Möglichst viele Informationen über die Personen sind nötig, um den Handlungsverlauf für den Zuschauer nachvollziehbar zu machen. Werden diese Informationen vom Autor selbst gegeben, spricht man von auktorialer Charakterisierung. Sie kann durch Nebentext geschehen, wie in GERHART HAUPTMANNs „Biberpelz“ (1893):
„Krüger ist ein kleiner, etwas schwerhöriger, fast siebzigjähriger Mann. Er geht schon etwas gebückt, mit der linken Schulter ein wenig geneigt, ist aber im übrigen noch sehr rüstig [...] “
Figuren können sich aber auch selbst charakterisieren oder durch andere Figuren, also figural charakterisiert werden. In SHAKESPEAREs Drama „König Richard III.“ (1592, PDF 1) wird die Charakterisierung der Hauptfigur als Ausbund der Hässlichkeit, mit festen Vorsätzen, ein Bösewicht zu werden, schon im Eingangsmonolog deutlich:
„Entstellt, verwahrlost, vor der Zeit gesandt in diese Welt des Atmens, halb kaum fertig Gemacht, und zwar so lahm und ungeziemend, Dass Hunde bellen, hink´ ich wo vorbei.“
(Die PDF 1 folgt der Ausgabe: William Shakespeare: Richard III. Übersetzt von August Wilhelm Schlegel, Philipp Reclam jun. Stuttgart, 1971)
Eine weitere Möglichkeit der Unterteilung verschiedener Charakterisierungstechniken ergibt sich bei der Beantwortung der Frage, ob
Im Drama treten die einzelnen Charakterisierungstechniken selten in reiner Form auf. Die Kombination einzelner Techniken ermöglicht die Darstellung vielschichtiger dramatischer Konflikte aus unterschiedlichen Perspektiven.
Gerade diese Spiegelung des Charakters einer Figur durch andere Figuren führt dem Zuschauer die Komplexität der Handlungssituation vor Augen. Das Verhalten einer Figur in Entscheidungssituationen stellt sich als besonders aufschlussreich dar. Schwankt GOETHEs Gretchen im „Faust“ (PDF 2) zwischen Bedenken und Hingabe, so entscheidet sie sich im Moment, da Faust ihr den Schlaftrunk reicht, für ihre Liebe:
Seh´ ich dich, bester Mann, nur an, Weiß nicht, was mich nach deinem Willen treibt; Ich habe schon so viel für dich getan, Dass mir zu tun fast nichts mehr übrig bleibt.
(Die PDF 2 folgt der Ausgabe: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 3, Hamburg 1948 ff, S. 20–146)
Dramen konzentrieren sich in der Regel auf einen zentralen Punkt der Auseinandersetzung. Deshalb sind die Motive , sich „richtig“ oder „falsch“ zu entscheiden, von besonderem Interesse beim Erfassen einer Dramenfigur. Nicht nur die vordergründigen Handlungsanlässe sind hierbei in Betracht zu ziehen, sondern vor allem die Hintergründe und die oft im Verborgenen bleibenden Zusammenhänge.
Um die Besonderheiten einer literarischen Figur herauszuarbeiten, sollte man folgende Fragen zu beantworten versuchen:
Charaktereigenschaften könnte für einen dramatischen Text folgendermaßen gestaltet werden:
1. Einleitung
Die Einleitung enthält bündige Informationen über den Autor und den Titel des Theaterstückes, sowie Angaben zur Textart. Weiterhin sollte der Inhalt kurz zusammengefasst werden, sodass auch die Bedeutung der Figur innerhalb des Dramas erkennbar wird.
2. Hauptteil
Im Hauptteil geht es um die Themenfrage, bei der die beobachteten Merkmale sorgfältig erfasst und aufgelistet werden, um ein ganzheitliches Bild der analysierten Figur entstehen zu lassen.
2.1 | Die äußere Erscheinung der Figur (über Anweisungen der Regie zu erarbeiten) |
2.1.1 | Alter und Geschlecht |
2.1.2 | Körperbau |
2.1.3 | Kleidung |
2.2 | Die soziale Lage der Figur |
2.2.1 | … |
2.2.2 | … |
2.3 | Die psychische Verfassung der Figur |
2.3.1 | … |
2.3.2 | … |
2.4 | Das Verhalten und Handeln der Figur |
2.4.1 | Sprachliche Fähigkeiten |
2.4.2 | Verhalten in Bezug auf Mimik und Gestik (ebenfalls über Regieanweisungen zu erhalten) |
3. Schluss
Zum Schluss der Einzelcharakteristik wird ein zusammenfassendes, abschließendes Werturteil über die charakterlichen Eigenschaften der Figur formuliert.
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