Die Lebensgeschichte von SOPHOKLES ist sehr vielgestaltig. Er wurde 496 v. Chr. in Kolonos, dem heutigen Athen, als Sohn des SOPHILLOS geboren. Er entstammte einer vornehmen Familie und kam daher in den Genuss einer sehr guten Ausbildung, u. a. in Gymnastik, Musik, Tanz.
Aufgrund seiner Abstammung hatte SOPHOKLES früh Zugang zu den Intellektuellenkreisen und den führenden Persönlichkeiten Athens. Schon in jungen Jahren war er in das geistige und politische Leben der Stadt eingebunden. Er war Träger verschiedener hoher Staatsämter (u. a. 443–442 v. Chr. Schatzmeister des Seebundes, 441–440 v. Chr. Stratege gemeinsam mit PERIKLES). Auch in kulturellen Ämtern war er tätig, so z. B. als Priester des Heilheros HALON oder des ASKLEPIOS. Zu seinem Bekannten- und Freundeskreis gehörten neben dem Politiker PERIKLES und den Tragödienschreibern AISCHYLOS und EURIPIDES, auch der bekannte Geschichtsschreiber HERODOT, der Philosoph ANAXAGORAS und möglicherweise auch der Philosoph SOKRATES.
SOPHOKLES heiratete NIKOSTRATE und hatte mit ihr einen Sohn, IOPHON, der später selbst Tragiker wurde. Einen weiteren (unehelichen) Sohn zeugte er mit THEORIS: SOPHOKLES den Jüngeren. Dieser erlangte große Bekanntheit, als er 401 posthum die Tragödie seines Vaters „Ödipus auf Kolonos“ aufführen ließ.
SOPHOKLES beteiligte sich an den regelmäßig in Athen stattfindenden dramatischen Dichterwettbewerben, den sogenannten Agonen. Hier besiegte er 468 v. Chr. 28-jährig den „Meister der Tragödie“, AISCHYLOS, der 30 Jahre älter war als er. SOPHOKLES soll den Agon-Wettstreit dann 20 Mal in Folge gewonnen haben. Erst 441 v. Chr. verlor er gegen EURIPIDES. Insgesamt soll er 24 Siege davongetragen haben. Von den 123 Tragödien, die ihm zugeschrieben werden, müssten demnach 96 Stücke aufgeführt worden sein, da die Aufführungen in Form von Tetralogien (Trilogien aus je drei Tragödien, dazu ein abschließendes Satyrspiel) inszeniert wurden. Die Stücke wurden über einen Zeitraum von etwa 60 Jahren geschrieben und zeugen damit von einer ungewöhnlich hohen Produktivität ihres Dichters.
SOPHOKLES starb mit 90 Jahren 406 v. Chr. in Kolonos und erlebte damit die Zeit von den Perserkriegen über die Hochblüte Athens unter PERIKLES bis hin zum aufkeimenden Konflikt mit Sparta und den Peloponnesischen Kriegen. Bereits kurz nach seinem Tod wurde er durch die Aufstellung einer Statue im Dionysostheater geehrt.
Das literarische Schaffen von Sophokles veränderte die griechische Tragödie in Form und Inhalt. Nachdem bereits AISCHYLOS den zweiten Schauspieler in die griechische Tragödie eingeführt und damit den Einsatz des dramatischen Dialogs ermöglicht hatte, wurde durch SOPHOKLES der dritte Schauspieler eingeführt, sodass eine zusätzliche Rolle entstand und das Spektrum an einsetzbaren Charakteren größer wurde. Er vergrößerte zudem den Chor von 12 auf 15 Sänger, rückte ihn zugleich jedoch zugunsten des Dialogs mehr in den Hintergrund. Das Schwergewicht verlagerte sich vom früher dominanten und eher langweilig agierenden Chor auf die Einzelspieler, die Schauspieler. Als Novum in der griechischen Tragödie entwickelte er die analytische Tragödie, in der die Handlung von rückwärts aufgerollt wird. Schließlich setzte SOPHOKLES zunehmend die schon von AISCHYLOS eingeführten Bühnenbilder ein und nutzte erstmalig das Mittel der Szenenmalerei (Skenographie), um dramatische Effekte zu verstärken und die illusionistische Wirkung zu erhöhen. Mit all diesen Mitteln konnte er die dramatische Handlung insgesamt freier, lebendiger, straffer und spannungsvoller darstellen.
Generell kennzeichnet die Tragödien des SOPHOKLES eine kunstvolle Handlungsführung und eine hohe dramatische Aussagekraft; tragische Situationen sind überzeugend gestaltet (Meisterwerke diesbezüglich sind „Antigone“, „König Ödipus“ und „Ödipus auf Kolonos“). In den Mittelpunkt des Geschehens stellte SOPHOKLES nicht wie bis bisher nur relegiöse und moralische Themen, sondern auch konkret gezeichnete Charaktere – das nach Wahrheit und Selbsterkenntnis suchende Individuum, den aus der Gesellschaft des Staates ausbrechenden Menschen, der durch seine eigenen Handlungen und Entscheidungen selbstverschuldet sein Schicksal herausfordert und sich damit letztendlich in das von den Göttern bestimmte tragische Schicksal fügen muss.
Im Gegensatz zum festen Verbund der Dramen innerhalb einer Trilogie wie bei AISCHYLOS sind die einzelnen Dramen bei SOPHOKLES inhaltlich, dramatisch und psychologisch in sich abgeschlossen.
Den Dramen von SOPHOKLES fehlt ein Großteil des Pathos, das sich bei seinem Vorgänger AISCHYLOS findet, sie sind dafür rethorisch stärker und stellen so das Bindeglied zu den Tragödien von EURIPIDES dar.
SOPHOKLES werden 123 Tragödien (davon 30 Tetralogien) zugeschrieben; davon sind jedoch 80–90 nur bruchstückhaft und nur ganze 7 Werke vollständig erhalten, die wahrscheinlich aus 7 verschiedenen Tetralogien stammen. Dazu gehören:
Ebenfalls erhalten ist ein großer Teil des Satyrspiels „Ichneutai“ („Die Spürhunde“), das 1911 in Ägypten auf Papyrusrollen entdeckt wurde.
Stand: 2010
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