- Lexikon
- Chemie
- 7 Chemisch-technische Prozesse
- 7.2 Prozesse zur Gewinnung anorganischer Stoffe
- 7.2.1 Technische Herstellung von Eisen und Stahl
- Technische Arbeitsprinzipien - Der Hochofen
Die Wirtschaftlichkeit des Hochofenprozesses hängt in erheblichem Maße von der Verfügbarkeit und Qualität der Rohstoffe (Eisenerze, Koks, Zuschläge und Luft) ab. Hochöfen werden also bevorzugt dort betrieben, wo reichhaltige Eisenerz- oder Kohlevorkommen zu finden sind bzw. zumindest in früheren Zeiten zu finden waren.
Ökonomische und ökologische Zwänge erfordern auch eine möglichst vollständige Nutzung aller Stoffe. Auf den Hochofenprozess bezogen heißt das auch, dass neben dem Hauptprodukt Roheisen sowohl die Hochofenschlacke als auch das Gichtgas als Nebenprodukte einer weiteren sinnvollen Verwendung zugeführt werden.
So besteht Gichtgas zu besteht zu 55-60% aus Stickstoff, zu 6-12% aus Kohlenstoffdioxid, zu 2-4% aus Wasserstoff und zu 28-33% aus Kohlenstoffmonooxid. In geringen Anteilen ist auch Methan enthalten. Insbesondere aus umwelttechnischer Sicht ist es nicht zu verantworten, dieses Gichtgas einfach abzufackeln, wie es früher des Öfteren der Fall war. Es kann als Energieträger verwendet werden (Heizwert ca. 3,35 bis 3,75 ) und entweder direkt zur Erzeugung der Heizluft für den Hochofenprozesse oder auch zur Stromerzeugung eingesetzt werden.
Jedoch sind bei chemisch-technischen Prozessen nicht nur möglichst geschlossene Kreisläufe wichtig, mittlerweile findet der Umweltgedanke auch bei der Gewinnung der Rohstoffe zunehmend Eingang in die Bewertung der Verfahren. So müssen beispielsweise die Eisenerze und die Steinkohle für die Roheisenherstellung bergmännisch abgebaut werden. Insbesondere für die Nutzung von Steinkohlelagerstätten auf dem Gebiet der BRD gibt es strenge Vorschriften. Ein Abbau wird nur genehmigt, wenn Wege zur Renaturierung aufgezeigt werden, obwohl dadurch höhere Kosten entstehen. Bei langfristiger Betrachtung sieht die wirtschaftliche Gesamtbilanz oft aber viel günstiger aus, da auch andere Faktoren, wie beispielsweise Klimaänderungen und deren (auch finanzielle) Folgen in diese Betrachtung einbezogen werden müssen.
Diese langfristige Betrachtung ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Aspekte wird unter dem Begriff Nachhaltigkeit zusammengefasst. Beim sogenannten Nachhaltigkeitsprinzip wird verstärkt dem Umweltgedanken Rechnung getragen, d. h. Stoffe und Ressourcen nur sparsam verbraucht. Das Hauptziel besteht darin, auch unseren Nachfolgegenerationen eine Nutzung der uns zur Verfügung stehenden Ressourcen (Rohstoffe, Energie, Umwelt) zu ermöglichen. Dieses Ziel ist natürlich nicht für jeden einzelnen chemisch-technischen Prozess zu realisieren, aber ein ressourcenschonender Umgang mit Stoff- und Materialströmen ist ein wesentlicher Beitrag dazu.
Diesem Ziel dienen letztlich auch die Anwendung der folgenden Arbeitsprinzipien im Hochofenprozess, die hauptsächlich den Energieverbrauch bei technischen Prozessen senken:
Roheisengewinnung im Hochofen
Die Zufuhr von Feststoffen (Eisenerz, Koks, Zuschläge) erfolgt von oben über die Gicht. Sie bewegen sich, bedingt durch den Schmelzvorgang im unteren Bereich des Hochofens im Laufe des Prozesses von oben nach unten.
Die Heißluft (sie enthält den benötigten Sauerstoff) wird von unten in den Hochofen eingeblasen und steigt nach oben.
Durch diesen stofflichen Gegenstrom erfolgt eine besonders gute Durchmischung der Ausgangsstoffe. So kommen sie besser in Kontakt und können schneller und vollständiger miteinander reagieren.
Im Hochofen erfolgt ein stofflicher Gegenstrom.
An den stofflichen Gegenstrom ist der thermische Gegenstrom geknüpft, denn die Stoffe weisen unterschiedliche Temperaturen auf, wenn sie dem Hochofen zugeführt werden bzw. ihn verlassen. Daher kommt es zu einem Wärmeaustausch zwischen den Stoffen.
Die Heißluft im unteren Bereich wird beim Aufsteigen zusätzlich durch die heiße Schlacke und das flüssige Roheisen erwärmt. Dabei erfolgt gleichzeitig eine gewisse Abkühlung dieser Reaktionsprodukte.
Gelangen die heißen Gase in den oberen Bereich (in die Vorwärmzone) geben sie nun die Wärme an die von oben zugeführten kalten Stoffe (Eisenerz, Koks, Zuschläge), die so auf die nötige Reaktionstemperatur gebracht werden. So sinkt das Innere des Hochofens nie unter eine kritische Temperatur.
Bei vielen chemischen Reaktionen muss eine Erwärmung des Reaktionsgefäßes erfolgen, damit die Reaktion beginnt bzw. bei endothermen Reaktionen ist eine ständige Energiezufuhr nötig. Der Hochofen ist jedoch eine sehr große „Apparatur“, die man nur schwer von außen erhitzen kann. Für die meisten Prozesse im Hochofen ist aber eine hohe Temperatur nötig. Insbesondere die Reduktion von Eisenoxiden erfolgt erst bei 800 - 1000°C. Zudem ist auch für einige physikalische Prozesse die Zufuhr von Energie nötig.
Energetisch möglich wird der Hochofenprozess durch die Kopplung endothermer und exothermer Prozesse . Dabei liefern exotherme chemische Reaktionen die Energie für endotherme Reaktionen und physikalische Prozesse und erzeugen die notwendige Temperatur im Hochofen. So ist beispielsweise die Reaktion von Kohlenstoff mit Sauerstoff im unteren Bereich des Apparates stark exotherm.
Die abgegebene Energie reicht aus, um beispielsweise die Reaktion von Kohlenstoff mit Kohlenstoffdioxid zur Bildung des Reduktionsmittels zu ermöglichen.
Auch wenn die Reaktionen von Eisenoxiden mit dem Reduktionsmittel Kohlenstoffmonooxid oft leicht exotherm sind, muss trotzdem Energie zur Aktivierung der Ausgangsstoffe zugeführt werden.
Außerdem ist auch für Aggregatzustandsänderungen (Schmelzen des Eisens und der Schlacke) eine Wärmezufuhr nötig.
Durch den stofflichen Gegenstrom wird auch ein thermischer Gegenstrom realisiert.
Einmal in Gang gesetzt arbeitet der Hochofen ohne Unterbrechung - bis zu 20 Jahre lang. Es wäre auch viel zu teuer und außerdem Energieverschwendung, den Hochofen, der im Inneren eine Temperatur von bis zu 2 000 °C aufweist, abzuschalten und auskühlen zu lassen. So laufen die chemischen Reaktionen im Hochofen ständig ab. So etwas bezeichnet man als kontinuierliche Arbeitsweise .
Allerdings erfolgt die Entnahme des Roheisens und der Schlacke in bestimmten Abständen. Dieser sogenannte Abstich wird demnach diskontinuierlich vorgenommen, weil es günstiger ist, den Apparat an der Stelle erst zu öffnen, wenn sich eine ausreichende Menge an Reaktionsprodukten angesammelt hat.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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