Die Geschichte der Fotografie

Die Voraussetzungen

Im Bereich der Optik wurde das Prinzip der Camera Obscura bereits von ARISTOTELES (384–322 v.Chr.) erwähnt: In einen fensterlosen Raum fällt Licht durch ein kleines Loch; das gebündelte Licht erzeugt auf der gegenüberliegenden Wand ein auf dem Kopf stehendes, seitenverkehrtes Abbild der Außenwelt. Ebenso wie der arabische Gelehrte ALHAZEN im 10. Jahrhundert beschäftigte sich auch LEONARDO DA VINCI um 1500 mit dem technischen Prinzip der Camera Obscura, das bis heute allen Spiegelreflexkameras zugrunde liegt. Die wichtigste Entdeckung im Bereich der Chemie machte 1727 der deutsche Arzt JOHANN HEINRICH SCHULZE, als er herausfand, dass Chlorsilber unter Einwirkung von Licht geschwärzt wird.

Die Anfänge: Heliographie, Daguerreotypie und Kalotypie

1816 gelang es dem Franzosen JOSEPH NICÉPHORE NIEPCE (1765–1833) als erstem, ein Landschaftsmotiv auf Chlorsilberpapier in der Camera Obscura festzuhalten. Das Ergebnis war allerdings nicht lichtbeständig. Die erste von ihm erzeugte dauerhaft fixierte Aufnahme entstand ca. 1826. Dazu verwendete er als lichtempfindliche Schicht Asphalt, den er in Öl auflöste und dünn auf einer Zinn- oder Kupferplatte auftrug. Der belichtete Asphalt wurde hart, der unbelichtete mit einem Lösungsmittel entfernt. Die so erzeugten, über mehrere Stunden belichteten Platten nannte Niépce „Heliographien“ (helios = griech. Sonne, graphein = griech. zeichnen).

Das Funktionsprinzip der Camera Obscura

Das Funktionsprinzip der Camera Obscura

1829 tat sich NIEPCE mit LOUIS JACQUES MANDÉ DAGUERRE (1787–1851), einem Pariser Theatermaler und Besitzer eines Dioramas, zusammen. Gemeinsam arbeiteten sie an der Verwendung von lichtempfindlichen Silberiodidplatten zur Bilderzeugung. Die endgültige Vervollkommnung des neuen Verfahrens erlebte NIEPCE nicht mehr. Nach dessen Tod 1833 experimentierte DAGUERRE allein weiter; er suchte vor allem nach Möglichkeiten, die Belichtungszeit zu verkürzen. Dazu verwendete er Silberplatten bzw. versilberte Kupferplatten, die er durch Joddämpfe lichtempfindlich gemacht hatte. Durch Zufall entdeckte er, dass durch Belichtung einer solchen Platte ein latentes (nicht sichtbares) Bild entsteht, das mit Quecksilberdampf entwickelt und somit sichtbar gemacht werden konnte. Durch diese Entdeckung konnte er die Belichtungszeit auf vier Minuten verkürzen. 1839 meldete DAGUERRE sein neues Verfahren als Patent an, das unter dem Namen „Daguerreotypie“ in die Geschichte einging.

Zur gleichen Zeit wie die beiden Franzosen erforschte auch der Engländer WILLIAM HENRY FOX TALBOT (1800–1877) die Möglichkeit, dauerhafte fotografische Bilder in der Camera Obscura zu erzeugen. Anders als NIEPCE und DAGUERRE verwendete er als Bildträger jedoch keine Metallplatte, sondern Papier, das er mit Chlorsilber lichtempfindlich machte, dann in der Kamera belichtete, wodurch er ein latentes Negativ erhielt. Dieses wurde dann mit Hilfe von Gallussäure entwickelt und mit Natriumthiosulfat fixiert. Um einen Positivabzug herzustellen, wurde das Negativ mit Hilfe eines Kopierrahmens auf ein Blatt lichtempfindliches Papier gelegt, dem Sonnenlicht ausgesetzt und anschließend fixiert und gewaschen. Da das Ergebnis dieses unter dem Namen „Kalotypie“ bzw. „Talbotypie“ 1841 patentierten Verfahrens im Vergleich zur Daguerreotypie aber relativ unscharf war, erlangte es keine Popularität. Die Daguerreotypie blieb bis zur Jahrhundertmitte das vorherrschende Aufnahmeverfahren.

Nass- und Trockenplatte-Verfahren

Das Problem des Papier-Negativ-Positiv-Verfahrens bestand darin, dass die Maserung des Papiers deutlich sichtbar, also das Auflösungsvermögen der Bilder nicht besonders gut war. Abhilfe schuf das 1851 von FREDIRICK SCOTT ARCHER erfundene Verfahren der Herstellung von Negativen auf der Basis von Glasplatten erfand. ARCHER trug eine lichtempfindliche Schicht Kollodium (= in Äther aufgelöste Baumwolle) auf eine nasse Glasplatte auf, die dann, solange sie nass war, belichtet und sofort entwickelt werden musste. Nach der Entwicklung des Bildes ließ man die Schicht dann antrocknen, löste sie von der Platte ab, legte sie in ein Wasserbad und fixierte sie. Der Vorteil des Kollodiumverfahrens lag in der deutlichen Verbesserung der Bildqualität. Der Nachteil war, dass die Platten nass verwendet werden mussten, da sonst das Kollodium erhärtete und sich Silberkristalle bildeten, die die Platte unempfindlich machten. Dies bedeutete, dass der Fotograf immer eine komplette Dunkelkammer und alle entsprechenden Chemikalien mit sich führen musste.

Im Jahr 1871 gelang dem englischen Arzt RICHARD LEACH MADDOX die Entwicklung einer Trockenplatte mit einer Bromsilber-Gelatine-Schicht, deren Lichtempfindlichkeit der der Nassplatte gleichkam. Damit wurde das Nassplattenverfahren entgültig verdrängt. Der Fotograf konnte beliebig viele Trockenplatten herstellen und brauchte nicht mehr seine komplette Dunkelkammer mit sich zu führen. Die neue Technik führte zum Aufschwung der Reisefotografie.

Handkamera und Rollfilm: Fotografie für Jedermann

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Reihe von Entdeckungen, die die Entwicklung der Fotografie vorantrieben. Das Anliegen des Amerikaners GEORGE EASTMAN (1854–1932), eines jungen Bankangestellten, der sich sehr für die Fotografie interessierte, war es, das schwer handhabbare Plattenverfahren zu ersetzen. Er entwickelte einen Rollfilm, der aus mit Gelantine-Emulsion empfindlich gemachtem Papier bestand und in damals übliche Plattenkameras passte. Darüber hinaus gründete er die Firma Kodak und konstruierte 1888 die erste Rollfilmkamera. Sie kam ohne Stativ aus, war einfach zu handhaben und von geringem Gewicht. Die Kodak-Kamera enthielt einem Film mit 100 Aufnahmen, der nach Gebrauch zum Entwickeln an die Firma Kodak zurückgeschickt wurde. In der Folgezeit wurde das Rollfilmverfahren dadurch verbessert, dass der Papierrollfilm durch einen Zelluloidrollfilm ersetzt wurde. Letzteren entwickelten HANNIBAL W. GOODWIN (1822–1900) und GEORGE EASTMAN Ende der 1880er Jahre unabhängig voneinander. Die genannten Erfindungen revolutionierten die Fotografie. Das Zeitalter der Amateurfotografie hatte begonnen.

Entwicklung der Fotografie im 20. Jahrhundert

Im 20. Jahrhundert wurde die Entwicklung der Fotografie durch weitere bedeutende Erfindungen vorangetrieben: Bedingt durch die Verbesserung der Empfindlichkeit des Filmmaterials wurden die Aufnahmeformate immer kleiner. 1923 entstand die erste Kleinbildkamera mit dem Namen „Leica“. Sie war noch kleiner und handlicher als die bisherigen Kameras und verfügte zudem über einen Sucher. Ein weiterer Meilenstein der Fotogeschichte war die Entwicklung der Farbfotografie. Zwei Firmen lieferten die entscheidende Entwicklungsarbeit: Die Firma Kodak brachte 1935 den „Kodachrome-Umkehrfarbfilm“ auf den Markt, der deutsche Konzern Agfa 1936 den „Agfacolor-Mehrschichtenfilm“. Anfang der 1940er Jahre gab es die ersten farbigen Negativ-Positiv-Filme. Die Farbfotografie wurde hauptsächlich von professionellen Fotografen genutzt – und es dauerte noch gut 20 Jahre, bis sie sich auch im Amateurbereich durchsetzte. Weitere bedeutende Erfindungen Mitte des 20. Jahrhunderts waren die Präsentation der ersten zweiäugigen Rollfilm-Spiegelreflexkamera (Rolleiflex, 1928) und des ersten Zoomobjektives (1959) sowie die Entwicklung des Polaroid-Schwarzweißverfahrens (1947) und des Polaroid-Farbverfahrens (1963).

Die Fotografie hat sich seit Einführung der ersten Kodak-Kameras in den Grundzügen kaum verändert. Auch heute noch sind die chemischen Verfahren die gleichen geblieben. Doch seit den 1960er Jahren gewinnt die Elektronik immer größere Bedeutung. 1963 wird die erste Kamera mit automatischer Schärfeeinstellung (Autofokus) entwickelt, 1991 entsteht die erste Digitalkamera, 1995 kommen die ersten digitalen Amateurkameras auf den Markt. Dank sinkender Preise für Digitalkameras und stetiger Verbesserung der digitalen Bildqualität setzt sich die Digitalfotografie sowohl im Profi- als auch im Amateurbereich durch und ersetzt in vielen Fällen die analoge Fotografie. Diese hat jedoch nach wie vor eine große Anhängerschaft und wird sich auch im Digitalzeitalter behaupten können.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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