Ludwig Uhlands romantische Poetologie

LUDWIG UHLAND (1787–1862, Bild 1) war der bekannteste Vertreter der schwäbischen Dichterschule, zu der außerdem GUSTAV SCHWAB, JUSTINUS KERNER, KARL MAYER, GUSTAV PFIZER, EDUARD MÖRIKE, WILHELM HAUFF u. a. gehörten.

HeidelbergTübingenSeracher Schlösschen (Esslingen):
CLEMENS BRENTANO
ACHIM VON ARNIM
JOSEPH VON EICHENDORFF
FRIEDRICH HÖLDERLIN
EDUARD MÖRIKE
WILHELM WAIBLINGER
LUDWIG UHLAND

GRAF ALEXANDER VON WÜRTTEMBERG NIKOLAUS LENAU JUSTINUS KERNER
WILHELM SCHWAB

UHLANDs Gedichte und Balladen waren lange Zeit Bestandteil des Kanons der Schullektüre. Heute verbindet man nur wenige seiner Werke mit seinem Namen, so sein zum Volkslied gewordenes Einkehr („Bei einem Wirte wundermild ...“, PDF 1). Auch andere Gedichte und Balladen wurden durch die Zeiten hindurch bewahrt, wie Frühlingsglaube („Die linden Lüfte sind erwacht...“). Viele davon sind vertont worden, so von

  • FRANZ LISZT,
  • JOHANNES BRAHMS,
  • EDVARD GRIEG,
  • RICHARD STRAUSS,
  • FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDY und
  • FELIX WEINGARTNER.

FRIEDRICH SILCHERs Melodie zu „Der gute Kamerad“ („Ich hatt' einen Kameraden...“; 1809, PDF 1) wurde und wird bei militärischen Trauerappellen gespielt. Das Gedicht entstand während der napoleonischen Fremdherrschaft.
Während des Spanischen Bürgerkrieges 1938 schuf ERNST BUSCH zur populären Musik einen neuen Text: „Hans Beimler, Kamerad“.
Sein Schlachtengesang „Schwäbische Kunde“ („Als Kaiser Rotbart lobesam...“, PDF 1) wurde seit Mitte des 19. Jahrhunderts von Generationen von Schülern auswendig gelernt. Hier gelingt ihm auch eine Umdeutung des „Schwabenstreichs“, so nannte man unüberlegte, törichte Handlungen (Die Bezeichnung geht wohl auf die „Geschichte von den sieben Schwaben“ zurück.) 

Der UHLANDsche Patriotismus wurde oft missverstanden und einseitig ausgelegt. Schon HEINE lästerte: „Ach, die schwäbische Schule macht mir soviel Kummer!“ (HEINE in: Der Schwabenspiegel). In der Zeit des Nationalsozialimsus wurde UHLAND als Patriot gefeiert. In der DDR schafften es gerade „Bei einem Wirte wundermild ...“ (PDF 1) und einige andere harmlose Gedichte in den Schulkanon.
UHLAND war beileibe kein nationalistischer Dichter. Der 1829 auf eine Professur für deutsche Sprache und Literatur der Universität seiner Heimatstadt Tübingen Berufene begab sich früh ins Feld der Politik. Er war seit 1819 liberaler Abgeordneter im Württembergischen Landtag, gab 1833 deshalb sogar seine Professur zurück, saß 1848 als liberaler Abgeordneter in der Nationalversammlung (Paulskirche). In dieser Zeit entstanden einige politische Reden und Schriften:

  • Keine Adelskammer! (Flugblatt, 1817)
  • Über die Wahl des Reichsoberhauptes (o. J.)
  • Rede gegen das Erbkaisertum (1849)
  • Die Deutsche Nationalversammlung an das deutsche Volk (1849)
  • Das Standrecht in Baden (1849)

In der Nationalversammlung sprach er sich für „die Wahl des Reichsoberhauptes“„durch Wahl, nicht durch Erbgang“ aus, favorisierte eine „großdeutsche Lösung“ unter Einschluss Österreichs („Eine wahre Einigung muß alle deutschen Ländergebiete zusammenfassen“). 1849 trat er für die von der Erschießung bedrohten badischen Revolutionäre ein (u. a. in „Das Standrecht in Baden“, 1849). Er stellte die dringende Frage: „Ist es denn auch jemals erhört worden, daß eine Regierung den Stab des Blutgerichts über ihre eigenen Angehörigen freiwillig in die Hände einer fremden Militärgewalt übergeben hat?“ (Brief an KARL JOSEPH ANTON MITTERMAIER, 1849). Aus Protest gegen die preußische Politik gab er den preußischen Orden „Pour le mérite“ zurück, der ihm von ALEXANDER VON HUMBOLDT angetragen worden war. Ein Gleiches geschah mit dem bayrischen Maximiliansorden.
Es war wohl auch pure Enttäuschung, als er sich nach 1950 in Tübingen als Privatgelehrter zurückzog.

audio

Lyrik/Dichtungstheorie
Bereits als Student ließ er erste seiner volksliedhaften Gedichte veröffentlichen. Im „Poetischen Almanach für 1812“ erschien u.a. „Der gute Kamerad“ (PDF 1).
Wie groß seine Popularität war, zeigt dies: Seine 1815 veröffentlichten „Gedichte“ erreichten bis zu seinem Lebensende 60 Auflagen.

Als Reaktion auf die Befreiungskriege entstanden die „Vaterländischen Gedichte“ (1816), in denen er sein Ideal formulierte:

„Die Schlacht der Völker ward geschlagen,
Der Fremde wich von deutscher Flur,
Doch die befreiten Lande tragen
Noch manches vor'gen Dranges Spur;
Und wie man aus versunknen Städten
Erhabne Götterbilder gräbt,
So ist manch heilig Recht zu retten,
Das unter wüsten Trümmern lebt.

Zu retten gilt's und aufzubauen,
Doch das Gedeihen bleibet fern,
Wo Liebe fehlet und Vertrauen
Und Eintracht zwischen Volk und Herrn.
Der Deutsche ehrt' in allen Zeiten
Der Fürsten heiligen Beruf,
Doch liebt er frei einherzuschreiten
Und aufrecht, wie ihn Gott erschuf...“
(Auszug)

(Uhland, Ludwig: „Am 18. Oktober 1815“. In: ders.: Werke. Band 1, München 1980, S. 63-64)

UHLAND über die Poesie

UHLANDs Beschäftigung mit der Dichtungstheorie geschah sowohl in Form von Essays als auch in Form von Lyrik:

Fragmente über Poesie
So fest, so innig schlingt sich die Poesie um uns,
wir fühlen ihr klopfendes Herz an unsrem Busen,
heiß atmet sie uns an; und doch: was ist sie? Die
meisten fühlen sie, ohne sie zu schauen, wie
Psyche den nächtlichen Amor.

O daß erschiene die Zeit, da zwischen den zwei sonnigen
Bergen der alten und neuen teutschen Poesie, zwischen
denen das Zeitalter der Unpoesie als eine tiefe Kluft
hinabdämmert, eine befreundete Brücke geschlagen und
darauf ein frohes Hin- und Herwandeln lebendig würde.

                                                                    (1807)    

UHLANDs Essay „Über das Romantische“ (1807, PDF 2) umkreist den Begriff unter den Stichpunkten:

  • das Geheimnis der Gottheit und der Welt
  • das Unendliche
  • Mittelalter
  • Religion

Sein Artikel „Das Wesen der Poesie“ (1807, PDF 3) stellt drei Schwerpunkte in den Mittelpunkt:

  • Gefühl und Fantasie
  • Individualität
  • Idealisierung der Wirklichkeit durch den Dichter

In „Über objektive und subjektive Dichtung“ (1806, PDF 4) weist UHLAND dem Dichter seinen Platz zu:

  • Das poetische Leben in Tat und Wort = objektive Poesie
  • Dichtergeist = subjektive Poesie.

Ein Dichter, der in Harmonie lebt, wird wenig tiefsinnig dichten können. Dagegen lebt er die Poesie. Erst in der Trübnis, in der Trauer, in der Schwermut ist er in der Lage, aus „Erinnerung, Hoffnung, Sehnsucht“ heraus „subjektive Poesie“ zu erschaffen.

Über die Aufgabe einer Gesellschaft für deutsche Sprache
In „Über die Aufgabe einer Gesellschaft für deutsche Sprache“ (1817, PDF 5) denkt er über die Aufgaben der zu gründenden „Berlinische Gesellschaft für deutsche Sprache“ nach. Wissenschaft müsse ein dreifaches Ergebnis haben:

  • ein Wörterbuch,
  • eine Sprachlehre und
  • eine Geschichte der deutschen Sprache.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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