Johannes Bobrowski

Lebensgeschichte

JOHANNES BOBROWSKIs Lebensgeschichte umfasst noch nicht einmal 50 Jahre. Er wurde am 9. April 1917 in Tilsit nahe der litauischen Grenze als Sohn eines Eisenbahnbeamten polnischer Herkunft geboren. Im Jahre 1928 zog die Familie nach Königsberg um, wo BOBROWSKI das Gymnasium besuchte. Er nahm Orgel- und Harmonielehreunterricht und studierte nach dem Abitur 1937 Kunstgeschichte in Königsberg. Er wurde zum Arbeitsdienst eingezogen und diente ab 1939 als Gefreiter in einem Nachrichtenregiment. Seine Einsatzorte waren in Frankreich, am Ilmensee und an mehreren Stellen der Ostfront.

In den Jahren 1945 bis 1949 war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft und arbeitete als Bergarbeiter in der Nähe von Rostow (Donezbecken). 1949 kehrte er zurück und lebte seither in Berlin-Friedrichshagen. Zunächst war er als Lektor im „Altberliner Verlag Lucie Groszer“ tätig, später ab 1959 als Lektor für Belletristik im „Union-Verlag“.
Kurz nach dem Manuskriptabschluss zu dem Roman „Litauische Claviere“ wurde BOBROWSKI – aufgrund seines hektischen Lebens völlig überanstrengt und überarbeitet – in ein Krankenhaus in Berlin-Köpenick eingeliefert, wo er fünf Wochen später, am 2. September 1965, an den Folgen eines Blinddarmdurchbruches starb.

GÜNTER BRUNO FUCHS – sein engster Freund – bezeichnete BOBROWSKI einmal als den „letzten Präsidenten des Neuen Friedrichshagener Dichterkreises“ mit den „schönen Nilpferdaugen, der von vielen geliebt und von vielen ausgenutzt worden war“. Aufgrund seines frühen Todes dauerte der erlebte Ruhm für BOBROWSKI keine fünf Jahre.

Literarisches Schaffen

Das literarische Schaffen von BOBROWSKI umfasst verschiedene lyrische Werke und begann mit acht Gedichten, die auf Empfehlung von INA SEIDEL 1943–1944 in die Zeitschrift „Das innere Reich“ aufgenommen wurden. 1955 wurden fünf Gedichte von ihm in der Literaturzeitschrift „Sinn und Form“ veröffentlicht.
Sein erster Lyrikband erschien erst im Jahre 1961 in einem westdeutschen Verlag. „Sarmatische Zeit“ war der Durchbruch für BOBROWSKI. 1962 erhielt er dafür den Preis der Gruppe 47.

Weitere Bände waren:

  • "Schattenland Ströme“ (1962) und
  • “Wetterzeichen“ (1967, aus seinem Nachlass).

Prosa zu schreiben hatte BOBROWSKI ursprünglich nicht geplant. Nach Abschluss der ersten beiden Lyrikbände hatte er aber noch so viele Ideen für Charaktere, Situationen und Ereignisse, die sich nicht in Gedichtform niederschreiben ließen, dass der Gebrauch von Prosa für ihn unumgänglich wurde.

In kurzer Abfolge entstanden nach dem Lyrikband „Sarmatische Zeit“ die Romane:

  • „Levins Mühle: 34 Sätze über meinen Großvater“ (1964) und
  • „Litauische Claviere“ (1965 geschrieben, 1966 aus dem Nachlass)

und die Erzählungsbände:

  • „Boehlendorff“ (1965)und
  • „Mäusefest“ (1965) sowie
  • „Der Mahner“ (1968, aus seinem Nachlass).

Für seinen Roman „Levins Mühle“, der auch ins Hebräische übersetzt wurde, erhielt er 1965 den Heinrich-Mann-Preis der Ostberliner Akademie der Künste. Der Roman wurde 1980 von der DEFA verfilmt und war Grundlage verschiedener Opernlibretti und Theaterstücke.

Die Werke BOBROWSKIs sind thematisch sehr von der Landschaft Litauens, der Gegend zwischen Weichsel und Don (das antike Sarmantia) und dem einfachen und schwermütigen Charakter seiner Bewohner beeinflusst. Sie hatten großen Einfluss auf nachfolgende Lyriker, auch wenn der Autor inzwischen leider fast vergessen ist, vielleicht, weil er die offene Konfrontation mit dem System mied und nicht lange genug lebte, um sein Werk zu erweitern.

Werke (Auswahl)

  • Pruzzische Elegie (1955)
  • Sarmatische Zeit (1961, Lyrikband)
  • Schattenland Ströme (1962, Lyrikband)
  • Levins Mühle: 34 Sätze über meinen Großvater (1964, Roman)
  • Boehlendorff (1965, Erzählungen)
  • Mäusefest (1965, Erzählung)
  • Litauische Claviere (1966, aus dem Nachlass, Roman)
  • Wetterzeichen (1967, aus dem Nachlass, Lyrikband)
  • Der Mahner (1968, aus dem Nachlass, Erzählungen)
  • Im Windgesträuch. Gedichte aus dem Nachlaß (1970, Gedichte)
Aus dem Gedicht „Kalmus“ von JOHANNES BOBROWSKI (1917–1965)

Aus dem Gedicht „Kalmus“ von JOHANNES BOBROWSKI (1917–1965)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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