ihre Lebensgewohnheiten erschüttern.
Der Roman wurde 1996 von JANE CAMPION mit NICOLE KIDMAN und JOHN MALCOVITCH in den Hauptrollen verfilmt.
Die Struktur von JAMES' Romanen wird von einer innovativen und einflussreichen Erzähltechnik bestimmt, die den Leser das Geschehen aus dem Blickwinkel einer Person erleben lässt. So erfasst der Leser in The Ambassadors (1903) das Geschehen allein aus der Perspektive (dem point of view) der Hauptfigur, des Amerikaners Lambert Strether. Dessen Reise nach Europa konfrontiert ihn mit anderen Wert- und Lebensvorstellung. Durch den Einsatz des inneren Monologs und des stream of consciousness (Bewusstseinsstrom) wird die Perspektive Strethers psychologisch genau durchleuchtet, sodass die Realität allein im Ausschnitt des individuell Wahrgenommenen zum Vorschein kommt.
JAMES' subtile Situationsanalysen und feine Nuancierungen psychologischer Vorgänge beeinflussten die Entwicklung des modernen psychologischen Romans. Sie prägten insbesondere den englischen Schriftsteller JOSPEH CONRAD. Einflussreich waren auch JAMES' literaturtheoretische Analysen über den Roman des 19. Jahrhunderts, die sich häufig an seinen eigenen Werken orientierten. Zudem verfasste JAMES Dramen, die allerdings weniger erfolgreich waren, und Reiseberichte.
Die Liste der Verfilmungen, die auf Romanen von HENRY JAMES beruhen, ist lang. Genannt seien hier:
Romane
Roderick Hudson (1875)
Daisy Miller (1877)
The Europeans (1878)
The Bostonians (1886)
The Princess Casamassima (1886)
What Maisie Knew (1897)
The Awkward Age (1899)
The Wings of the Dove (1902)
The Golden Bowl (1904)
Drama
Guy Domville (1895)
Erzählungen
A Passionate Pilgrim and Other Tales (1875)
The Altar of the Dead (1895)
The Beast in the Jungle (1903)
The Bench of Desolation (1910)
Reiseberichte
Portraits of Places (1883)
A Little Tour in France (1884)
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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