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- Walther von der Vogelweide
Die Lebensgeschichte von WALTHER VON DER VOGELWEIDE lässt sich nur aus seinem Werk erschließen. Danach wurde er um 1170 wahrscheinlich in Österreich (Tirol) geboren. Geburtsjahr und Stand sind nicht sicher geklärt; wahrscheinlich entstammt WALTHER dem niederen österreichischen Adel. Er wurde von verschiedenen Fürsten gefördert, schon in jungen Jahren als Minnesänger von dem österreichischen Herzog LEOPOLD V. in Wien (um 1188), zum Schluss dann von KAISER FRIEDRICH II., an dessen Hof er ab etwa 1214 in Diensten stand. Dazwischen wirkte er als fahrender Sänger und Spruchdichter an etlichen Fürstenhöfen (u. a. in Thüringen, Meißen, Köln, Bayern und Passau). Den Nachrufen verschiedener Dichter nach zu urteilen, besaß WALTHER in seinen letzten Lebensjahren ein kleines Rittergut in Würzburg, das er um 1220 von FRIEDRICH II. (dem Enkel BARBAROSSAs) als Lehen erhielt und wo er um 1230 gestorben sein soll. In seinem Gedicht „Ich hân mîn lehen“ (Audio 5) reflektierte WALTHER dieses Geschehen.
Das literarische Schaffen von WALTHER VON DER VOGELWEIDE ist mit
überliefert. Leider sind nur drei Melodien erhalten, die in späteren Handschriften niedergeschrieben wurden:
Die Texte WALTHERs waren viele Jahrhunderte lang verschollen und wurden erst im 18. Jahrhundert wiederentdeckt. Anhand dieser Texte wurde klar, dass WALTHER der typische mittelalterliche Musikerpoet war. Seine größte literarische Leistung waren seine Spruchdichtungen. In diesen Gedichten griff er politische, didaktische, ethische und religiöse Themen auf. Die religiösen Sprüche und Lieder sind von überzeugender poetischer Kraft. Die politischen Spruchdichtungen beschäftigen sich vor allem mit der Reichsthematik; WALTHER stellte die Frage nach dem richtigen Herrscher, kritisierte vehement die Allmacht des Papstes und forderte eine stärkere Trennung von Kirche und Staat. Sein kritisches Papstgedicht (s.u.) entstand wahrscheinlich am Hof des Meißener Markgrafen DIETRICH, einem Anhänger der Welfen. WALTHER wird heute als bedeutendster Verfasser zeitkritischer Lyrik seiner Zeit angesehen; seine politische Spruchdichtung gilt als der Beginn der politischen Dichtung in deutscher Sprache.
Ahî wie kristenlîche nû der bâbest lachet,
swenne er sînen Walhen seit: „ich hânz alsô gemachet!“
daz er dâ seit, des solt er niemer hân gedâht.
er giht: „ich hân zwên Allamân under eine krône brâht,
daz siz rîche sulen stœren unde wasten.
ie dar under mülin in ir kasten:
ich hâns an mînen stoc gement, ir guot ist allez mîn.
Übersetzung:
Hei, wie christlich sich jetzt der Papst [ins Fäustchen] lacht,
wenn er zu seinen Italienern sagt: „Ich habe das Ding so gedreht!“
Was er da sagt, sollte er nicht einmal gedacht haben.
Er sagt [nämlich]: „Ich habe zwei Deutsche unter eine Krone gebracht,
damit sie das Reich verwirren und verwüsten;
währenddessen mülin ihnen ihre Truhen.
Ich habe sie an meinen Opferstock getrieben, ihr ganzes Geld gehört mir.
Neben den Spruchdichtungen schrieb WALTHER vor allem Liebeslyrik. Die Mehrzahl seiner Lieder beschäftigt sich mit der Minnethematik. Als Minnesänger besang er zunächst das Ideal der hohen Minne: die ehrenhafte, aber aussichtslose Liebe zu einer höherstehenden Adelsdame. Während seiner Zeit in Wien wurde er hier zum Konkurrenten REINMARS DES ALTEN.
Später entwickelte er ein Gegenkonzept der niederen Minne, die Forderung nach erfüllbarer bzw. erfüllter gegenseitiger Liebe und einer gleichberechtigten Beziehung („Unter der linden an der heide“, Hörbeispiele in Audio 2 und 3 , „Nemt, frowe, disen kranz“, „Herzeliebes frowelîn“, „Muget ir schouwen“, siehe auch PDF "Walther von der Vogelweide - Gedichte"). Letztendlich versuchte er, in der sogenannten ebenen Minne idellen Anspruch und geglücktes Liebeswerben zu vereinen (Mädchenlieder: Als Mädchenlied wird eine Sonderform des Minnesangs bezeichnet. In den Mädchenliedern wird die erfüllte Liebe zwischen einem adligen Herrn und einem Mädchen aus dem Volk beschrieben). Diese neue minnetheoretische Position, in der die geliebte Frau nicht durch ihren gesellschaftlichen Stand, sondern durch ihre inneren Werte (Anmut, Treue, Güte, Liebe) begehrenswert wird, erschloss dem Minnesang neue ästhetische Wege.
Zu den eindrucksvollsten Texten WALTHERs zählen die seines Alterswerkes. Dazu gehört insbesondere einer der bedeutendsten Texte der deutschen Literatur, die sogenannte „Elegie“ („Owê war sint verswunden alliu mîniu jâr“, Hörbeispiel in AUDIO 4), die noch heute als Meisterstück und Ausnahmefall innerhalb der klassischen mittelalterlichen Periode betrachtet wird. Die Alterslyrik WALTHERs thematisiert insbesondere
Die Dichtungen WALTHERs gelten insgesamt als Höhepunkt der mittelhochdeutschen Lyrik und hatten entsprechende Nachwirkungen auf spätere Künstler. So bildete sein Preislied „Ir sult sprechen willekommen“ die Grundlage für das „Deutschlandlied“ von HOFFMANN VON FALLERSLEBEN.
In der Oper „Tannhäuser“ von RICHARD WAGNER (1845) tritt die Figur des WALTHER VON DER VOGELWEIDE als Teilnehmer im Sängerwettstreit auf der Wartburg auf.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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