Den Mythos schuf sich der Mensch, um die unerklärbaren Vorgänge um sich herum erklärbar zu machen. Damit schuf er sich eine bildliche Ebene für die Beantwortung der existentiellen Fragen: „Wo komme ich her – wo gehe ich hin?“.
Der Mythos kann die Gegensätze in der menschlichen Gemeinschaft verdeutlichen. Er ist in der Lage, die Schicksalhaftigkeit, das Übermächtige und das Angsterregende menschlichen Seins seiner unheimlichen Kraft zu berauben.
Der Erzähler schildert den Mythos mit Feierlichkeit und Ehrfurcht.
Die Weitergabe von Mythen an die jüngeren Generationen bedeutet immer auch ihre Anpassung an die sich entwickelnde Gesellschaft. Mit der technischen Möglichkeit ihrer Niederschrift kommt es zur Materialisierung der Mythen. Mit ihrer Verschriftlichung werden die Mythen erstmals authentisch. Sie sind bewusst unter Nutzung der überlieferten Vorlage veränderbar, und damit lösen sie sich von ihren Ursprüngen. Sie werden Literatur. In der Literatur werden sie konkretisiert, bleiben jedoch zugleich verallgemeinernd-bedeutsam und symbolhaft. Mythen werden deshalb in der Literatur immer wieder aufgegriffen und abgewandelt.
Beliebte Mythen der griechischen Antike in der Literatur sind:
Biblische Mythen waren und sind vor allem Gegenstand der bildenden Kunst, finden jedoch auch immer wieder Eingang in die Literatur. Beispiele dafür sind:
Germanische Mythen sind u.a. in der Edda (siehe PDF) und im Nibelungenlied (siehe PDF) niedergeschrieben.
Der Übersetzer der älteren und jüngeren Edda, KARL SIMROCK, erläutert im Nachwort zu seinem Werk:
„Als um das Ende des zehnten Jahrhunderts auch in Island das Christentum eingeführt wurde, blieb es durch seine Armut und Entlegenheit vor der Ueberhandnahme des ausländischen Geistes bewahrt. Nach dem fernen kalten Eilande lockte fremde Geistliche kein Anreiz. Seine Priester waren Eingeborene, zwar auch im Auslande in der neuen Glaubenslehre und der Kunst des Schreibens unterrichtet, doch der Liebe zu ihrem einsamen Vaterlande, seiner Sprache, seinen Sitten und Eigentümlichkeiten nicht entwöhnt. Während daher in Deutschland der Glaubenseifer der christlichen Priester und Mönche alle einheimische, mit dem Heidentum verwachsene Bildung auszutilgen beflißen war, wurden Islands Geistliche die Pfleger der volkstümlichen Sprache, Sitte und Ueberlieferung, ja durch die im Ausland erlernte Schreibekunst erst die Gründer der altnordischen Literatur. Die Runenschrift war von sehr eingeschränktem Gebrauch gewesen; nun aber empfingen sie das lateinische Alphabet, in das nur einzelne Runenzeichen zur Bezeichnung eigentümlich nordischer Laute Aufnahme fanden. Bald wurden auch auf Island selbst Schulen gegründet, die älteste zu Skalholt von Isleif dem ersten Bischof Islands.
Eine andere stiftete der berühmte Sämund Sigfusson, wegen seiner Gelehrsamkeit frôdi genannt (geb. 1056 † 1133) auf seinem Erbgute zu Oddi, wo auch Snorri Sturlason (geb. 1178 † 1241) der Verfaßer der Heimskringla, des großen nordischen Geschichtswerks, seine erste Bildung empfing. Dem Sämund wird die Sammlung der Eddalieder zugeschrieben, den Snorri hält man für den Verfaßer der jüngern Edda, letzteres wohl mit Unrecht, ersteres wenigstens ohne Beweis; doch mag damit die frühe Entstehung dieser Sammlung richtig bezeichnet sein. Was hätte der Isländer, sobald ihm die Schreibkunst überliefert war, aufzuzeichnen sich mehr beeilen sollen als diese herlichen Lieder, das Kostbarste, womit ihn die Heimat ausgesteuert hatte? Nächst diesen brachte er nichts aus Norwegen herüber, das durch die Schrift zu feßeln ihm so angelegen sein muste als seine Göttersagen, und damit wird er schwerlich bis zu Snorris Zeit gewartet haben. Doch wir wenden uns einer nähern Betrachtung beider Werke zu“ (SIMROCK, siehe PDF).
Mythen erschafft sich der Mensch immer wieder neu. Modernere Mythen idealisieren den Helden bzw. die Heldin (Che Guevara, Dr. Richard Sorge) oder sie trivialisieren den Helden bzw. die Heldin („Sissi“).
Die Literatur entlehnt dem Mythos das Gleichnishafte bzw. die Grundkonflikte einer Gesellschaft.
Bereits in der griechischen Antike kreisten die literarischen Themen um die überlieferten Mythen:
Bis ins Mittelalter und in die Renaissance hinein spielte der Mythos (als Komplementärbegriff zum griech.-lat. „logos“ - sinnvolles Wort, logisches Urteil/logischer Begriff, menschliche/göttliche/Weltvernunft) in der Theologie und Erkenntnistheorie eine entscheidende Rolle.
Erst in der Zeit der Aufklärung wurde der Mythos lediglich ein Mittel der Auseinandersetzung in Ästhetik und Poetik.
Während der Weimarer Klassik schrieben JOHANN WOLFGANG VON GOETHE und FRIEDRICH VON SCHILLER mythische griechisch-römische Stoffe um und verarbeiteten sie in folgenden Werken:
Auch HEINRICH VON KLEIST beschäftigte sich mit griechischen Mythen:
Die Dichter der Romantik beriefen sich vor allem auf altdeutsche bzw. germanische Mythen („Loreley“ von HEINRICH HEINE). Hier bezog man sich nicht nur auf Figuren, sondern auch auf Landschaften und Flüsse. So wurde der Rhein-Mythos bei ERNST MORITZ ARNDT in „Der Rhein, Deutschlands Strom und Deutschlands Grenze“ wieder reaktiviert. Auch die Märchen in den Sammlungen der Brüder GRIMM widerspiegeln altdeutsche bzw. germanische Mythen. RICHARD WAGNER griff germanische Mythen in seinem Opernzyklus „Ring der Nibelungen“ auf.
Moderne Bearbeitungen mythischer Stoffe legten u. a.
vor.
Stand: 2010
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