- Lexikon
- Deutsch Abitur
- 3 Literaturgattungen
- 3.2 Epik
- 3.2.3 Die epischen Genres
- Henry Fielding
HENRY FIELDING entstammte einer wenig begüterten aristokratischen Familie. Er studierte klassische Literatur in Eton, dann auch Jura in Leiden. Zunächst verfolgte er eine Karriere als Autor: Zwischen 1729 und 1737 verfasste er 25 Farcen und satirische Dramen, die er zum größten Teil im Little Theatre, dem späteren Haymarket Theatre, aufführen ließ, wo er Manager war. Seine Stücke fielen jedoch der Zensur zum Opfer, da sie politisch zu brisant waren und sich der damalige Premierminister ROBERT WALPOLE angegriffen fühlte. FIELDING war weiterhin journalistisch tätig, erlangte aber erst literarische Bedeutung mit seinen Romanen.
Trotz seiner schwachen Gesundheit – er litt unter Asthma und Gicht – schloss er seine juristischen Studien ab. Er wurde 1748 Friedensrichter in London – inzwischen war WALPOLE nicht mehr Premierminister – und kämpfte erfolgreich gegen die sozialen Missstände seiner Zeit, hauptsächlich gegen Korruption und das Bandenunwesen. Er entwickelte sich zu einer der zentralen rechts- und polizeireformerischen Gestalten des 18. Jahrhunderts.
1747 rief FIELDING einen kleinen Skandal hervor, da er nach dem Tod seiner Frau, mit der er zehn Jahre glücklich verheiratet war, deren Dienstmädchen und Vertraute heiratete. Um seine Krankheit zu lindern, reiste FIELDING mit ihr und einer seiner Töchter nach Lissabon, wo er am 8. Oktober 1754 starb.
FIELDING verfasste zunächst farcenhafte und satirische Dramen auf die politischen Verhältnisse seiner Zeit, darunter ist „The Tragedy of Tragedies: Or the Life and Death of Tom Thumb the Great“ (1730, dt. „Die Tragödie der Tragödien oder Leben und Tod vom Tom Däumling dem Großen“) die bekannteste. Die Stücke nahmen allerdings die Regierung so sehr aufs Korn, dass das Little Theatre, in dem sie aufgeführt wurden, schließen musste. FIELDING verfolgte weiter seine satirischen Absichten mit journalistischen Zeitschriftenbeiträgen sowie mit der fiktiven Gaunerbiografie „History of the Late Mr. Jonathan Wild the Great“ (1743, dt. „Jonathan Wild der Große“), die auf den Premierminister ROBERT WALPOLE gemünzt war.
Seine größte Bedeutung erlangte FIELDING auf dem Gebiet des Romans: In seinem ersten, komisch-realistischen Roman „The History of the Adventures of Joseph Andrews“ (1742, dt. „Geschichte der Abenteuer Joseph Andrews“) parodiert er den empfindsamen, gefühlsbetonten Briefroman „Pamela“ (1740) von SAMUEL RICHARDSON.
Die Episoden um den einfachen Joseph Andrews, der sich gegen die Verführungskünste von Frauen aller Klassen –- von der aristokratischen Arbeitgeberin bis hin zum Zimmermädchen – wehren muss, zeugen von sehr viel Komik. Diese entlehnte FIELDING bewusst dem Schelmenroman „Don Quixote“ (1605) des Spaniers MIGUEL DE CERVANTES, einem Abenteuerroman mit der Gestalt des Schelms im Mittelpunkt. So ähnelt die liebenswerte Weltfremdheit des Freundes von Joseph Andrews, dem Pfarrer Abraham Adams, durchaus dem Charakter Don Quixotes. Joseph Andrews gilt als der erste große humoristische Roman der englischen Literatur.
Im Vorwort entwarf FIELDING eine neue begriffliche Festlegung für den Roman: FIELDING stellt ihn in die Nachfolge des antiken Epos und reklamiert für ihn die Stellung einer eigenen gesellschaftlich anerkannten Kunstform.
FIELDINGs Hauptwerk ist der Roman „The history of Tom Jones, a foundling“: Dieser folgt dem Muster eines Bildungsromans, bei dem der innere Reifungsprozess eines Menschen – hier des Findelkinds Tom Jones – im Vordergrund steht. Der Roman beeinflusste die weitere Entwicklung des modernen realistischen Romans mit „gemischten Charakteren“. Er knüpft an den Realismus von SHAKESPEARE und CERVANTES an und führt weiter zu CHARLES DICKENS.
Inhaltlich zeigt Tom Jones FIELDINGs Nachsicht gegenüber dem Menschlich-Allzumenschlichen, die ihn von der unerbittlichen Moral RICHARDSONs unterscheidet. Erotische Eskapaden werden zwar nie ausdrücklich gebilligt, im Rahmen einer großzügigen Moral jedoch als Symptom natürlicher Spontaneität und somit Ausdruck der Unzulänglichkeit der menschlichen Natur gewertet. Der Erzähler kommentiert das Geschehen in beiden Romanen im Sinne einer aufgeklärten Vernunft. Dieses klassische Vertrauen in eine klassen übergreifend gesetzte Vernunft als Maßstab menschlichen
Handelns findet sich auch in den Romanen von JANE AUSTEN wieder.
Drama
Love in Several Masques (1728)
Pasquin (1736)
The Historical Register for the Year (1737)
Roman
Amelia (1751; dt. Amalie, oder das Muster einer ehelichen Liebe)
Reisebericht
The Journal of a Voyage to Lisbon (hg. 1755, dt. Tagebuch einer Reise nach Lissabon)
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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