Die Geschichte von Messer, Gabel und Löffel

Eine alte umgangssprachliche Floskel, wie die vom „Löffel abgeben“ für den Tod eines Menschen, deutet gleichsam die Wichtigkeit des Esswerkzeuges im Zusammenhang mit der menschlichen Existenz an.
Das deutsche Wort Besteck leitet sich von mhd. besteck ab, der Bezeichnung für ein Futteral mit Werkzeug (daraus: Messer und Löffel, später auch Gabel), das man am Gürtel trug oder unter den Gürtel dabei gesteckt hatte.

Besteck als einheitlich gestalteten Satz von Messer, Gabel und Löffel gab es nicht vor 1600. Bis zum 17. Jh. war ein solcher Bestecksatz ein überaus wertvolles Unikat. Später stellte man Serien zu 6, 12 oder mehr Exemplaren des jeweiligen Satzes her. Mit der Industrialisierung im 19. Jh. wurde das Besteck zur Massenware. Noch bis ins 18. Jh. hinein konnte man – abgesehen vielleicht von Esszeremonien in reichen Adelshäusern mit höchster Tafelkultur – nicht selbstverständlich davon ausgehen, vom Gastgeber das nötige Essgerät gestellt zu bekommen. Dies galt auch für Gasthäuser. So erschien es geradezu notwendig, sein Besteck mitzuführen, wenn man zu einem Essen geladen oder auf Reisen war.

Kurioserweise hat sich in Deutschland, statt in Frankreich, dem Land mit der traditionell höchst entwickelten Tafelkultur, ein wirklich eigenständiger Begriff für das Essbesteck herausgebildet. Auch im hochzivilisierten England (cutlery) und in den USA (flatware) umfassen die üblichen Begriffe als Synonyme auch andere ursprünglich vom Messerschmied hergestellte Dinge oder alle flachen Tafelgeräte. Das multifunktional zusammengestellte, größenmäßig genormte „Menübesteck“ ist nicht nur begrifflich ebenfalls eine Erfindung, die der deutschen Rationalität oder Bequemlichkeit geschuldet sein dürfte, aber mittlerweile in vielen Ländern benutzt wird. Die geringer dimensionierten Teile des Menübesteckes sind einfach im Gebrauch praktischer als die langen Messer und Gabeln der traditionellen Tafelbestecke. Bereits um 1900 gab es Bestecksätze mit über 200 Einzelteilen.

Ein ausgewiesener Kenner wie BODO GLAUB bietet in seinem Kölner Spezialgeschäft mehr als fünf Dutzend verschiedene Grundtypen aller wohl nur möglichen Esswerkzeuge vom Apfelmesser bis zum Zahnstocher in den unglaublichsten Varianten an und vermittelt die Herstellung jedes beliebigen Stückes nach einer Mustervorlage. Spezielle Bestecks für besondere Lebensbereiche sind Entwicklungen des 20. Jh.:

  • Campingbesteck,
  • Armeebesteck und
  • Flugzeugbesteck.

Der Kontrast zwischen der gleichzeitigen Existenz nobelster, massivsilberner Besteckunikate und vielfacher Varianten von Wegwerfbestecks aus Kunststoff kennzeichnet ebenfalls die Esskultur der Gegenwart.

Die grundlegenden Essgeräte sind

  • Messer,
  • Gabel und
  • Löffel.

Das Messer weist eine flache, einseitig zum Schneiden geeignete Klinge auf, die mit einem sicher handhabbaren, im Querschnitt meist gerundeten oder ovalen Heft (Griff) verbunden ist.

Der flache Griff der Gabel steht für das so genannte Schiff mit zumeist vier leicht nach oben gebogenen Gabelzinken in Verbindung. Das flächig ausgebildete Schiff gewährleistet besseren Halt für nicht gespießte Nahrungsteile, z. B. Kartoffeln oder Erbsen. Zinken und Schiff bilden die Kelle der Gabel. Die Anzahl der Gabelzinken differiert traditionell, kann aber auch funktional bedingt sein.

An den innerhalb eines Bestecksatzes mit dem Griff der Gabel identischen flachen, relativ langen und leicht geschwungenen Stiel schließt sich die gewölbte, rundspitz endende, ovale Laffe (laffen = schlürfen) des Löffels an. Der Löffel ist das älteste, ausschließlich zur Nahrungsaufnahme bestimmte Gerät. In Tischzuchten des 15. Jahrhunderts wird schon für den gemeinsamen Gebrauch eines Löffels erwähnt, dass er vor dem Weiterreichen abzuwischen sei.

Das Messer erscheint traditionell als ein hauptsächliches Essgerät dem Löffel fast ebenbürtig. Sein Gestaltwandel von einem Werkzeug mit langer, spitzer Klinge, das sowohl dem Zerteilen des Bratens als auch zum Führen mundgerechter Bissen zum Munde diente, bis zur heutigen Form des Tafelmessers mit gebogener Schneide und gerundeter Klingenspitze deutet ebenfalls auf Änderungen des Gebrauches hin.

Schon ERASMUS VON ROTTERDAM wies in einer Schrift von 1530 darauf hin, dass ein Messer keinesfalls mit der Spitze zum Nachbarn oder Gegenüber gerichtet oder gar gereicht werden solle.

Eine Gabel galt im mittelalterlichen Abendland angesichts verhältnismäßig rauer Tafelsitten seit ihrem ersten Auftauchen bei burgundischen Hofmahlen als Kuriosum oder exotisch-exzentrisches Schmuckstück. Scherzhaft, aber nicht ohne wahren Hintergrund hieß es:

„Mit der Gabel ist‘s ‘ne Ehr, mit dem Löffel kriegt man mehr!“

Ihr Gebrauch bei Tisch wurde verlacht oder als unschicklich verurteilt, während sie am Hofe zu Byzanz durchaus übliches Essgerät war. Erst mit der Reformation kam es zum Abgehen vom Aberglauben der Gabel als Teufelsgerät und zur Reduzierung gewisser sinnlich-christlicher Dogmen, z. B. wie CHRISTUS mit den Fingern essen zu müssen. Durchsetzung fand die Gabel allmählich ab der zweiten Hälfte des 16. Jh., als die Esstechnik angesichts aufkommender modischer Kragen- und Ärmelformen bei Hofe und später auch in der bürgerlichen Oberschicht dringend einer Änderung bedurfte.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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