116. Athenäums-Fragment

Progressive Universalpoesie

1798 ist das 116. Athenäums-Fragment (siehe PDF "Friedrich von Schlegel - 116. Athenäums-Fragment") mit anderen Fragmenten in der Zeitschrift „Athenäum“ erschienen. Darin formuliert FRIEDRICH VON SCHLEGEL die romantische Poesie als progressive Universalpoesie. Er versteht sie als Vermischung aller Gattungen:

„Sie will, und soll auch Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen“. 
(FRIEDRICH VON SCHLEGEL, vgl. PDF "Friedrich von Schlegel - 116. Athenäums-Fragment")

Die Poesie müsse ein „Bild des Zeitalters werden“.

Progressiv bedeutet hier, offen für neue literarische Formen und Inhalte zu sein.Universalität meint in diesem Zusammenhang die Aufhebung der Grenze zwischen den Gattungen und Künsten.

  • Versöhnung von Mensch und Natur, 
  • Bewusstseinserweiterung,
  • Überwindung aller Grenzen,
  • Poetische Selbstreflexion,
  • Einheit von Literatur und Leben,
  • Vereinigung der Gegensätze.

Beispiele für die progressive Universalpoesie

Seine Vorstellungen davon, was Romantik (und also auch progressive Universalpoesie) für ihn bedeutet, wurden von NOVALIS in seinem „Blüthenstaub-Fragment“ (siehe PDF "Novalis - Blüthenstaub") von 1798 niedergeschrieben:

„Die Fantasie setzt die künftige Welt entweder in die Höhe, oder in die Tiefe, oder in der Metempsychose zu uns. Wir träumen von Reisen durch das Weltall: ist denn das Weltall nicht in uns? Die Tiefen unsers Geistes kennen wir nicht. – Nach Innen geht der geheimnisvolle Weg. In uns, oder nirgends ist die Ewigkeit mit ihren Welten, die Vergangenheit und Zukunft. Die Außenwelt ist die Schattenwelt, sie wirft ihren Schatten in das Lichtreich. Jetzt scheint es uns freylich innerlich so dunkel, einsam, gestaltlos, aber wie ganz anders wird es uns dünken, wenn diese Verfinsterung vorbey, und der Schattenkörper hinweggerückt ist. Wir werden mehr genießen als je, denn unser Geist hat entbehrt.“
(NOVALIS, Blüthenstaub-Fragment 16, vgl. PDF "Novalis - Blüthenstaub")

In seinem Prosawerk „Die Lehrlinge zu Sais“ von 1798/1799 fügte der Dichter nicht nur poetische Texte in seinen Roman ein, sondern reicherte sie mit allerlei Geschichten an, wie es später bei E. T. A. HOFFMANN u. a. in „Die Serapions-Brüder“ und in „Lebensansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern“ üblich wurde.

Aber auch FRIEDRICH SCHLEGELs Roman „Lucinde“ (1799, siehe PDF "Friedrich Schlegel - Lucinde") war als Durchmischung der Gattungen angelegt, was man an den Kapitelüberschriften leicht ersehen kann:

  • „Dithyrambische Fantasie über die schönste Situation“,
  • „Idylle über den Müßiggang“,
  • „Tändeleien der Phantasie“

heißen drei der Beispiele. Daneben nahm SCHLEGEL dramatische Passagen und Strukturen des Briefromans auf. Sein Bruder AUGUST WILHELM schrieb Gedichte (1800) und das Schauspiel „Ion“( 1803), blieb damit aber relativ erfolglos. Er tat sich – ebenso ganz im Sinne der Romantik – als Übersetzer hervor und verfasste von 1809 bis 1811 sein literaturwissenschaftlioches Werk „Über dramatische Kunst und Litteratur“ (3 Bände).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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