Zeiten großer Umwälzungen: Weltbürgertum vs. Absolutismus

Abschaffung der ständischen Privilegien

Der allgemeinen Forderung nach Abschaffung der ständischen Privilegien begegnete man in Österreich durch Reduzierung des Einflusses des Adels auf die Landesherren. MARIA THERESIA führte die Grundsteuerreform ein, die auch den Adel zwang, Abgaben zu leisten. Hatte der Adel bis dahin kein Interesse zu arbeiten, wurde er nun zur Arbeit gezwungen. Adelige wurden zu hohen Beamten des Staates. Der Beamtenbedarf war jedoch höher. Mittleres und niedriges Beamtenpersonal stellten die Bürger (auch in anderen deutschen Staaten). Dazu mussten sie lesen und schreiben können. In Österreich wurde um 1750 durch MARIA THERESIA das Volksschulwesen eingeführt. Die allgemeine Schulpflicht führte als erster Staat Europas Preußen bereits am 28. Oktober 1717 durch FRIEDRICH WILHELM I. ein (Zum Vergleich: Frankreich führte 1880 und Großbritannien 1882 die allgemeine Schulpflicht ein. 1771 wurde in Bayern unter dem Kurfürsten MAXIMILIAN III. JOSEPH die Schulpflicht proklamiert, jedoch erst nach 1802 durchgesetzt.). Jedes Kind in Preußen zwischen 5 und 12 Jahren sollte in die Schule gehen. Allerdings konnte der König die Schulpflicht nur auf seinen eigenen Domänen durchsetzen. Gegenüber anderen Großgrundbesitzern war er nicht weisungsberechtigt.
Gelehrt wurde Religion, Lesen, Schreiben, Rechnen. Da die Schulausbildung den König möglichst wenig kosten sollte, wurden vor allem altgediente Soldaten oder auch die Küster zu Lehrern in den Dörfern. Bis 1740 gab es etwa 840 Volksschulen in Preußen.
FRIEDRICH WILHELM I. benötigte gebildete Mediziner in seiner Armee. Deshalb wurde die Berliner Charité zum Ausbildungsort für Ärzte und Feldscher. Gymnasien sorgten für eine höhere Bildung der vermögenden Bürger. In Wien wurde die Universität verstaatlicht.
JOHANNES AMOS COMENIUS (1592–1670) forderte als erster die allgemeine Schulpflicht für Jungen und Mädchen.

Forderungen nach Trennung von Staat und Kirche

Auch der Einfluss der Geistlichkeit auf den Landesherren wurde eingeschränkt. Die Menschen sollten sich von der Bevormundung durch die Kirche emanzipieren. Es wurden Forderungen nach Trennung von Staat und Kirche laut. Bereits im Westfälischen Frieden von 1648 wurde der protestantische Glauben in Deutschland gleichberechtigt neben den katholischen gestellt. Jedoch bestimmten die Landesfürsten über den auszuübenden Glauben ihrer „Landeskinder“. Eine der ersten Maßnahmen FRIEDRICHs II. war es, nach seinem Regierungsantritt 1740 in Preußen die Religionsfreiheit einzuführen.

  • In der Schweiz wurde die Religionsfreiheit 1874 eingeführt.
  • In den USA wurde die Religionsfreiheit in der Virginia Bill of Rights von 1776 gewährt. Die Freiheitsstatue in New York erinnert noch heute an die Unabhängigkeitserklärung der USA.
  • In der Erklärung der Menschenrechte von 1789 wurde die Religionsfreiheit in Frankreich durchgesetzt.
  • Erst 1919 wurde die freie Religionsausübung in Österreich erlaubt.

Erst 1864 wurde in Schleswig-Holstein die volle Religionsfreiheit gewährt. 1803 wurden die geistlichen Fürstentümer – mit Ausnahme des Deutschen Ordens und des Malteserordens – aufgehoben.
Schon 1531 ernannte sich der englische König zum Oberhaupt der anglikanischen Kirche. In den reformierten Ländern Deutschlands wurden die Landesfürsten Oberhäupter der Kirche. Noch WILHELM II. sprach vom „Gottesgnadentum“ seiner Herrschaft. Eine Trennung von Staat und Kirche gibt es in Deutschland aber erst seit der Weimarer Reichsverfassung (Artikel 137).

Krise von Religion und Denken

Die politischen und sozialen Erhebungen im 16. Jahrhundert (Bauernkrieg) sowie die Religionskriege im 17. Jahrhundert (Dreißigjähriger Krieg) hatten zu einer Krise von Religion und Denken geführt. Neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse (NEWTONs Mechanik, GALILEIs heliozentrisches Weltsystem) wirkten sich auch auf die Geisteswissenschaften aus (Eine konsequente Trennung von Geistes- und Naturwissenschaften war in jenen Jahrhunderten noch unbekannt.). Nach Weltangst und Pessimismus im Dreißigjährigen Krieg versuchte die Wissenschaft, die dringenden Fragen der Zeit neu zu beantworten. Zum zentralen Begriff der Philosophie und Geisteshaltung des 18. Jahrhunderts wurde die Vernunft. Dies hätte keine weit reichenden Folgen gehabt, würde sich nicht infolge der gesellschaftlichen Veränderungen das besitzende und gebildete Bürgertum als neue wirtschaftliche Kraft herausgebildet haben. Nicht mehr der vereinzelte Besitzende innerhalb des 3. Standes, sondern der Bürger mit seiner Erkenntnis, dass sich aus Kapital mehr Kapital machen lässt, war es, der zum neuen Kulturträger avancierte.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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