JAMES JOYCE wurde als ältester Sohn einer kinderreichen Bürgerfamilie in Irland geboren. Nach der Ausbildung an Jesuitenschulen und am Dubliner University College wandte sich JOYCE von der katholischen Kirche ab. Er ging 1902 nach Paris und kehrte nur wegen des Todes seiner Mutter für kurze Zeit nach Irland zurück. Ab 1904 lebte er zusammen mit seiner Lebensgefährtin NORA BARNACLE unter anderem in Triest, Zürich und Paris, hier arbeitete er unter finanziellen und gesundheitlichen Problemen. Im Laufe seines Lebens nahm seine Sehkraft ständig ab, bis er schließlich annähernd erblindete. Große Schwierigkeiten bereitete JOYCE auch die Veröffentlichung seiner Schriften. Die Freundschaft zu EZRA POUND, der in der Zeitschrift „The Egoist“ JOYCES Kurzgeschichtenzyklus „Dubliners“ (1914) lobte, sowie die Verbindung zu HARRIET SHAW WEAVER, dem Herausgeber von „The Egoist“, förderten JOYCES literarische Karriere. Trotz wachsender Anerkennung führte er bis zu seinem Tod 1941 in Zürich ein Leben in Armut.
JAMES JOYCE beherrschte mehrere Sprachen und hatte sich vor allem mit
auseinandergesetzt. Skeptisch stand er der Ende des 19. Jahrhunderts aufkommenden irischen Renaissance, der Rückbesinnung auf die irische Kultur, gegenüber. JOYCE schuf zunächst Gedichte („Chamber Music“, 1907) und den Kurzgeschichtenzyklus „Dubliners“ (1914), in denen er mit naturalistischen und symbolistischen Mitteln die geistig-moralische Lähmung des Dubliner Lebens darzustellen versuchte. Entschieden wandte er sich von der gängigen handlungsreichen Pointengeschichte ab. Seine Schriften zielten auf die Erfassung des instantiv aufblitzenden „wahren“ Wesens einer Person oder Sache. Solche Momente tiefster Einsicht bezeichnete er als Epiphanien.
In seinem autobiografischen Roman „A Portrait of the Artist as a Young Man“ (1916) umreißt JOYCE die Position des Schriftstellers, der sich aus den Bindungen von Kirche, Staat und Gesellschaft löst und auf der künstlerischen Freiheit besteht. Der Roman ist in der Form des Künstler- und Bildungsromans geschrieben und verwendet die Technik des inneren Monologs.
JOYCEs Roman „Ulysses“ (1922) war in Großbritannien und den USA lange Zeit wegen des Vorwurfs der Obszönität verboten. Er schildert den Verlauf eines einzigen Tages, des 16. Juni 1904, im Leben des Dubliner Anzeigenmaklers Leopold Bloom, seiner Frau Molly und des jungen Stephen Daedalus. Zugleich weitet er das Geschehen mithilfe subtiler Anspielungen und Zitate – die Parallelen zu HOMERs Odyssee sind deutlich auszumachen – über die zeitlichen und räumlichen Grenzen aus.
Durch die von ihm weiterentwickelte Technik der Versprachlichung des Bewusstseinsstroms (stream of consciousness) erschloss JOYCE – ähnlich wie VIRGINIA WOOLF – der Literatur neue Wirklichkeitsbereiche. Er wandte sich gegen den realistischen Roman, der auf die Abbildung der äußeren Wirklichkeit abzielt. Ein Beispiel für die Technik des stream of consciousness ist Mollys Monolog im letzten Kapitel des „Ulysses“. Die hier nur assoziativ verknüpften Gedanken sprengen die grammatikalischen Regeln:
„frseeeeeefronnnng train somewhere whistling the strength those engines have in them like big giants and the water rolling all over and out of them all sides like the end of Loves old sweeeetsonnnng ...“
(James Joyce: Ulysses, letztes Kapitel)
In dem experimentellen Roman „Finnegans Wake“ (1939) radikalisierte JOYCE seine äußerst vielschichtige, auf sprachliche Verschlüsselungen und Wortspiele zurückgreifende Erzähltechnik. Er arbeitet mit Traumfragmenten – an der Oberfläche handelt es sich um die Träume eines irischen Gastwirts und seiner Familie – und wendet die Erzählung ins Archetypische.
Stand: 2010
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