ANTON KOBERGER, urkundlich auch ANTHONI KOBURGER, war Buchdrucker, Buchhändler und Verleger. Zu den berühmtesten Werken, die aus seiner Werkstatt hervorgingen, gehören die 1493 gedruckte SCHEDELsche Weltchronik und die zweibändige deutsche Bibelausgabe von 1483, die Koberger-Bibel (oder auch Koburger-Bibel) genannt wird. Es handelt sich dabei um einen der wichtigsten deutschen Bibeldrucke vor LUTHER.
ANTON KOBERGER wurde um 1440 in Nürnberg als Sohn des Bäckers HEINRICH KOBERGER und seiner Frau ANNA, geb. GLOCKENGIESSER, geboren. Er starb am 03.10.1513 und wurde „bei den Predigern“ im Dominikanerkloster in Nürnberg begraben.
Über seine Kindheit und Jugendzeit ist nichts bekannt. Man kann auch nur vermuten, dass er eine berufliche Ausbildung im Goldschmiedehandwerk absolviert hat. Sicherer scheint dagegen die Annahme, dass KOBERGER erst nach mehrjährigem Experimentieren das Buchdrucken in seiner eigenen Druckerei im Jahre 1470 aufgenommen hat.
Das früheste mit seinem Namen versehene Buch ist die in deutscher und lateinischer Sprache gedruckte Schrift „De consolatione philosophiae“ von BOETHIUS aus dem Jahre 1473. Die Druckerei entwickelte sich so erfolgreich, dass KOBERGER sie ab 1478 in großem Stil ausbauen konnte. Er gliederte ihr die zusätzlichen Geschäftsbereiche Buchhandel und Verlag an und schuf damit ein für die damalige Zeit sehr modernes, fast schon „kapitalistisches“ Großunternehmen. Es wurde zum überregional leistungsstärksten, marktbeherrschenden Branchenbetrieb des 15. Jahrhunderts.
Man schätzt, dass KOBERGER bis zur Jahrhundertwende etwa 250 Werke druckte – meist im Folioformat (ca. 30 × 40 cm). Seine Produktion zeichnete sich durch große Sorgfalt aus, da er die Texte von eigenen Korrektoren überprüfen ließ. Bei der Auswahl der Buchtitel dürften wohl in erster Linie finanzielle Kalkulationen und ein sicheres Gespür für den Lesetrend eine Rolle gespielt haben.
KOBERGER druckte verschiedenartige Texte: religiöse, philosophische, historische, juristische, seltener humanistische. Religiöses Schrifttum bevorzugte er. Zu seinen zahlreichen lateinischen Drucken gehören: die „Bulla aurea“ Kaiser Karls IV. von 1477, die „Postille“ des Nicolaus de Lyra, 1481, ein Bibelkommentar, der als erster Druck KOBERGERS mit Holzschnitten illustriert ist. Die deutschsprachigen Drucke umfassen nur wenige Titel, doch finden sich gerade unter ihnen solche, die durch die künstlerische Einheit der Illustrations- und Textgestaltung Maßstäbe setzten. 1483 erschien die zweibändige deutsche Bibel, für deren Druck sich KOBERGER die Illustrationsvorlagen der 1478 bei HEINRICH QUENTELL in Köln gedruckten niederdeutschen Bibel auslieh. Sie ist nach ihm als Koberger-Bibel oder Koburger-Bibel benannt. (Es handelt sich hierbei um einen der wichtigsten deutschen Bibeldrucke vor LUTHER.)
1484 brachte KOBERGER das juristische Werk der „Nürnberger Reformation“ heraus. 1488 folgte das „Heiligenleben“ mit 254 Holzschnitten, 1491 der „Schatzbehalter“ des Franziskanermönchs STEPHAN FRIDOLIN mit 96 ganzseitigen Holzschnitten des Nürnberger Malers MICHAEL WOLGEMUT und seines Stiefsohnes WILHELM PLEYDENWURFF. Das wohl berühmteste Druckwerk KOBERGERS ist die SCHEDELsche Weltchronik von 1493 mit 1809 Holzschnitten unterschiedlichsten Formates. Die Holzschnitte entstammten der Werkstatt WOLGEMUT/PLEYDENWURFF. Bei diesem außerordentlich aufwendigen Druckauftrag – dem bilderreichsten jener Zeit überhaupt – agierte KOBERGER allerdings nur als „Lohndrucker“, den wenig erfolgreichen Vertrieb hatten die Geldgeber selbst übernommen.
1498 erschien ein weiteres künstlerisch hervorragend betreutes Werk aus der KOBERGERschen Druckerei: die „Apokalypsis cum figuris“ von ALBRECHT DÜRER, in lateinischer und deutscher Fassung. (ALBRECHT DÜRER war sein Patenkind.)
Die Druckertätigkeit KOBERGERs nahm in den Jahren vor der Jahrhundertwende immer mehr ab zugunsten seiner buchhändlerischen und verlegerischen Aktivitäten. Ab 1505 gab er das Drucken ganz auf. Als Buchhändler bzw. Buchführer hatte sich KOBERGER bereits überregional orientiert und dabei Unterstützung durch den Rat der Stadt Nürnberg erhalten. Neben dem üblichen ortsgebundenen Platzhandel mit Ladengeschäft organisierte er nun einen gut funktionierenden Fernhandel mit festen Niederlassungen in europäischen Ländern. Die wichtigste auswärtige Filiale befand sich in Lyon. Diese Filiale arbeitete so erfolgreich, dass sie schließlich ganz Frankreich, Spanien und Norditalien beliefern konnte. Auch in Basel, Regensburg, Wien, Budapest, Breslau und Krakau gab es Zweigbetriebe. Und über die Filiale in Leipzig wurde der gesamte Osthandel abgewickelt.
Das Büchersortiment umfasste sowohl Drucke der eigenen Produktion wie auch Titel fremder Druckereien. KOBERGER vergab vor allem in den späteren Jahren viele Druckaufträge nach auswärts, beispielsweise an JOHANNES AMERBACH in Basel. Auch kaufte er ganze bzw. Teilauflagen fremder Verlage auf und verkaufte diese im eigenen Buchhandel weiter. So war er stets um den Ausbau und die Sicherung seines Großunternehmens bemüht und unternahm noch in hohem Alter ausgedehnte Auslandsreisen zu Pferd. Den zentralen Inlandsmarkt, die Frankfurter Herbstmesse, besuchte er von 1491 bis 1509 regelmäßig.
KOBERGER gelangte zu einem großen Vermögen, das ihm den Ankauf umfangreichen Grundbesitzes in Nürnberg ermöglichte. Durch seine zwei Ehen – die erste 1470 mit URSULA INGRAM, die zweite 1491 mit MARGARETE HOLZSCHUHER – war er mit wichtigen Nürnberger Patrizierfamilien in verwandtschaftliche Beziehung getreten. 1488 wurde er Mitglied des großen Rates, 1505 in das Stadtpatriziat aufgenommen. Über Art und Umfang seiner Bildung lassen sich nur Vermutungen anstellen. KOBERGER hat nachweislich mit Nürnberger Humanisten zusammengearbeitet und sein Engagement bei der kritischen Sichtung der für den Druck bestimmten Manuskripte verweist auf Kenntnisse der lateinischen Sprache. Zweifelsohne war er der Kirche aktiv zugewandt. Darauf deuten sein Begräbnisplatz und vor allem die ihm im Juni 1478 von Papst Sixtus IV. erteilte Mitgliedschaft in der Heiligengeist-Bruderschaft in Rom.
In seinen Söhnen hat KOBERGER keinen adäquaten Nachfolger gefunden. 1523 wurde die Filiale in Lyon geschlossen, 1526 der Verlag aufgegeben, 1532 der Buchhandel eingestellt.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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