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Details zur Lebensgeschichte GOTTFRIEDs VON STRASSBURG sind praktisch nicht bekannt. Er wurde um 1170–1180 geboren. Vermutlich gehörte er dem Straßburger Stadtbürgertum an und wirkte als Geistlicher oder Beamter. Er muss eine gelehrte Bildung genossen haben, möglicherweise an einer Klosterschule oder Universität, da er Französisch und Latein beherrschte und sich teilweise die Bezeichnung „meister Gotfrid“ findet. Er starb um 1215.
GOTTFRIED war mehr auf weltliche Werte und Inhalte ausgerichtet als andere zeitgenössische Dichter (WOLFRAM VON ESCHENBACH, HARTMANN VON AUE). Seine Beschreibungen des mittelalterlichen Minnesystems verweisen auf den nicht lösbaren Konflikt zwischen gleichberechtigter Liebe und höfischer Konvention.
Eine Reihe von Dichtungen wurden fälschlich unter dem Namen GOTTFRIEDs VON STRASSBURG verbreitet, nur ein Werk kann ihm mit Sicherheit zugeschrieben werden: das auf der Tristan-Sage der französischen Trouvères (Dichterkomponisten) aus dem frühen 12. Jahrhundert basierende fragmentarische Versepos „Tristan und Isolt“ (um 1210), das in den Stoffkreis höfischer Dichtung gehört. Dieses Werk verfasste GOTTFRIED auf Mittelhochdeutsch. Grundlage waren nach heutigem Kenntnisstand Fragmente der um 1170 entstandenen anglo-normannischen Tristan-Dichtung des THOMAS VON DER BRETAGNE (THOMAS D'ANGLETERRE, TUMAS DE BRITANIE). An diese Vorlage schloss sich GOTTFRIED inhaltlich eng an, seine Version ist jedoch systematischer gegliedert, logischer durchdacht und von zuvor vorhandenen Widersprüchen und Derbheiten bereinigt, sodass sie durch hohe stilistische und sprachliche Brillanz auffällt.
Das Werk gehört in die Reihe der sogenannten Artusdichtung, einer mittelalterlichen Versepik, in deren Mittelpunkt der sagenhafte König Artus steht. Es ist die einzige höfische Dichtung mit tragischem Ende. GOTTFRIED stellte die Liebe als Gebieterin über alle Sitte dar, als das höchste Glück auf Erden und zugleich die Ursache tiefster menschlicher Leiden.
Das Tristan-Epos von GOTTFRIED VON STRASSBURG stellt einen für das Mittelalter prototypischen Erzählentwurf zum Thema der leidenschaftlichen, unabhängigen Liebe dar, der oft die Grundlage für Arbeiten späterer Dichter bildete; so wurde das unvollendete Werk u. a. im 13. Jahrhundert von zwei weniger bekannten Dichtern, ULRICH VON TÜRHEIM und HEINRICH VON FREIBERG, ergänzt.
ARTHUR SCHURIG (1870–1929) verfasste einen Roman von Tristan und Isolde (siehe PDF).
Von RICHARD WAGNER wurde der Stoff in seiner Oper „Tristan und Isolde“ (1859) verarbeitet. Bei modernen Kritikern hat das faszinierende Werk z. T. grundverschiedene Reaktionen – Missbilligung, Hochachtung, Verwirrung – und Deutungsversuche ausgelöst.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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