Walter Nernst

Die Zeit, in der er lebte

Als NERNST geboren wurde, hatte Europa gerade die Revolutionswelle vom März 1848 überstanden und den Weg in den Kapitalismus beschritten. In den Folgejahren fand die industrielle Revolution in den Ländern England, Frankreich, USA, Deutschland ihren Abschluss.

Als ein neuer Industriezweig entstand der Maschinenbau. Das BESSEMER-Verfahren von 1861, das SIEMENS-MARTIN-Verfahren von 1869 sowie das 1878 eingeführte THOMAS-Verfahren bewirkten große Veränderungen in der Eisenindustrie und ermöglichten die Herstellung neuer und besserer Maschinen.
Wesentliche Veränderungen fanden auch in der Landwirtschaft statt. Dort ging man z. B. zur Fruchtwechselwirtschaft über, nutzte Dampfdreschmaschinen, Dampfpflüge und die von LIEBIG entwickelte künstliche Düngung. Große Veränderungen vollzogen sich im Transport- und Nachrichtenwesen. Das Eisenbahnnetz wurde immer weiter ausgebaut und sorgte mit seinem Bedarf an Eisen und anderen Gütern für starke Impulse auf die industrielle Revolution. Dampfschiffe waren bald alltäglich auf den Wasserstraßen.
In diese Zeit der industriellen und politischen Umwälzungen wurde NERNST geboren. Sicher haben diese Veränderungen sein Lebenswerk beeinflusst.

Studium in Zürich, Graz und Würzburg

WALTER HERMANN NERNST, Sohn eines Landrichters, wurde am 25. Juni 1864 im westpreußischen Briesen geboren. Ab 1883 widmete er sich an den Hochschulen in Zürich, Graz und Würzburg dem Physikstudium. Nach seiner Promotion 1887 in Würzburg kehrte er nach Graz zurück. Noch im gleichen Jahr nahm er eine Stelle als Assistent von WILHELM OSTWALD (1853-1932) in Leipzig an. Hier leistete er einen wichtigen Beitrag zur Festigung und zum weiteren Ausbau der Dissoziationstheorie von ARRHENIUS, die noch stark umstritten war.

1889 setzte er sich in seiner Arbeit mit der Verknüpfung der osmotischen Theorie VAN'T HOFFs und der Dissoziationstheorie auseinander. Er habilitierte damit gleichzeitig und erwarb die Lehrbefugnis.

Verdienstvolle Jahre in Heidelberg, Göttingen und Berlin

In Heidelberg verbrachte NERNST einige Zeit an der Universität und nahm dann am Physikalischen Institut Göttingen eine Stellung als Assistent an. In dieser Stellung brachte er es 1891 zum außerordentlichen und 1894 zum ordentlichen Professor. Außerdem machte er sich hier um den Aufbau eines neuen Instituts verdient, das sich rasch zu einem Zentrum der neuen Wissenschaft der physikalischen Chemie entwickelte.
1905 folgte die Berufung nach Berlin. Wieder machte sich NERNST um den Aufbau eines physikalisch-chemischen Instituts verdient. In den Jahren 1922 bis 1924 wirkte NERNST im Präsidium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und arbeitete als Professor auf Honorarbasis an der Universität Berlin. Hier wurde er 1924 Leiter des Instituts für Experimentalphysik. 1933 zog er sich aus seiner aktiven Arbeit zurück und ging in den Ruhestand.

Vom 3. Hauptsatz der Thermodynamik und anderen wissenschaftlichen Leistungen

NERNSTs Arbeiten in Leipzig führten ihn 1889 zu der nach ihm benannten NERNSTschen Gleichung, mit der ihm die Klärung der Vorgänge an galvanischen Elementen sowie die Berechnung der dabei auftretenden Spannungen gelang. Außerdem konnte er die Ionenbeweglichkeit und den Differenzialkoeffizienten bestimmen, insbesondere bei stark verdünnten Lösungen.

Aus den Jahren 1890/91 stammt der NERNSTsche Verteilungssatz, der für das Verteilungsgewicht eines Stoffs in zwei nicht miteinander mischbaren Lösungsmitteln gilt. In Göttingen untersuchte er, wie die Löslichkeit schwer löslicher Salze beeinflusst wird, wenn gleich-ionige Zusätze beigefügt werden.

1897 ließ er sich seine NERNST-Lampe patentieren. Zur Lichterzeugung dienen bei ihr bestimmte keramische Massen, deren Leitfähigkeit zunimmt, je höher die Temperatur ist. Diese Materialien werden als Heißleiter bezeichnet.

Ab 1900 etwa widmete er sich der Untersuchung von Gasreaktionen unter dem Einfluss hoher Temperaturen. NERNSTs Ziel war es, Ablauf und Gleichgewicht von Reaktionen für jede beliebige Temperatur zu berechnen. Die Berechnung der Gleichgewichtslage und somit die zu erwartende Ausbeute waren für die Technik wichtig und von praktischer Bedeutung.

1906 formulierte NERNST aufbauend auf seinen Messergebnissen den NERNSTschen Wärmesatz, der heute als der 3. Hauptsatz der Thermodynamik bekannt ist. Dieser besagt, dass Arbeit und Reaktionswäme am absoluten Nullpunkt gleich sind und von der Temperatur unabhängig werden. Auch die Entropie von kondensierten Stoffen wird Null. Mit diesem Satz konnte NERNST Reaktionsarbeit und Gleichgewichtskonstante für jede beliebige Temperatur berechnen. Nachdem er die Gültigkeit seines Satzes bewiesen hatte, entwickelte er die hierfür notwendigen Messmethoden und erkannte dabei, dass am absoluten Nullpunkt auch die spezifischen Wärmen gegen Null gehen.

1910 gelang es NERNST, in einem Experiment den Beweis für EINSTEINs Theorie der spezifischen Wärme zu erbringen. Zudem vertrat der schon früh die Quantentheorie, wie sie um 1900 von PLANCK begründet worden war.

1912 arbeitete NERNST über das fotochemische Äquivalent, wie von EINSTEIN postuliert. Dabei stieß er auf das abweichende Verhalten der Chlorknallgasreaktion. Durch die Annahme eines Kettenreaktionsmechanismus gelang es ihm, dieses Problem zu klären.

1920 erhielt WALTER HERMANN NERNST den Nobelpreis für Chemie. Er starb am 19. November 1941 in Ober-Zibelle in der Oberlausitz.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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