Sprengstoffe

Explosionsfähige Stoffe

Eine Vielzahl chemischer Stoffe sind explosiv oder explosionsfähig, darunter viele organische Verbindungen. Diese Stoffe sind aber keineswegs alle gefährlich oder gar verboten. Viele werden nicht einmal als Explosivstoff hergestellt, sondern sind Zwischenprodukte der chemischen Industrie zur technischen Weiterverarbeitung z. B. in der Pharmazie.

Physikalisch gesehen ist die Explosion die mechanische Wirkung eines plötzlichen Druckanstiegs, der als Folge einer sogenannten Deflagration oder Detonation eines Explosivstoffs auftritt. Die oft stoßartig wirkende Druckwelle ergibt sich nach der idealen Gasgleichung aus der Freisetzung großer Mengen heißer Gase in kurzer Zeit.

Übersicht einiger explosionsfähiger Stoffe

Übersicht einiger explosionsfähiger Stoffe

Explosivstoffe enthalten meist disponiblen Sauerstoff, der die verbrennbaren Bestandteile des Moleküls bzw. die brennbare Komponente oxidiert. Dabei wird sehr schnell viel Wärme und Gas frei, sodass es meist zu einer unkontrollierbaren Kettenreaktion kommt. Der Sauerstoff ist oft an ein Stickstoffatom (z. B. Nitrat, Nitratverbindung) oder an ein Chloratom (Chlorate, Perchlorate) gebunden. Entscheidend ist die Sensibilität gegenüber Wärme, Stoß, Reibung oder Funken.

Für Explosivstoffe gibt es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Sie werden nicht nur für gewerbliche (Straßen- und Tunnelbau, Bergbau) und militärische Zwecke genutzt, sondern auch als seismische Sprengstoffe in der Geologie, als Raketentreibstoff, als Zündmittel und in pyrotechnischen Erzeugnissen verwendet.
Der Umgang mit Explosivstoffen ist an eine Reihe gesetzlicher Verordnungen und Vorschriften gebunden.

Geschichte der Explosivstoffe

Geschichtlich lässt es sich nicht genau datieren, wann der erste Explosivstoff erfunden wurde. Wahrscheinlich wurden die ersten explosionsfähigen Stoffe im 12. Jahrhundert in China hergestellt.

Es entstanden Stoffgemische, die die seit dem Altertum (5. Jh. v. Chr.) für kriegerische Zwecke genutzten Brandsätze aus „Pech und Schwefel“ enthielten, denen noch Nitrate zugesetzt wurden. Im 13. Jh. wird über schwarzpulverähnliche Gemische berichtet. In Europa entdeckte der Mönch BERTHOLD SCHWARZ in der 2. Hälfte des 13. Jh. die explosive Wirkung von einem Gemisch aus 75% Kalisalpeter, 15 % Kohlepulver und 15 % Schwefel: das spätere Schwarzpulver war entdeckt. Seit dem 14. Jh begann die große Zeit der Schusswaffen. Für diese blieb bis ins 19. Jh das Schwarzpulver das einzige Treibmittel.

Die gewerbliche Nutzung begann um 1620 mit ersten Sprengladungen in Erzbergwerken und Steinbrüchen.
1846 wurden einige bedeutende Sprengstoffe entdeckt. Dazu gehört der als Schießbaumwolle bezeichnete Salpetersäureester der Cellulose (Cellulosenitrat). Im gleichen Jahr wurde auch die Synthese von Glyeroltrinitrat, dem Salpetersäureester des Glycerols, erstmals beschrieben. Es handelt sich bei dem umgangssprachlich als Nitroglycerin bezeichneten Sprengstoff um eine ölige, geruchlose, schwach gelbe Flüssigkeit, die unter normalen Temperaturen unzersetzt haltbar ist. Bei rascher und plötzlicher Erhitzung, bei Erschütterung, Schlag oder Stoß explodiert der Stoff sofort.
Infolge der vielen Unfälle beim Umgang mit Glyceroltrinitrat konnte der Sprengstoff trotz seiner hohen Sprengkraft kaum praktisch genutzt werden. Dies änderte sich erst um 1866, als ALFRED NOBEL (1833-1896) ein geegnetes Absorptionsmittel fand, das nicht mit Glyceroltrinitrat reagierte und es somit sicher handhabbar machte. NOBEL verwendete Kieselgur, ein zumeist aus amorphem (nichtkristallinen) Siliciumdioxid (SiO2) bestehendes Material. Der als Dynamit bezeichnete Sprengstoff, der 1867 patentiert wurde, bestand zu ca. 75 % aus Glyceroltrinitrat und ca. 25 % Kieselgur und ein wenig Soda (Natriumcarbonat).
Die Empfindlichkeit in feuchten Umgebungen führte zu einer Weiterentwicklung, der Sprenggelatine. Dafür löste NOBEL das Glyceroltrinitrat in Collodium, einer viskosen Lösung von Cellulosenitrat in Ethanol/Ether. So erhielt er einen wasserbeständigen gallertartigen Explosivstoff, der auch für Sprengungen unter Wasser eingesetzt werden konnte.

Später wurden Sprengstoffe auf Ammoniumnitratbasis entwickelt, die deutlich billiger und sicherer zu handhaben sind. Doch auch im Umgang mit Ammoniumnitrat kam es zu schweren Unfällen. Eine schreckliche Katastrophe war die Explosion einer Düngemittelfabrik in Oppau 1921. Dort wurde routinemäßig ein fest gewordenes Düngergemisch aus Ammoniumnitrat und -sulfat mit Dynamit gelockert. Dabei kam es zu einer Initialzündung, die einen der größten Chemieunfälle der Geschichte verursachte.

Ammoniumnitrat war schon länger bekannt; es zersetzt sich bei höheren Temperaturen. Heute wird der größte Teil des Ammoniumnitrats für die Düngemittelherstellung verwendet. Mischsprengstoffe auf Ammoniumnitratbasis sind noch als Sicherheitssprengstoffe z. B. im Bergbau im Einsatz.

Seit 1891 wird in Deutschland der Sprengstoff TNT industriell hergestellt. Der systematische Name für den kristallinen Feststoff, der sich oberhalb 300 °C zersetzt, lautet 2,4,6-Trinitrotoluen oder nach der IUPAC-Nomenklatur 2-Methyl-1,3,5-Trinitrobenzen. TNT ist der wichtigste Sicherheitssprengstoff, der nur durch Initialzündung – nicht jedoch durch Feuer oder Hitze – zum Detonieren gebracht werden kann. Aufgrund der hohen Herstellungskosten wird er vornehmlich in der Waffentechnik, z. B. als Gefechtsladung von Granaten, Bomben und Minen, verwendet.
Die Sprengkraft von TNT ist zum Maßstab der Stärke von anderen Sprengkörpern geworden. Das TNT-Äquivalent ist eine nicht SI-konforme Maßeinheit für die bei einer Explosion oder vergleichbaren Ereignissen wie Meteoriteneinschlägen frei werdende Energie.

Friedlicher Einsatz von Explosivstoffen

Im Alltag begegnen uns Explosivstoffe nicht nur zu Silvester. Bei jeder Autofahrt sorgt ein mit einem Treibsatz ausgerüsteter Airbag für unsere Sicherheit. Grundsätzlich funktioniert der Airbag nach folgendem Prinzip: Crashsensoren melden einen Unfall an ein Steuergerät. Dieses veranlasst die Zündung des Treibsatzes, der bei älteren Fahrzeugen aus einem Gemisch aus Natriumazid und Kaliumnitrat besteht. Dadurch werden in 10-30 ms ca. 100 l Gas freigesetzt und ein Kissen aus Kunstfasergewebe wird aufgeblasen.

Über 90 % des jährlichen Weltsprengstoffbedarfs werden für Sprengungen im Bergbau, Tagebau, Tunnelbau, Straßenbau oder beim Abriss von Gebäuden verwendet. Im Bergbau erlangte die Sprengtechnik seit der ersten dokumentierten Anwendung um 1630 eine immense Bedeutung. Es gibt vereinzelte Hinweise darauf, dass zum Schürfen schon im 16. Jahrhundert z. B. in Italien Schwarzpulver verwendet wurde. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts blieb Schwarzpulver der wichtigste Sprengstoff der Bergleute. Heute sind hauptsächlich Dynamit, Schießbaumwolle, Sprenggelatine und TNT im Einsatz.

Initialsprengstoffe

Initialsprengstoffe werden auch Zündsprengstoffe genannt. Sie wirken bereits in kleinen Mengen von Zehntel oder Hundertstel Gramm.
Sie sollen größere Mengen an trägeren Explosivstoffen zur Detonation bringen. Sie sind äußerst empfindlich gegen Reibung, Stoß, Schlag und Hitze. Sie bringen den eigentlichen Sprengstoff zur Explosion. Beispiele: Knallquecksilber (Quecksilberfulminat), Azide z.B. Bleiazid ( P b ( N 3 ) 2 ) , Silberazid ( A g N 3 ) oder Mannitolhexanitrat.

Pyrotechnik

Feuerwerkskörper sind pyrotechnische Erzeugnisse, die ebenfalls zu den Explosivstoffen zählen.
Sie enthalten Stoffgemische (pyrotechnischer Satz), deren Energie für Licht-, Rauch-, Schall-, Druck-, Bewegungs- oder Heizwirkungen ausgenutzt wird. So kann man u. a. Leuchtsätze, Pfeifsätze, Rauch- und Knallsätze unterscheiden. Hauptbestandteil der Stoffgemische sind Nitrate, Chlorate, Oxide, Peroxide und Perchlorate, die allesamt als Oxidationsmittel dienen. Ebenfalls sind Stoffe enthalten, die die Brennbarkeit des Satzes erhöhen (z. B. Phosphor, Schwefel) und andere, die die Flamme färben (z. B. Lithium).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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