Lion Feuchtwanger

Lebensgeschichte und literarisches Schaffen

LION FEUCHTWANGER wurde am 7. Juli 1884 als erstes von neun Kindern des jüdischen Fabrikanten SIGMUND FEUCHTWANGER und dessen Frau JOHANNA, geb. BODENHEIMER, in München geboren.
1890 besuchte er die Volksschule und später das Wilhelm-Gymnasium. Im Jahr 1903 begann er das Studium der Germanistik und Geschichte in München. Er verkehrte in dieser Zeit in Kreisen der „Münchner Bohème“ und schrieb seine ersten Erzählungen, Dramen und Theaterkritiken. 1907 promovierte er mit einer Dissertation über HEINRICH HEINEs „Rabbi von Bacherach“. Er begann als Dramaturg am Münchner Theater zu arbeiten.
1908 gründete er die literarische Halbmonatszeitschrift „Der Spiegel“ und schrieb dafür selbst 16 Beiträge, u. a. die Erzählung „Der Karneval von Ferrara“. 1910 lernte er HEINRICH MANN kennen.

1912 heiratete FEUCHTWANGER MARTA LOEFFLER. Während einer Reise mit seiner Frau an die französische Riviera wurde er vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überrascht. Nur knapp entging er der Internierung durch die Franzosen.
Ab 1914 leistete er in München Militärdienst, wurde aber aufgrund einer Krankheit vorzeitig entlassen. Seine Erfahrungen machten ihn zu einem frühen Kriegsgegner. Auch seine Theaterstücke erhielten in dieser Zeit einen mehr und mehr politischen Inhalt.

Seit dem Jahr 1918 verband ihn eine lange Freundschaft mit BERTOLT BRECHT. Zwischen den ungleichen Autoren entwickelte sich eine lebenslange, ebenso streit- wie fruchtbare Zusammenarbeit, der mehrere gemeinsame Werke entsprangen. FEUCHTWANGER war zwar Förderer BRECHTs, nahm aber Anstoß an dessen „Epischem Theater“.

Noch 1918 begann FEUCHTWANGER seine Arbeit an dem dramatischen Roman „Thomas Wendt“ und veröffentlichte das Drama „Jud Süß“, das er aber, trotz des großen Erfolges, wenig später zurücknahm und zum Roman erweiterte. Für den allerdings, fand sich kein Verleger. Erst 1925 konnte der Roman herausgegeben werden, der die Geschichte des Finanzberaters eines württembergischen Herzogs, Joseph Süß Oppenheimer, erzählt, welcher 1738 in einem Aufsehen erregenden Prozess zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde.

Der historische Roman „Die häßliche Herzogin Margarete Maultasch“ wurde 1923 veröffentlicht. 1924 bearbeitete FEUCHTWANGER zusammen mit BERTOLT BRECHT das Stück „Leben Eduards II. von England“.

1925 siedelte FEUCHTWANGER nach Berlin über. 1927 wurde sein Stück „Die Petroleuminsel“ uraufgeführt. Drei Jahre später erschien sein erster zeitgeschichtlicher Roman „Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz“. Darin schilderte er die Geschichte Bayerns von 1921 bis 1924. Die scharfe Analyse des aufkommenden Nationalsozialismus und die Demaskierung HITLERs und seiner Helfershelfer waren wohl der Grund, dass FEUCHTWANGER nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 bald emigrieren musste.

In den Zwanziger- bzw. Dreißigerjahren unternahm FEUCHTWANGER verschiedene Reisen, so 1924 mit BRECHT nach Rügen, dann nach Genf, Marseille und an die französische Riviera, 1926 nach Frankreich und Spanien, 1927 nach England und 1930 nach Italien.

1932 wurde der erste Band „Der jüdische Krieg“ der Romantrilogie „Josephus“ publiziert. Als die Nationalsozialisten 1933 in Deutschland die Macht übernahmen, hielt sich FEUCHTWANGER zufällig wegen einer Vortragsreise in den USA auf. Er kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück, vielmehr ließ er sich in Frankreich nieder. Während seiner Abwesenheit wurde sein Haus in Berlin von den Nationalsozialisten durchsucht und zahlreiche Manuskripte wurden beschlagnahmt. Mit ihm zusammen wurden bekannte Persönlichkeiten wie HEINRICH MANN und WILHELM PIECK ausgebürgert. Außerdem wurde ihm der 1907 erworbene Doktortitel aberkannt.

FEUCHTWANGER wurde nun als Schriftsteller politisch tätig und schrieb seinen Roman „Die Geschwister Oppenheim“, in dem das Schicksal einer deutsch-jüdischen Familie in jener Zeit geschildert wird.
1935 entstand der zweite Band der Romantrilogie „Josephus“ unter dem Titel „Die Söhne“. Seine HITLERsatire „Der falsche Nero“ erschien 1936.

1936 gründete FEUCHTWANGER zusammen mit WILLI BREDEL und BERTOLT BRECHT die Emigrantenzeitschrift „Das Wort“.
Für kurze Zeit wurde er in einem Lager bei Les Milles interniert, aus dem er aber mithilfe seiner Frau bald fliehen konnte. Seine Flucht brachte ihn über Spanien und Portugal zuletzt nach Los Angeles in die USA.
Seine Lagererfahrungen schrieb er 1942 in dem Bericht „Unholdes Frankreich“ nieder.

FEUCHTWANGER siedelte nach Pacific Palisades über, wohin ihm BERTOLT BRECHT folgte und mit ihm zusammenarbeitete. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wandte er sich wieder historischen Themen zu. 1948 wurden die politischen Verhältnisse auch in den USA nicht besser. Unter dem Senator JOSEPH MCCARTHY wurden in den Jahren 1950 bis 1954 Kommunisten und Sozialisten verfolgt. Die USA verweigerten FEUCHTWANGER die Anerkennung als Staatsbürger und so verließ er das Land nicht mehr. 1952 wurde ihm von der Münchner Universität sein Doktortitel wieder verliehen. Außerdem wurde ihm der Nationalpreis I. Klasse für Kunst und Literatur der DDR (1953) und der Ehrendoktor für Rechtswissenschaften der Humboldt Universität zu Berlin (1954) verliehen. 1954 stellte er den letzten Band seiner Trilogie fertig. „Der Tag wird kommen“ wurde auf deutsch veröffentlicht. Seiner jüdischen Tradition blieb er in seinen letzten Werken treu. „Die Jüdin von Toledo“ und „Jefta und seine Tochter“ erschienen in seinen letzten drei Lebensjahren.
1958 starb LION FEUCHTWANGER in Los Angeles, ohne seine deutsche Heimat noch einmal wiedergesehen zu haben.

Werke (Auswahl)

  • Die Einsamen (1903, 2 Skizzen)
  • Kleine Dramen (1905, 2 Bände)
  • Der Fetisch (1907, Drama)
  • Der Karneval von Ferrara (1908, Erzählung)
  • Der tönerne Gott (1910, Roman)
  • Lied der Gefallenen (1915, Gedicht)
  • Julia Farnes (1915, Trauerspiel)
  • Vasantasena (1916, Theaterstück)
  • Warren Hastings, Gouverneur von Indien (1916, Drama)
  • Der König und die Tänzerin (1917, Drama)
  • Jud Süß (1918, Drama)
  • Friede (1918, Drama)
  • Die Kriegsgefangenen (1919, Schauspiel)
  • Gespräche mit dem ewigen Juden (1920, Essay)
  • Thomas Wendt (1920, Roman)
  • Der holländische Kaufmann (1920, Drama)
  • Der Amerikaner oder Die entzauberte Stadt (1921, Drama)
  • Die Frauenverkäufer (1922, Nachdichtung)
  • Die hässliche Herzogin Margarete Maultasch (1923, Roman)
  • Eduard II. von England (1924, Drama, zus. mit BERTOLT BRECHT)
  • Drei angelsächsische Stücke (1927)
  • Herrn Hansickes Wiedergeburt (1927, Erzählung)
  • Die Petroleuminsel (1927, Theaterstück)
  • Die Geschichte des Gehirnphysiologen Dr. Bl. (1929, Erzählung)
  • Marianne in Indien (1929, Erzählung)
  • Erfolg (1930, Roman)
  • Der jüdische Krieg (1932, Roman)
  • Die Geschwister Oppenheim (1933, Roman)
  • Die Söhne (1935, Roman)
  • Neros Tod (1935, Erzählung)
  • Der falsche Nero (1936, Roman)
  • Moskau 1937 (1937, Reisebericht)
  • Exil (1940, Roman)
  • Die Stimmen (1941, Drama, zusammen mit BERTOLT BRECHT)
  • Der Tag wird kommen (1942, Roman)
  • Unholdes Frankreich (1942, Erlebnisbericht)
  • Die Brüder Lautensack (1943, Roman)
  • Simone (1945, Roman)
  • Odysseus und die Schweine (1947, Erzählung)
  • Die Füchse im Weinberg (1947/48)
  • Wahn oder Der Teufel in Boston (1948, Drama)
  • Goya oder Der arge Weg der Erkenntnis (1951, Roman)
  • Narrenweisheit oder Tod und Verklärung des Jean-Jacques Rousseau (1952, Roman)
  • Der Tag wird kommen (1954, Roman)
  • Die Witwe Capet (1956, Drama)
  • Die Jüdin von Toledo (1955, Roman)
  • Jefta und seine Tochter (1957, Roman)
  • Das Haus der Desdemona oder Größe und Grenzen der historischen Dichtung (1961, Essay-Fragment, posthum)
Zitat von LION FEUCHTWANGER (1884–1958)

Zitat von LION FEUCHTWANGER (1884–1958)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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