wendete/wandte

Das Verb wenden (ebenso wie das Verb verwenden) kann man in der deutschen Sprache auf zweierlei Weise konjugieren:

a)
er wendet, sie wendete, wir haben gewendet –
er verwendet, sie verwendete, wir haben verwendet
b)
er wendet, sie wandte, wir haben gewandt –
er verwendet, sie verwandte, wir haben / sind verwandt,

Je nachdem, ob ich das Verb transitiv oder reflexiv einsetze, verändert sich seine Bedeutung:
transitive Form von wenden (etwas wenden: ein Auto wenden, die Gans im Ofen wenden)
reflexive  Form von wenden (sich wenden: Er wandte sich zum Ausgang.).

Im Duden – Deutsches Universalwörterbuch findet sich unter dem Stichwort wenden folgender Eintrag:

wen|den [mhd. wenden, ahd. wenten, Kausativ zu winden u. eigtl.= winden machen]:
1.
a) auf die andere Seite drehen, herumdrehen, umwenden: den Braten, die Gans im Ofen, das Omelett in der Pfanne w.; das Heu muss gewendet werden; den Mantel w. (die bisher innere Seite nach außen nehmen); die Buchseite w.; bitte w.! (Aufforderung am Schluss einer beschriebenen od. bedruckten Seite, sie umzudrehen; Abk.: b.w.!);
b) (Kochk.) wälzen (2 b): die Schnitzel zunächst in Eiweiß, dann in Paniermehl w.
2.
a) in die entgegengesetzte Richtung bringen: das Auto w.;
b) drehen u. die entgegengesetzte Richtung einschlagen; die Richtung um 180º ändern: das Auto wendet; hier kann ich nicht w.; der Schwimmer hat gewendet.
3.
a) in eine andere Richtung drehen: den Kopf, sich [zur Seite] w.; keinen Blick von jmdm. w.; sie wandte ihre Blicke hin und her, hierhin und dorthin; er wandte sich, seine Schritte nach links, zum Ausgang; Ü er konnte das Unheil von uns w. (abwenden); sich in sein, ins Gegenteil, zum Guten w.;
b) sich (zu etw.) anschicken: sich zum Gehen, zur Flucht w.
4.
a) eine Frage, Bitte an jmdn. richten: sich vertrauensvoll, Hilfe suchend an jmdn. w.; ich habe mich schriftlich dorthin gewandt; Ü das Buch wendet sich nur an die Fachleute;
b) jmdm., einer Sache entgegentreten: er wendet sich [mit seinem Artikel] gegen die Vorwürfe der Opposition.
5. (für jmdn., etw.) aufwenden, benötigen, verbrauchen: viel Kraft, Sorgfalt, Geld, Arbeit auf etw. w.; er hat all seine Ersparnisse an seine Kinder, an ihre Ausbildung gewandt.
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001

verwendet/verwandt
Im Gegensatz zu wenden kennt der DUDEN eine bedeutungsrelevante Unterscheidung von verwendet und verwandt nicht. Allerdings gibt es Ableitungen von verwenden, wie

verwendbar/Verwendbarkeit,Verwendung bzw.
verwandt/Verwandtschaft,

die sich auf der Bedeutungsebene stark voneinander unterscheiden. Um den Verwandtschaftsgrad anzuzeigen, benutzt man allerdings nie wir sind (miteinander) verwendet, sondern wir sind (miteinander) verwandt.

Im Duden – Deutsches Universalwörterbuch findet man zum Stichwort folgenden Eintrag:
ver|wandt [spätmhd. verwant = zugewandt, zugehörig, verwandt, eigtl. 2. Part. von: verwenden = hinwenden]
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001

Das Stichwort verwenden wird hingegen so erklärt:
ver|wen|den [mhd. verwenden = abwenden, umwenden]: 1.
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001

Wenn also zwei im Mittelhochdeutschen völlig unterschiedliche Wörter aus zwei völlig unterschiedlichen Wortklassen zu zwei im Neuhochdeutschen ebenso unterschiedlichen Wörtern führen, warum sollte dann eine Verwandtschaft dieser Wörter vorhanden sein?

Ver|wandt|schaft, die; -, -en:
1. das Verwandtsein.
2. Gesamtheit der Verwandten, Angehörigen, die jmd. hat: eine große V. haben; die, seine ganze V. war gekommen; die [ganze] V. einladen; zur V. gehören; * die bucklige V. (ugs.; die als lästig empfundene Verwandtschaft).
(© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001)

Der Unterschied zwischen den Sätzen Ich bin verwandt und Ich bin grün ist ebenso groß wie der zwischen Ich verwende und Ich grüne. Unseren namhaften alten Schriftstellern war dieser Unterschied sehr wohl bewusst, und es fiel ihnen nicht im Traum ein, statt verwendet verwandt zu schreiben:

Richard und Armgard sind Vettern. Wortspiel mit arm und reich, um zu sagen, dass Armut und Reichtum verwandt sind, dass der Arme reich und der Reiche arm werden kann.
(Karl Friedrich Wilhelm Wander [Hrsg.]: Deutsches Sprichwörter-Lexikon)

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Wilhelm Busch: Vertraut

Wie liegt die Welt so frisch und tauig
Vor mir im Morgensonnenschein.
Entzückt vom hohen Hügel schau ich
Ins frühlingsgrüne Tal hinein.

Mit allen Kreaturen bin ich
In schönster Seelenharmonie.
Wir sind verwandt, ich fühl es innig,
Und eben darum lieb ich sie.

Und wird auch mal der Himmel grauer;
Wer voll Vertraun die Welt besieht,
Den freut es, wenn ein Regenschauer
Mit Sturm und Blitz vorüberzieht.

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Alle angebotenen Kräfte wurden verwendet und es hatte sich die Mehrzahl der Kolonisten zur Arbeit gedrängt.
(Jules  Verne: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« )

Die Hauptprobe war vorbei; sie hatte übermäßig lange gedauert. Serlo und Wilhelm fanden noch manches zu besorgen; denn ungeachtet der vielen Zeit, die man zur Vorbereitung verwendet hatte, waren doch sehr notwendige Anstalten bis auf den letzten Augenblick verschoben worden.
(Johann Wolfgang Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre)

Wenn man also ein sich von der willenlosen Masse abgehobenes Deutsch bemühen möchte, sollte man auch das Wort verwandt so verwenden, wie es der Duden – Das Universalwörterbuch vorschlägt: ver|wandt , also als Adjektiv, und als nichts sonst. Verwandt kann man nur sein (oder gewesen sein), aber etwas kann verwendet werden.

Eines Tages werde ich mit meinen Enkeln verwandt sein, aber ich werde mit ihnen wohl niemals verwandt werden. Und für verwenden sollten wir die Stammformen verwendete, verwendet nutzen, dann ist auch dem nicht deutschsprechenden Gegenüber alles viel klarer.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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