Günter Grass

Lebensgeschichte

Die Lebensgeschichte von GÜNTER GRASS ist stark von der Kriegs- und der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges geprägt. Er wurde am 16. Oktober 1927 als Sohn des Kolonialwarenhändlers WILLY GRASS und seiner Frau HELENE, geb. KNOFF in, wie er selbst sagt, kleinbürgerlichen Verhältnissen in Danzig-Langfuhr geboren. Er besuchte das dortige Gymnasium Conradium bis zu seiner Einberufung als Luftwaffenhelfer im Zweiten Weltkrieg.
Anschließend musste er zum Arbeitsdienst und wurde später Panzerschütze.
Nach Kriegsende studierte er – nach einer kurzen Tätigkeit im Kalibergbau und einem Steinmetzpraktikum – Grafik und Bildhauerei von 1948 bis 1952 an der Kunstakademie in Düsseldorf und von 1953 bis 1956 an der Berliner Akademie der Schönen Künste. In dieser Zeit entstanden erste Gedichte und Kurzprosa.
Später, als er längst Schriftsteller war, kehrte er in den anstrengenden Vorbereitungsphasen großer Werke zu seinem erlernten Beruf – der Steinmetzkunst – zurück.
1954 heiratete GRASS in Berlin die Schweizer Ballettstudentin ANNA SCHWARZ. Nach Abschluss ihrer Ausbildung zog er mit ihr 1959 nach Paris. In Paris leistete er die Hauptarbeit an seinem wohl bekanntesten Roman „Die Blechtrommel“, für den er 1958 auf einer ersten Polenreise letzte Recherchen angestellt hatte. 1960 kehrte er mit seiner inzwischen angewachsenen Familie (1957 wurden Zwillinge geboren) nach Berlin zurück, wo 1961 und 1965 weitere zwei Kinder das Licht der Welt erblickten. Neben seiner schriftstellerischen Arbeit engagierte sich GRASS in zunehmendem Maße politisch und verarbeitete so seine Erfahrungen aus Kindheit und Jugend, wie er das schon mit der „Blechtrommel“ begonnen hatte. Bereits 1957 gehörte er der Gruppe 47 an, von 1961 bis 1972 unterstützte er die SPD aktiv im Wahlkampf, ohne allerdings selbst Mitglied zu sein. In dieser Zeit führte er in einem für einen Schriftsteller beispiellosen Einsatz auf eigene Kosten mehrere hundert Wahlveranstaltungen durch. Er setzte sich für mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit und auch für die Aussöhnung mit Polen und Israel ein. Erst 1982 trat er in die SPD ein, um 1992 aus Protest gegen die damalige Asylpolitik wieder auszutreten. Während es ihm anfänglich noch gelang, seine politischen Aktivitäten von seinem schriftstellerischen Werk zu trennen, vermischte es sich in späteren Werken stark. So sind „Die Plebejer proben den Aufstand“ (1966), „Örtlich betäubt“ (1969) oder „Aus dem Tagebuch einer Schnecke“ (1972) stark von den damaligen politischen Auseinandersetzungen geprägt.
Seit 1972 zog sich GRASS aus der Öffentlichkeit zurück. Gründe dafür waren das Scheitern seiner ersten Ehe, die Geburt eines weiteren Kindes, eine neue Beziehung und die Arbeiten an einem neuen Roman, „Der Butt“. 1979 heiratete er die Organistin UTE GRUNERT und wohnt seitdem mit ihr zusammen in Behlendorf. Drei weitere Kinder werden geboren.
1983 bis 1993 war GRASS Präsident der Berliner Akademie der Künste. 1997 feierte er seinen 70. Geburtstag. Wenige Tage danach gab GRASS Anlass zu neuen Kontroversen, indem er mit YASAR KEMAL, einem türkischen Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger, über die Mitschuld der Deutschen am türkischen Bürgerkrieg diskutierte. Er kritisierte die deutsche Ausländer- und Asylpolitik, besonders Kurden gegenüber und die Waffenlieferungen an den NATO-Partner Türkei, mit denen der Vernichtungskrieg gegen die Kurden geführt wurde.

Literarisches Schaffen

Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit betätigte sich GRASS als Grafiker und Bildhauer. Seine Werke wurde in mehreren Ausstellungen gezeigt.
Seine schriftstellerische Laufbahn begann GRASS als Lyriker. Allerdings fanden seine Gedichtbände

  • „Die Vorzüge der Windhühner“ (1956),
  • „Gleisdreieck“ (1967) und
  • „Ausgefragt“ (1967)

wenig Anerkennung. Genauso erging es seinen Theaterstücken, die nicht sehr erfolgreich waren. Erst sein erster großer Roman „Die Blechtrommel“ (1959) brachte ihm Weltruhm. Die Hauptfigur Oskar Mazeraths, der im zarten Alter von drei Jahren beschließt, mit dem Wachstum aufzuhören, beschreibt sehr authentisch die Kriegs- und Nachkriegszeit der 30er- bis 50er-Jahre aus Sicht eines sehr kleinen Menschen, sozusagen aus der Froschperspektive. Den Romanhintergrund dieses Werkes bilden GRASS' persönliche Erfahrungen aus Kindheit und Jugend. Als Jugendlicher hatte er am eigenen Leib erlebt, wie leicht man verführt werden kann, er hatte den totalen Krieg begrüßt und an die Gerechtigkeit der deutschen Sache geglaubt. Die Blechtrommel gilt heute zu Recht als wichtigster deutscher Roman der Nachkriegszeit.
GRASS' Werke zeichnen sich meist durch einen gesellschaftskritischen Hintergrund aus. Das beginnt mit der „Blechtrommel“ und setzt sich über „Der Butt“ (1977) bis hin zu „Ein weites Feld“ (1995) fort. „Der Butt“ widerspiegelt die Geschlechterbeziehung und die zunehmende Emanzipation der Frau in der 70er-Jahren. „Ein weites Feld“ wurde wie nie zuvor eine literarische Neuerscheinung von den Medien und von Schriftstellerkollegen politisch stark kritisiert. Während GRASS aus dem östlichen Deutschland eine Welle der Sympathie entgegenschlug, wurde er im Westen als politischer Provokateur und „Schwarzseher der Nation“ abgestempelt. Dies verwundert nicht, geht es doch in diesem Roman um die deutsche Wiedervereinigung. GRASS war einer derjenigen, die nach der Wiedervereinigung vor einer voreiligen Zusammenführung Ost- und Westdeutschlands warnte. Der Roman rangierte monatelang in den Bestsellerlisten.
Auch Werke wie „Die Plebejer proben den Aufstand“ (1966), „Örtlich betäubt“ (1969) oder „Aus dem Tagebuch einer Schnecke“ (1972) sind stark von den damaligen politischen Auseinandersetzungen geprägt.
1986 setzte GRASS das Leben des Oskar Mazerath aus der „Blechtrommel“ in „Die Rättin“ fort. In diesem Prosaroman, der ebenso wie die „Blechtrommel“ verfilmt wurde, beschreibt GRASS den apokalyptischen Selbstmord der Menschheit über die Dialoge zwischen einem namenlosen Ich-Erzähler und einer weiblichen Ratte. Der Roman lässt den Erzähler am Ende in einem unentscheidbaren Schwebezustand zwischen zaghafter Hoffnung und deutlichem Zukunftspessimismus.

Das literarische Schaffen von GRASS wurde mit einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet. So erhielt er:

  • den Georg-Büchner-Preis (1965),
  • die Carl-von-Ossietzky-Medaille (1968),
  • den Fontane-Preis (1968),
  • den italienischen Premio Letterario Viareggio (1978),
  • den großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (1994),
  • den Thomas-Mann-Preis der Stadt Lübeck (1996) und
  • den Nobelpreis für Literatur (1999).

Seit 1993 ist GRASS Ehrendoktor der Universitäten Kenyon College, Harvard Poznan und Gdánsk.

Werke (Auswahl)

  • Die Vorzüge der Windhühner (1956)
  • Die Blechtrommel (1959)
  • Katz und Maus (1961)
  • Hundejahre (1963)
  • Die Plebejer proben den Aufstand (1966)
  • Gleisdreieck (1967)
  • Ausgefragt (1967)
  • Über das Selbstverständliche (1968)
  • Örtlich betäubt (1969)
  • Aus dem Tagebuch einer Schnecke (1972)
  • Mariazuehren (1973)
  • Der Butt (1977)
  • Das Treffen in Telgte (1979)
  • Kopfgeburten oder Die Deutschen sterben aus (1980)
  • Aufsätze zur Literatur (1980)
  • Die Rättin (1986)
  • Mit Sophie in die Pilze gegangen (1987)
  • Zunge zeigen (1988)
  • Totes Holz (1990)
  • Brief aus Altdöbern (1991)
  • Vier Jahrzehnte (1991)
  • Unkenrufe (1992)
  • Ein weites Feld (1995)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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