Der Erzähler dient dem Autor als Vermittlungsinstanz zwischen erzählter Geschichte und Leser. Um den Blick des Lesers auf den erzählten Text zu lenken, benutzt der Autor eine bestimmte Sichtweise, die wechseln kann. Diese Erzählperspektive ist eine Erzähltechnik, die den Blick auf das räumliche Verhältnis zu Figuren und Vorgängen im Text richtet.
Je nachdem, ob der Autor Subjektivität oder Objektivität beim Erzählvorgang erreichen will, entscheidet er sich für eine bestimmte Erzählperspektive. Beispielsweise kann man aus der Perspektive der Hauptfigur erzählen. Hier wird ein personaler Erzähler eingesetzt. Die Erzählsituation muss jedoch nicht notwendig dahingehend bestimmt sein, dass die Figur selbst als „Ich“ erzählt. Der Erzähler kann auch als „Er“ oder „Sie“ auftreten.
Entscheidet sich der Autor, seinen Erzähler nicht persönlich anwesend sein zu lassen, wird er einen allwissenden oder einen neutralen Erzähler einsetzen. Der Erzähler ist auktorial, d. h., er schildert das Geschehen aus der Distanz heraus. Der Erzähler kann die chronologische Abfolge der erzählten Ereignisse verändern, kann durch Auslassungen bzw. Kommentare wertend in den Erzählvorgang eingreifen. Dabei muss der auktoriale Erzähler sich nicht in der „Er“-Form an den Leser wenden, er kann auch in der 1. Person sprechen. Der auktoriale Erzähler wendet sich quasi als Person dem Leser zu.
Ein Beispiel für die Innensicht ist CRAIG KEE STRETES „Burn down the night“ (dt.: „Uns verbrennt die Nacht“, 1983). Der Ich-Erzähler ist am Geschehen unmittelbar beteiligt:
„Ich bin jetzt halb in dem Fummel drin und habe wirklich meine Schwierigkeiten herauszufinden, wo und wie ich da reinpassen soll.“
Der Ich-Erzähler nimmt sich und seine Umwelt wahr, kommentiert das Geschehen aus der Innensicht.
Die Perspektive kann im Text wechseln. Man kann z. B. aus der Perspektive des Helden und der Perspektive seines Gegners (Antiheld) erzählen, um dann aus einer neutralen, übergeordneten Perspektive weiter zu erzählen.
Innerer Monolog und erlebte Rede sind stark subjektive Erzähltechniken, während Allwissenheit und Außensicht stark objektivierend wirken sollen.
Der Erzählerkommentar dient dazu, Beweggründe bzw. Absichten des Handelns einer Figur zu verdeutlichen.
Moderne Erzählformen gehen meist eine Multiperspektivität ein, d. h., sie verwenden sehr viele Perspektiven parallel bzw. nacheinander.
In CHRISTA WOLFS Erzählung „Leibhaftig“ (2002) wechselt die Erzählperspektive manchmal abrupt:
„Sie wird mich also führen, ins Dunkle, in den Hades, ein weiblicher Cicerone, sie wird auf mich achten, meinen Herzschlag bewachen, ich bin beruhigt. “
Der Abschnitt beginnt mit der Innensicht der Patientin, wechselt dann unvermittelt die Perspektive:
"Wie lang diese Nächte sind, sagt sie noch, und Kora sagt, ja. Ihre Nächte seien auf andere Weise lang, wenn sie nämlich Nachtdienst habe, wie heute."
Der allwissende Erzähler kommentiert in der sogenannten Außensicht („bedauernd“) die Erzählerin der Innensicht. Im nächsten Absatz meldet sich die Ich-Erzählerin wieder zu Wort, um eine Traumsequenz vorzubereiten, die sie in diesem Augenblick zu träumen beginnt. Dieser Traum wird in der Vergangenheitsform erzählt.
Die Erzählperspektive wird durch den Standpunkt des Erzählers geprägt, von dem aus er das Geschehen vermittelt. Dabei lassen sich drei Typen voneinander abgrenzen:
In einem längeren epischen Werk, wie in CHRISTA WOLFs „Leibhaftig“, treten diese drei Formen selten unvermischt auf.
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