GEORGE ORWELL, dessen wirklicher Name ERIC ARTHUR BLAIR war, wurde am 25. Januar 1903 als Sohn eines britischen Beamten in Indien geboren. Mit seiner Mutter und seiner Schwester zog er 1904 nach England, wo er das College in Eton besuchte. Ab 1922 war er Beamter der britischen Polizei in Burma. Aus Protest gegen die Methoden der englischen Kolonialverwaltung reichte er 1927 seinen Abschied ein. Seine Erfahrungen in Indien verarbeitete er in dem Roman „Burmese days“ (1934).
In den Jahren nach seiner Zeit in Burma verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Gelegenheitsarbeiter in Europa. Es entstand die Sozialreportage „Down and out in Paris and London“ (1933, dt. „Erledigt in Paris und London“). ORWELL wurde Mitglied der Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) und kämpfte auf Seiten der Republikaner gegen den Faschismus. Es entstanden weitere Reportagen („Homage to Catalonia“, 1938, dt. „Mein Katalonien“).
Nach einer Verwundung kehrte er nach Großbritannien zurück, wo er sich als Journalist sozialkritisch engagierte. Sein Interesse galt einem menschlichen Sozialismus. Vom herrschenden Kommunismus in Russland war er enttäuscht, da er totalitäre Systeme verabscheute. Seine Reportagen und Essays waren beliebt, da ORWELL seine Botschaften in einem klaren und deutlichen Stil, der sich fast schon der Umgangssprache näherte, verfasste. Er veröffentlichte mehrere Bücher über seine gesammelten Essays wie z. B. „Inside the whale“ (1940, dt. „Im Inneren des Wals“) oder „Shooting an elephant“ (1950).
Am erfolgreichsten wurden ORWELLS politische Satiren „Animal Farm“ (1945, dt. „Farm der Tiere“) und „1984“ (1949), die das Schreckensbild einer totalitären Herrschaft beschreiben. Die letzten Jahre seines Lebens litt ORWELL an Tuberkulose. 1945 starb seine erste Frau, die er 1936 geheiratet hatte. 1949 heiratete ORWELL zum zweiten Mal. Allerdings dauerte die Ehe nur drei Monate, da er kurz darauf – am 21. Januar 1950 – an seiner Krankheit starb.
ORWELL wurde vor allem durch seine Romane „Animal Farm“ und „1984“ bekannt. Beides sind Satiren, die mit den Werken von JONATHAN SWIFT (Gulliver's travels, 1726) verglichen werden, der zu den bedeutendsten englischen Satirikern zählt.
Beeinflusst von den Entwicklungen des Stalinismus in Russland und des Faschismus in Deutschland und Italien warnt ORWELL in beiden Romanen vor der Herrschaft eines totalitären Staates. Eindringlich führt er Entwicklungen vor, die zur totalen Überwachung, Verwaltung und Beherrschung des Einzelnen führen können:
„Animal Farm“ ist eine Satire in Form einer Fabel: Die Tiere können sprechen und tragen menschliche Charakterzüge. Sie revolutionieren gegen ihren Besitzer und übernehmen die Herrschaft auf einem Bauernhof. Die Schweine ergreifen dabei die Führung und letztendlich wird nur eine alte Herrschaft durch eine neue ersetzt.
ORWELLs „1984“ zählt neben ALDOUS HUXLEYS Roman „Brave new world“ (1932, dt.. „Schöne neue Welt“) und den Romanen von H.G. WELLS wie „The Time Machine“ (1895, dt.: „Die Zeitmaschine“) zu den Klassikern der Science fiction . „1984“ ist neben HUXLEYS „Brave new world“ die bekannteste Anti-Utopie (Dystopia) des 20. Jahrhunderts, d. h. sie beschreibt eine Albtraum-Version der Zukunft:
Der Superstaat Ozeanien ist ein Überwachungsstaat. Er wird von einer Partei und deren Oberhaupt Big Brother regiert, deren einziges Ziel die Macht um ihrer selbst willen ist. Niemand darf seine Meinung frei äußern. Alle sollen das gleiche kollektive Bewusstsein haben, das von der Partei vorgegeben wird. Wer sich nicht daran hält, gilt als Gedankenverbrecher. Einer der wenigen dieser „Verbrecher“ ist Winston Smith, die Hauptfigur. Das allgegenwärtige Instrument der Überwachung ist der Televisor:
„Der Televisor war gleichzeitig Empfangs- und Sendegerät. Jedes von Winston verursachte Geräusch, das über ein ganz leises Flüstern hinausging, wurde von ihm registriert. Außerdem konnte Winston, solange er in dem von der Metallplatte beherrschten Sichtfeld blieb, nicht nur gehört, sondern auch gesehen werden... Wie oft und nach welchem System die Gedankenpolizei sich in einen Privatapparat einschaltete, bleib der Mutmaßung überlassen.“
(Brockhaus Bibliothek Kunst und Kultur Bd. 6, S. 341)
Auf diese Weise kontrolliert „Big Brother“ den gesamten Staat bis in die privatesten Bereiche des Einzelnen. Ein anderes Mittel der Unterdrückung ist Newspeak , die „Neusprache“: Kunstwörter sollen alte Begriffe ersetzen; manche Wörter erhalten neue Bedeutungen. Mit Hilfe dieser Newspeak sollen alle „überflüssigen“ Wörter aus der Sprache entfernt werden, sodass die Ausdrucks- und damit Denkfähigkeit der Untertanen eingeschränkt wird und neue Ideen und freie Meinungsäußerung gar nicht mehr entstehen können. Die Gesellschaft wird dominiert von Slogans wie War is Peace, Freedom is Slavery, Ignorance ist Strength.
ORWELL zeigt in seiner bitterbösen Dystopia, wie wichtig freie Meinungsäußerung und der Gebrauch von Sprache sind. „1984“ zählt zu den einflussreichsten Büchern, die je geschrieben wurden. Viele Redewendungen und Slogans, nicht zuletzt der Titel des Romans, wurden im alltäglichen Sprachgebrauch übernommen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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