Verwertung von Kunststoffen

Kunststoffabfälle ergeben sich auf der gesamten Wertschöpfungskette. Schon bei der Herstellung gibt es Abfälle, weiter bei der Herstellung von Halbzeug (z. B. Rohre) aus dem Polymerisat, dann beim Einbau der Rohre und schließlich am Ende der Nutzungsfrist als „post-consumer“-Abfall im Gewerbe und in Haushalten. Dabei nehmen die Probleme von Sortenvermischung und Verschmutzungsgrad im Verlauf der Nutzungskette zu. Diese Faktoren beeinflussen aber eine mögliche Verwertung der Abfälle.

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Werkstoffliche Verwertung ist die Aufbereitung von Altkunststoffen zu neuen Rohstoffen oder direkt zu neuen Formteilen. Der chemische Aufbau der Makromoleküle bleibt dabei erhalten.

Das Verfahren liefert bei sortenreinen Abfällen aus Produktion oder Verarbeitung vollwertige Rohstoffe. Problematischer ist es, Kunststoffe aus gebrauchten Produkten werkstofflich wiederzugewinnen. Einerseits fallen sie nicht sauber und sortenrein an, andererseits sind die chemischen Strukturen möglicherweise durch Oxidation mit Luftsauerstoff, UV-Strahlung oder Wärmebelastung geschädigt. Dies schränkt die Qualität des gewonnenen Rohstoffs und damit der daraus gefertigten Produkte erheblich ein und macht sie aufgrund des hohen Aufwands bei der Wiederverwertung auch noch teurer.
Grundbedingung für die werkstoffliche Wiederverwertung ist ein funktionierendes System für Erfassung und Sortierung der Altkunststoffe. Im industriellen Maßstab ist dies oft sortenrein (etwa bei PVC-Fensterprofilen) oder sortenähnlich (gleichartige Stoffgruppe z. B. PE) möglich. Die Verbraucher finanzieren in Deutschland das Sammelsystem für Verpackungen im Haushaltsbereich über den Grünen Punkt.

Rohstoffliche Verwertung

Rohstoffliche Verwertung ist die Umwandlung von Kunststoffen in niedermolekulare Produkte (Monomere oder hochwertige Öle und Flüssiggas), die als Ersatz für fossile Rohstoffe (Erdöl, Kohle oder Erdgas) zum Einsatz kommen.

Input: Kunststoffabfall

Output: Gas oder Pyrolyseöl

Dort, wo die werkstoffliche Verwertung nicht möglich ist, insbesondere wenn es sich um Produkte unterschiedlicher Zusammensetzung handelt, versucht man, die niedermolekularen Bestandteile der Kunststoffe als Rohstoffe zurückzugewinnen.

Solvolytische Verfahren, bei denen Polykondensate oder Polyurethane durch ein geeignetes Lösungsmittel gespalten werden, führen zu Monomeren. Beim Einsatz im Hochofenprozess anstelle von Schweröl liefert der Kunststoffabfall Kohlenstoffmonooxid zur Reduktion von Eisenoxiden.
Thermische Verfahren (Pyrolyse und Hydrolyse – auch Hydrocracken, bzw. spaltendes Hydrieren genannt) liefern Kohlenwasserstoffgemische.

Pyrolyse

Bei der Kunststoff-Pyrolyse (pyr = Feuer, lyein = lösen) werden die Kunststoffe bei Temperaturen zwischen 400 °C und 800 °C unter Sauerstoffausschluss (Luftausschluss) zersetzt. Dabei wird der Kunststoff nicht verbrannt, sondern in petrochemische Stoffe zerlegt, wie sie auch aus Rohöl gewonnen werden können. Es entsteht ein hoch reines Heizgas, das, mit Erdgas verschnitten, im Haushalt verwendet werden kann, sowie ein Pyrolyseöl.
Aus einem Gemisch von Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polystyrol (PS) im Verhältnis 3:1:1 entstehen beispielsweise 40 bis 60 Prozent Gas (Methan, Ethan, Ethen, Propen) und bis zu 50 Prozent Pyrolyseöl, eine Mischung aus Leichtbenzin und Steinkohlenteer.

Die Erzeugung der Produkte ist aber auf der Basis von Rohöldestillaten deutlich einfacher und kostengünstiger, sodass die Pyrolyse von Kunststoffabfällen bisher technisch nicht genutzt wird.

Energetische Verwertung

Energetische Verwertung ist die Verbrennung mit dem Ziel der energetischen Nutzung bei gleichzeitiger Zerstörung umweltschädlicher Stoffe und Abscheidung problematischer Substanzen im Verbrennungsrückstand.

Bei der Entsorgung von Altkunststoffen bleibt trotz aller Anstrengungen ein erheblicher Anteil übrig, der aus technischen, wirtschaftlichen oder auch ökologischen Gründen weder werk- noch rohstofflich verwertbar ist. Polymere sind jedoch sehr energiereiche Verbindungen, da die bei ihrer Produktion aufgewandte Energie in erheblichem Umfang in Form von chemischer Energie gespeichert ist.
Für duroplastische Kunststoffe und Elastomere ist die energetische Verwertung derzeit praktisch die einzige Methode. Ein Problem stellen jedoch die bei der Verbrennung der Kunststoffabfälle entstehenden umweltschädlichen Stoffe dar.

Moderne Filteranlagen absorbieren die bei der Verbrennung von halogenhaltigen Kunststoffen entstehenden sauren Gase (Fluor-, Chlor- bzw. Bromwasserstoff). Thermisch stabile Metallsalze verbleiben in der Schlacke, andere werden durch nachgeschaltete Wäscher weitgehend absorbiert. Die Konzentration organischer Gifte wie Dioxine und Furane wird in modernen Anlagen auf < 0,1 ng/m3; Abgas reduziert.
Die Verbrennung erfolgt im wesentlichen in Industriefeuerungen, in Öfen der Zementindustrie, wo ein Teil der Schadstoffe dauerhaft in die Zementmatrix eingebunden wird, und ist in Hausmüllverbrennungsanlagen zur Brennwertverbesserung erforderlich.

Zukunftsperspektiven

Unter ökologischen und ökonomischen, d.h. ökoeffizienten Gesichtspunkten ist ein Verwertungsmix, bestehend aus allen drei Verwertungsverfahren – werkstofflich, rohstofflich, energetisch – am sinnvollsten, um optimale Ressourcenschonung bei niedrigen Gesamtkosten zu erzielen, schließlich stehen alle Recyclate in Konkurrenz zu Neuprodukten.

Bei der Konstruktion von Werkstücken achtet man in zunehmendem Maße auf die Wiederverwertbarkeit. So werden in Autos demontagefreundliche Kunststoffbauteile (Sollbruchstellen, Schnappverschlüsse) eingesetzt, um die Kosten bei der Aufarbeitung zu senken. Für elektronische Geräte wie Computer aus vielen unterschiedlichen Bauteilen gibt es bisher noch keine zufriedenstellende Lösung.

Die Entwicklung biologisch abbaubarer Kunststoffe macht Fortschritte. Folien auf Stärkebasis dienen als Verpackungsmaterial, sie werden unter natürlichen Bedingungen durch Mikroorganismen zersetzt. Andere Polymere sind UV-anfällig, und zerfallen unter Lichteinwirkung.

Das Verwertungssystem

Die Erfassung und Verwertung von Kunststoffabfällen wird in der BRD vom Dualen System Deutschland betrieben. Neben dem DSD gibt es aber auch zahlreiche andere Unternehmen, die ein unterschiedliches Spektrum an Abfällen erfassen und verwerten.

Die Verwertungsquote für Kunststoffabfälle aus dem Haushaltsbereich liegt damit in Deutschland bei 95 %. Auch in anderen Ländern hat dieses Beispiel Schule gemacht, in der Europäischen Union gibt es in 25 Ländern derartige Sammelsysteme.

Hohe Verwertungsquoten gibt es aber nur in den 9 Ländern Europas, in denen ein Verbot besteht, Kunststoffabfälle auf Deponien abzulagern. So erreicht man in der Schweiz, Dänemark, Schweden und Österreich je > 90 % sowie in Belgien, Norwegen, Holland und Luxemburg je > 80 % Verwertung der Abfälle. In den anderen Ländern ist die Verwertung deutlich geringer. Insgesamt liegt die Quote in Europa bei 50 % (Stand 2008).

Verwertung von Kunststoffabfällen in der BRD

Verwertung von Kunststoffabfällen in der BRD

Übersicht über die Verwertung von Kunststoffabfällen

Übersicht über die Verwertung von Kunststoffabfällen

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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