Stoff

Wenn der Autor einen literarischen Text verfasst, gestaltet er darin einen Stoff, den er als quasi unbearbeitetes Rohmaterial

  • in der Wirklichkeit vorgefunden hat (z. B. einen Kriminalfall bzw. eine historische Überlieferung),
  • der vielleicht schon literarisch gestaltet wurde (z. B. der Fauststoff) oder
  • den er erfunden hat.

Literarische Stoffe sind also Grundbausteine der Literatur.

Stoff ist nach dem SCHÜLERDUDEN Literatur „die aus dem formgeprägten Text herauslösbare Handlung“ (SCHÜLERDUDEN Literatur, Mannheim 2000, S.345). Form wird in diesem Zusammenhang verstanden als „äußere Erscheinung eines sprachlichen Kunstwerkes“ (ebda, S. 122).

Allerdings ist diese Definition nicht ganz unproblematisch, sie versteht Stoff als „Zusammenfassung“ eines Theaterstückes bzw. von Prosa. Nähert man sich jedoch dem konkreten Stoff, wird das Problem sichtbar: Der Faust-Stoff z.B. ist in seiner Geschichte mehrfach bearbeitet worden, bevor JOHANN WOLFGANG VON GOETHE sein Drama (PDF 1) schuf.

Auch nach GOETHE bearbeiteten viele Autoren diesen Stoff, sodass dessen Tradierung (Überlieferung) eine bloße Zusammenfassung des einen Stückes von GOETHE unmöglich macht, da die anderen Bearbeitungen unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. PDF 2, PDF 3, PDF 4). Beim Faust-Stoff geht es vielmehr also um

  • die Faust-Figur (Fausts Leben, Taten und Tod ) und

  • seine Triebkräfte (dies wäre im Fall des goetheschen Faust: „Dass ich erkenne, was die Welt / im Innersten zusammenhält.“ Faust I, V. 382/383),

  • den Pakt zwischen Faust und dem Teufel sowie

  • die Auflösung dieses Paktes.

Der Faust-Stoff muss sich rekrutieren aus dem Gemeinsamen aller Bearbeitungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Faust ein Wissenschaftler oder ein Scharlatan ist. Er schließt auf irgendeine Weise einen Pa kt mit dem Teufel ab, um daraus für sich einen Vorteil zu ziehen. Dieser Vorteil kann der oben erwähnte Wissenserwerb sein. GOETHEs Faust gelangt trotzdem in den Himmel („Wer immer strebend sich bemüht, / Den können wir erlösen.“). Aber Faust könnte genauso gut danach streben, so perfekt musizieren bzw. komponieren zu können, dass er für diese Kunst absolute Bewunderung und frenetischen Beifall erfährt. THOMAS MANNs Roman „Doktor Faustus“ beschreibt „Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn“, der sich dem Teufel verschreibt, damit dieser ihm für 24 Jahre Genialität verleiht. Leverkühns Seele gehört dem Teufel, allein sein Körper bleibt nach Ablauf der frist zurück, so ist der Held lebendig tot.
In „Mephisto – Roman einer Karriere“ schildert KLAUS MANN das Schicksal des Schauspielers Hendrik Höfgen, der um seiner Karriere willen mit den Nationalsozialisten paktiert. Schon deshalb muss Höfgen scheitern, da seine Seele nicht mehr ihm gehört.

Der russische Schriftsteller MICHAIL BULGAKOW lässt in „Der Meister und Margarita“ den Teufel im Moskau der 1920er-Jahre erscheinen. Ihn begleitet der Kater Behemoth. Damit Margarita ihren „Meister“, einen ehemaligen Schriftsteller, der nun Insasse in einer psychiatrischen Klinik ist, noch einmal sehen kann, schließt sie mit Voland (so der Name des Teufels) einen Pakt. Am Ende sterben Meister und Margarita, aber ihre Seelen werden nicht vom Teufel geholt, sondern der Meister gelangt mit seiner Gefährtin in den Himmel.

Die Anlage der Faust-Figuren, ihr erzähltes Schicksal und ihr Ende ist in allen Bearbeitungen völlig anders. Es eint sie der Faust-Stoff:
Innovativ wird ein literarisches Werk also erst dann, wenn es den Stoff auf originäre Weise ausleuchtet und darstellt.

Geschehen

Die Ereignisse, die sich wie eine Kette aneinander reihen oder auseinander ergeben, bilden das Geschehen. Der Autor stellt sie in einen sinnvollen Zusammenhang und fügt sie zu einer logisch verknüpften Geschichte mit Anfang und Ende.

Handlung

Die Aufeinanderfolge des Gesamtgeschehens wird auch als Handlung bezeichnet. Man unterscheidet

  • Haupthandlung und
  • Nebenhandlungen.

In der Haupthandlung entfalten sich die wesentlichen Geschehnisse und Konflikte, während die Nebenhandlungen vor allem zu deren Unterstreichung und Ausschmückung dienen.

Manche epische Texte, wie THEODOR STORMs Novelle „ Der Schimmelreiter“ (PDF 6) oder JEREMIAS GOTTHELFs „Die schwarze Spinne“ (PDF 7) , verfügen über

  • Rahmenhandlung und
  • Binnenhandlung.

Hier entwickelt der Erzähler seine Geschichte bis zu dem Punkt, an dem ein zurückliegendes Geschehen mitgeteilt werden muss. Meist tritt dann eine Handlungsfigur hervor, übernimmt die Erzählerrolle und berichtet aus ihrer Kenntnis das Geschehene, das sich mitunter über viele Seiten hinweg wie eine eigene Geschichte liest.

Eine Handlung weist auch das lyrische Genre der Ballade auf. Sie wird deshalb auch als Mischform zwischen Dramatik, Epik und Lyrik bezeichnet.

Fabel

Als Fabel bezeichnet man die Grundstruktur der Geschichte, die die wesentlichen Handlungsabläufe zusammenfasst und gewissermaßen die Inhaltsangabe darstellt.

Die Fabel ist von der kleinen epischen Form der gleichnishaften Tiererzählung zu unterscheiden.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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