(KARL) GEORG BÜCHNER wurde am 17. Oktober 1813 als eines von sechs Kindern des Arztes ERNST KARL BÜCHNER und dessen Frau CAROLINE LOUISE, geb. REUSS, in Goddelau geboren.
Zunächst wurde er im Lesen, Schreiben und Rechnen von seiner Mutter unterrichtet, sie machte ihn mit HERDERs Volksliedsammlung, dem „Wunderhorn“ von ACHIM VON ARNIM und CLEMENS BRENTANO und den Märchen der Gebrüder GRIMM vertraut. Später besuchte er von 1822 bis 1825 das private Institut des DR. CARL WEITERSHAUSEN und trat 1825 in das humanistische Ludwig-Georgs-Gymnasium ein.
Zu seiner Lieblingslektüre zählten in dieser Zeit Werke der antiken Poesie, SHAKESPEAREs, GOETHEs und JEAN PAULs.
In seiner Zeit am Gymnasium begann er zu schreiben und so entstanden 1929–1930 seine ersten Schriften:
1928 gründete BÜCHNER 15-jährig einen literarischen Primanerzirkel. 1931 verließ er das Gymnasium und begann ein Studium der Medizin an der Straßburger Akademie. Sowohl den Studienort als auch die Studienrichtung hatte sein Vater bestimmt, war doch die naturwissenschaftliche Laufbahn in der Familie die bevorzugte und stimmte auch mit den Neigungen GEORG BÜCHNERs überein, außerdem versprach die Medizin auch einen sicheren Broterwerb. Die Familie BÜCHNER hatte Verwandte in Straßburg, bei denen BÜCHNER anfänglich zur Untermiete wohnte. Später allerdings quartierte er sich bei dem Pfarrer JOHANN JAKOB JAEGLÉ ein und lernte dort seine spätere Braut, die Pfarrerstochter LOUISE WILHELMINE JAEGLÉ kennen. Schon bald verlobte er sich heimlich mit ihr.
In seiner Studentenzeit pflegte BÜCHNER den Kontakt zu protestantischen Theologen und zur politischen Studentenschaft. Im Jahre 1833 verfiel er in eine tiefe Depression und hatte einen Anfall von Hirnhautentzündung. Zu seiner Genesung hielt er sich in Darmstadt auf. 1834 nahm er das Studium wieder auf, beschäftigte sich aber nebenbei mit Philosophie und allgemeiner Naturwissenschaft. Von nun an engagierte er sich stark in der Oppositionsbewegung und schloss sich den revolutionären Kreisen der Gießener Studentenschaft an. Er war einer der Gründer und engagiertes Mitglied der Gießener Sektion der geheimen „Gesellschaft der Menschenrechte“, die den Umsturz der reaktionären Verhältnisse im Großherzogtum Hessen zum Ziel hatte, und entwarf die umstürzlerische Flugschrift „Der Hessische Landbote“.
Textauszug aus dem Hessischen Landboten:
„Friede den Hütten! Krieg den Palästen!
Im Jahr 1834 sieht es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft. Es sieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am 5ten Tage, und die Fürsten und Vornehmen am 6ten gemacht, und als hätte der Herr zu diesen gesagt: Herrschet über alles Getier, das auf Erden kriecht, und hätte die Bauern und Bürger zum Gewürm gezählt.
Das Leben der Vornehmen ist ein langer Sonntag, sie wohnen in schönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider, sie haben feiste Gesichter und reden eine eigne Sprache; Das Volk, aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. Der Bauer geht hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und lässt ihm die Stoppeln.“
(vgl. PDF "Georg Büchner / Friedrich Ludwig Weidig - Der hessische Landbote")
Ende des Jahres 1834 begann er sich auf das Examen vorzubereiten, nebenbei las er aber auch philosophische und historische Lektüre.
Politisch wurden die Zeiten unruhiger, die beginnende industrielle Revolution, die Gründung des Pariser „Bundes der Geächteten“, das Erscheinen eines religionskritischen Werkes von DAVID FRIEDRICH STRAUß und auch BÜCHNERs aktive Mitarbeit in revolutionären Kreisen, führten dazu, dass er wiederholt zu Verhören geladen wurde. Im Januar 1835 begann er mit der Niederschrift von „Dantons Tod“, einem Drama, dessen Handlung zur Zeit der Französischen Revolution spielt. Noch vor der Veröffentlichung musste er jedoch nach Frankreich fliehen, wurde er doch bereits steckbrieflich gesucht, nicht zuletzt auch wegen seiner nur acht Seiten langen, in einer Auflage von 1000 Stück erschienenen reaktionären Flugschrift „Der Hessische Landbote“.
Steckbrief
„Der hierunter signalisierte Georg Büchner, Student der Medizin aus Darmstadt, hat sich der gerichtlichen Untersuchung seiner indicirten Theilnahme an staatsverrätherischen Handlungen durch die Entfernung aus dem Vaterlande entzogen. Man ersucht deshalb die öffentlichen Behörden des In- und Auslandes, denselben im Betretungsfalle festzunehmen und wohlverwahrt an die unterzeichnete Stelle abliefern zu lassen.
Personal-Beschreibung
Alter: 21 Jahre,
Größe: 6 Schuh, 9 Zoll neuen Hessischen Maases,
Haare: blond,
Stirne: sehr gewölbt,
Augenbrauen: blond,
Augen: grau,
Nase: stark,
Mund: klein,
Bart: blond,
Kinn: rund,
Angesicht: oval,
Gesichtsfarbe: frisch,
Statur: kräftig, schlank,
Besondere Kennzeichen: Kurzsichtigkeit“.
Im Juli 1835 erschien die Buchausgabe von „Dantons Tod“ und im Herbst entstand das „Lenz“-Fragment, eine Novelle über den Aufenthalt des Sturm-und-Drang-Dichters JACOB MICHAEL REINHOLD LENZ bei dem Pfarrer JOHANN FRIEDRICH OBERLIN. Trotz mehrfacher Ermunterungen GUTZKOWs, seines Verlegers, blieb das Werk unvollendet. Im April und Mai 1836 hielt BÜCHNER Vorträge vor der Straßburger Naturhistorischen Gesellschaft, zu deren korrespondierendem Mitglied er ernannt wurde. Im Straßburger Exil übersetzte BÜCHNER die Hugó-Dramen „Lucrèce Borgia“ und „Maria Tudor“ für ein Honorar von 100 Gulden.
Seine Mutter und seine Schwester besuchten ihn in Straßburg. Kurz vor seiner Einreise in die Schweiz am 18. Oktober 1836 entstand das verschollene Drama „Pietro Aretino“, dessen Handlung sich mit dem gleichnamigen Renaissanceschriftsteller PIETRO ARETINO beschäftigt. Es ist allerdings bis heute nicht sicher geklärt, ob das Drama wirklich einmal existiert hat oder es sich hierbei nur um eine Legende handelt.
Anfang November 1836 wurde BÜCHNER in Zürich zum Privatdozenten ernannt und hielt eine Probevorlesung „Über Schädelnerven“. Seine erste richtige und zugleich letzte Vorlesung zu Beginn des Wintersemesters hatte den Titel „Zootomische Demonstrationen“ und behandelte die vergleichende Anatomie der Fische und Amphibien. Zeitgleich begann BÜCHNER mit der Arbeit an dem Drama „Woyzeck“ (siehe PDF "Georg Büchner - Woyzeck (Version 1)" und PDF "Georg Büchner - Woyzeck (Version 2)"). Dieses gilt als das erste bedeutende soziale Drama in der deutschen Literaturgeschichte. In den Mittelpunkt des Geschehens rückt statt des idealistischen Helden der von seinem sozialen Milieu bestimmte Mensch. BÜCHNER war bemüht, sowohl sprachlich als auch psychologisch das Milieu der sozialen Unterschicht nachzubilden. Der Soldat Woyzeck wird von BÜCHNER als Opfer der Verhältnisse dargestellt. Das besondere an diesem Drama ist außerdem der Aufbau in Form lose aneinander gereihter Szenen („offene Form“), ganz im Kontrast zum bis dahin üblichen klassischen dramatischen Aufbau. BÜCHNERs „Woyzeck“ wurde zu einem Schlüsselstück der Moderne, auch durch seine Absage an die idealistische Suche nach dem Schönen in der Kunst.
Eine Erkältung zwang BÜCHNER im Januar 1837 zur Unterbrechung der Lehrtätigkeit. Im Februar wurde bei ihm von den Ärzten eine beginnende Typhuserkrankung diagnostiziert, an der am 19. Februar 1837 im Alter von nur 23 Jahren verstarb.
BÜCHNER schied in seiner produktivsten Phase aus dem Leben. Auf dem Totenbett sagte er:
„Hätte ich in der Unabhängigkeit leben können, die der Reichtum gibt, so konnte etwas Rechtes aus mir werden“
und verwies damit selbst auf den sozialen Grund seines frühzeitigen Todes. Seine letzte Ruhestätte liegt in der Nähe von Zürich.
Seit 1923 wurde vom Volksstaat Hessen der Georg-Büchner-Preis an herausragende bildende Künstler vergeben, 1951 wurde er in einen Literaturpreis umgewandelt und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung e.V. übergeben. Der Georg-Büchner-Preis ist heute der angesehenste deutsche Literaturpreis.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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