Das Ausbildungssystem in Großbritannien

Geschichte des britische Bildungssystems

Bis zur englischen Reformation lag die Bildung weitgehend in kirchlicher Hand. Danach ergaben sich zwei einschneidende Veränderungen:

  1. Die Bildung von Mädchen und Kindern aus ärmeren Schichten, die bis dahin hauptsächlich auf kostenfreien Unterricht vom Klerus angewiesen waren, nahm ab.
  2. Nach der Restauration der Monarchie fand im Bildungswesen eine Diskriminierung der Nicht-Anglikaner statt

Die englische Reformation resultierte aus der Loslösung HEINRICHS VIII. von der katholischen Kirche, die ihm die Scheidung von KATHARINA VON ARAGON verwehrt hatte. Durch die Gründung der anglikanischen Kirche erwirkte der englische König 1533 die Trennung von seiner Frau. Ernste Konsequenzen hatte die Reformation allerdings auch für die Schulbildung. Die Nonkonformisten, d. h. alle nicht der anglikanischen Kirche angehörenden Gläubigen, durften von nun an weder Universitäten besuchen, noch einen Lehrberuf bzw. ein öffentliches Amt ausüben oder sich in der Politik betätigen. Die renommierten Universitäten Oxford und Cambridge führten einen religious test ein, der die Zugehörigkeit zur anglikanischen Kirche zur Aufnahmebedingung machte. Dieser Test blieb bis 1871 bestehen.

Die unter dem Stichwort der religious difficulty bekannte Diskriminierung zwang die Nonkonformisten, die Bildung ihrer Kinder selbst zu organisieren. Hierzu gründeten sie so genannte Dissenting Academies, die sich vor allem auf die weltlichen Fächer, insbesondere Mathematik und Naturwissenschaften, spezialisierten. Erst im Jahr 1779 wurden sie als rechtmäßige Bildungseinrichtung anerkannt.

Sozialreformer im Bildungswesen

Bis weit ins 19. Jahrhundert bestand keine Schulpflicht für englische Kinder. Vielen blieb eine regelmäßige Teilnahme am Unterricht versagt, weil sie z. B. in Bergwerken und Fabriken zum Unterhalt der Familie beitragen mussten. Üblich war allein der Besuch der Sonntagsschule, wo überwiegend religiöse Inhalte vermittelt wurden.
Zu den ersten, die für einen allgemeine und kindgerechte Schulbildung eintraten, gehörte der Sozialreformer ROBERT OWEN (1771–1858). Er forderte die Einrichtung eines breit gefächerten, anschauungsbezogenen Unterrichts.
Ein weiterer Reformer des englischen Schulsystems war EDWARD THRING (1821–1887), der den Bau von Turnhallen und Werkstätten vorantrieb, den Musikunterricht einrichtete und eine Reform des Lehrplans initiierte. Außerdem engagierte er sich für eine deutliche Verkleinerung der Schulklassen, in denen seinerzeit bis zu 200 Kinder unterrichtet wurden.

Einführung der Schulpflicht

Die Einführung der Schulpflicht in Großbritannien ging schrittweise voran:

  • 1880 wurde mit dem Mundella's Act die Schulpflicht bis zum Alter von 10 Jahren eingeführt.
  • Die Verlängerung der Schulpflicht bis zum Alter von 14 Jahren erfolgte erst 1918 durch den Fisher's Act.
  • Die 1944 durchgeführten Reformen leiteten den Aufbau des heutigen britischen Ausbildungssystems ein. Einrichtung und Verwaltung aller staatlichen Bildungseinrichtungen obliegen den L.E.A.s (Local Education Authorities). Sie unterstehen dem Ministry of Education, das seit 1965 als Board of Education bezeichnet wird.
  • Unter der Labour Regierung wurden 1966 die mit den deutschen Gesamtschulen vergleichbaren Comprehensive Schools eingeführt.

Das duale Schulsystem – State Schools und Public Schools

In Großbritannien existiert ein duales Schulsystem, in dem staatliche (state schools) und private Schulen (public schools) gleichberechtigt nebeneinander bestehen.
94% der britischen Schüler besuchen staatliche Schulen. Die Schullaufbahn innerhalb des staatlichen Systems unterteilt sich in Primary und Secondary Education:

  • Primary Education für die 5 –11-Jährigen
  • Secondary Education für die Altersgruppe der 11 –16 bzw.18-Jährigen

Dem Kindergarten entsprechen Nursery Schools, an deren Stelle häufig private Spielgruppen treten.

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Das Tripartite System

In den 1966 eingeführten Comprehensive Schools werden Schüler aller Leistungsstufen entsprechend ihrer fachspezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten in Gruppen unterrichtet. Wie die deutschen Gesamtschulen sind auch die Comprehensive Schools umstritten.
Etwa fünf Prozent der an öffentlichen Schulen ausgebildeten Schüler besuchen nach dem 11. Lebensjahr nicht die Comprehensive Schools, sondern wechseln auf staatliche Schulen, die einen Eignungstest vorraussetzen:

  1. Grammar Schools entsprechen den deutschen Gymnasien.
  2. Secondary Modern Schools haben geringere akademische Ansprüche und sind mit deutschen Hauptschulen vergleichbar.
  3. Technical Schools sind der kleinste Zweig im Tripartite System und werden von nur 0,1% aller Schüler besucht. In ihnen bestimmt der Erwerb praktischer und technischer Fertigkeiten den Lehrplan.

Die Privatschulen

Das private Schulsystem setzt ein mit den Pre-preparatory Schools für die 5 bis 8-Jährigen, an die sich die Preparatory Schools für die 8 –11 bzw. 13-Jährigen anschließen. Nach dem Abschluß der Preparatory Schools wechseln die Schüler entweder mit 11 Jahren an eine Independent Secondary School oder werden mit 13 Jahren in eine Public School eingeschult.

Den besten Ruf genießen die Public Schools. Die bekanntesten von ihnen sind Eton, wo auch Prince EDWARD und Prince WILLIAM zur Schule gingen, und das Radley College in der Nähe von Oxford.
Mit dem Besuch einer Public School steigen die Berufs- und Karrierechancen, da diese Institutionen besser ausgerüstet sind und über hoch qualifizierte Lehrkräfte verfügen. Doch wegen der anfallenden Schulgebühren, die durchschnittlich 9.000 £ (etwa 13.500 €) pro Schuljahr betragen, ist der Zugang nicht zuletzt von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängig. So droht das duale Ausbildungssystem, die gesellschaftliche Kluft zwischen arm und reich zu vertiefen.

Prüfungen und Abschlüsse

Als wichtigste Prüfung in der englischen Schullaufbahn gilt das GCSE-Examen (General Certificate for Secondary Education). Bei diesem, mit der Mittleren Reife vergleichbaren Abschluss werden die Schüler am Ende der 5-jährigen Secondary Education in den einzelnen Fächern geprüft. Die A-Levels (Advanced Levels) entsprechen dem Abitur, wobei der Schüler nur in den drei Fächern examiniert wird, auf die er sich spezialisiert hat. Die gängigen Kombinationen der drei A-Level Fächer sind:

  • Englisch und zwei weitere Sprachen bzw. sozialwissenschaftliche Fächer,
  • Mathematik und zwei Naturwissenschaften.

Durch die Wahl der Unterrichtsschwerpunkte werden die britischen Schüler schon vor dem Abitur angehalten, sich auf bestimmte Fachgebiete zu konzentrieren.

Die Universitäten

Im Gegensatz zu den deutschen Universitäten wählen die britischen Universitäten ihre Studenten selbst aus. Das wichtigste Kriterium stellen die Schulnoten dar. Sie reichen von der Bestnote A bis zur Note E. Die meisten Universitäten erwarten von ihren Studienplatzbewerbern mindestens einen Abschluss mit der Note B oder C. Neben dem Schulabschluss kommen bei der Auswahl der Kadidaten aber auch außerschulische Aktivitäten und soziales Engagement zum Tragen.
Für das Bewerbungsverfahren ist eine Zentralstelle, die UCAS, zuständig. Sie erstellt auch die jährlichen Rankings (= Bestenlisten) der Universitäten, die auf der Überprüfung der Studienbedingungen und akademischen Leistungen der einzelnen Fachbereiche basieren.
Die britischen Studenten erwerben normalerweise nach drei bis vier Jahren mit dem BA (Bachelor of Arts) oder dem BSc (Bachelor of Science) ihren ersten akademischen Grad. Nach ein bis zwei weiteren Jahren schließen sie ihre Postgraduate Studies mit dem Master's Degree ab.

Ein anderes Konzept verfolgen die so genannten Open Universities, die allen Interessierten offenstehen. In Abendkursen und durch Fernstudien können Studierende dort ihr Wissen vertiefen und akademische Titel erlangen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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