- Lexikon
- Chemie
- 1 Die Chemie - eine Naturwissenschaft
- 1.3 Das Experiment
- 1.3.1 Grundlagen
- Richard Adolf Zsigmondy
Das 19. Jahrhundert war ein Jahrhundert großer Veränderungen. Das betraf nicht nur die politischen, sondern auch die wirtschaftlichen Verhältnisse in Europa.
Industrie und Wissenschaft entwickelten sich rasend schnell. Viele neue Wissenschaftszweige entstanden. Auch in der Chemie entdeckte man zunehmend neue Gesetzmäßigkeiten und Zusammenhänge.
Die Erforschung des Atombaus und die Systematisierung der bekannten Elemente begann.
Die industrielle Revolution, die schon in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in England begonnen hatte, wurde nun auch in Europa spürbar. Als neuer Industriezweig entstand der Maschinenbau, welcher Drehbänke, Bohrmaschinen und Pressen herstellte. Die Zahl der Kokshochöfen wuchs und neue Verfahren wurden entwickelt. Großstädte und Industriezentren mit Großbetrieben entstanden.
Das BESSEMER-Verfahren von 1861, das SIEMENS-MARTIN-Verfahren von 1869, sowie das 1878 eingeführte THOMAS- Verfahren bewirkten große Veränderungen in der Eisenindustrie und ermöglichte die Herstellung neuer und besserer Maschinen.
GAUß, WEBER und MORSE (Morsealphabet) legten mit ihren Erfindungen den Grundstein für die elektrische Telegrafie.
WERNER VON SIEMENS, der Bruder von AUGUST FRIEDRICH VON SIEMENS, entwickelte die Kabelisolation sowie die industrielle Fertigung derselben, durch welche die elektrische Übermittlung von Nachrichten möglich wurde.
1851 wurden das erste Seekabel zwischen England und Frankreich und 1866 das erste Tiefseekabel verlegt.
1866 folgte die Entwicklung des elektrodynamischen Prinzips durch WERNER VON SIEMENS. Dadurch wurde es möglich, elektrischen Strom durch Hochspannungsleitungen zu führen (ab 1882).
THOMAS EDISON erfand die Glühbirne.
Mit diesen wichtigen Erfindungen und Entwicklungen entstand auch ein neuer Industriezweig, die Elektroindustrie, welche Elektromotoren, Dynamomaschinen, Kabel, Schaltanlagen, Glühlampen usw. herstellte. Höhepunkt dieses Siegeszuges der Elektrotechnik war damals die Entwicklung der ersten elektrischen Lokomotive.
Ab 1885 entwickelte sich die Automobilindustrie, wobei CARL BENZ das erste Automobil mit einem Gasmotor betrieb. Der erste Dieselmotor war 1897 serienreif. 1903 gingen das erste Motorflugzeug und 1910 das erste Fluggastluftschiff in die Luft.
In den Naturwissenschaften wurden u. a. Entdeckungen (Jahreszahl gibt Verleihung des Nobelpreises an) gemacht, die auch für RICHARD ADOLF ZSIGMONDY von Bedeutung waren, z. B.:
RICHARD ADOLF ZSIGMONDY wird am 01.04.1865 in Wien geboren.
Sein Vater, Doktor ADOLF ZSIGMONDY, ein Zahnarzt, hatte maßgeblich zur Entwicklung der Zahnmedizin in Österreich beigetragen. Er erfand chirurgische Instrumente und Vorrichtungen und veröffentlichte wissenschaftliche und medizinische Arbeiten.
Durch ihn wurde das Interesse seiner vier Kinder an den Naturwissenschaften schon früh geweckt.
Er starb, als Zsigmondy nur 15 Jahre alt war.
Schon während seiner Schulzeit in Wien befasste sich ZSIGMONDY mit Chemie und Physik.
Er studierte die Bücher: „Lehrbuch der Chemie“ von STOECKHARDT und Lehrbücher von ROSCOE, SCHORLEMMER und BERZELIUS und erprobte viele der dort aufgeführten Experimente in seinem eigenen kleinen „Labor“ zu Hause.
Nach Beendigung seiner Schulzeit begann ZSIGMONDY an der medizinischen Fakultät in Wien bei Professor E. LUDWIG zu studieren. Sein Hauptgebiet in Wien war die quantitative Analyse.
Von der medizinischen Fakultät wechselte er an die Technische Hochschule in Wien und setzte sein Studium ab 1887 in München fort.
Dort belegte ZSIGMONDY das Fach organische Chemie bei Professor W. VON MILLER.
Nach seiner Promotion blieb er als Assistent von Professor VON MILLER zuerst in München und wechselte anschließend als Assistent zu Professor KUNDT nach Berlin.
Ab 1893 arbeitete, lehrte und forschte RICHARD ADOLF ZSIGMONDY an der Technischen Hochschule in Graz. Dort beschäftigte sich der junge Wissenschaftler mit der Erforschung der Herstellung von Farben und Glasuren für Glas und Porzellan.
Dies führte dazu, dass er auf die damals noch unerforschten Eigenschaften kolloidaler Flüssigkeiten aufmerksam wurde.
Seine Arbeiten zur industriellen Glasherstellung brachten Kontakte zu den Glaswerke
n „Schott &a
mp; Gen.“ in Jena mit sich und so nahm ZSIGMONDY 1897 eine Stelle bei diesem Unternehmen in Jena an.
Bis 1900 blieb er bei den Glaswerken. Danach verließ er das Unternehmen, um seine Forschungen ausweiten zu können und arbeitete als Privatgelehrter in Jena.
1903 erfand ZSIGMONDY gemeinsam mit H. F. W. SIEDENTOPF das Ultramikroskop.
1907 wurde RICHARD ADOLF ZSIGMONDY als Professor und Direktor an das Institut für anorganische Chemie an der Universität von Göttingen berufen, wo er bis zu seinem Ruhestand im Februar 1929 blieb.
1918 erfand der Wissenschaftler den Sterndialysator und den Membranfilter und 1922 den Ultramembranfilter.
Insbesondere in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg wurde das Arbeiten an diesem Institut schwierig, da es an den grundlegenden Chemikalien und Geräten mangelte. Trotzdem gaben ZSIGMONDY und seine Kollegen nicht auf, sondern forschten weiter.
Sie untersuchten die Eigenschaften von Kolloide
n, z. B. deren Lichtstreuung und heterogene Natur solcher Lösungen. ZSIGMONDY fand grundlegende Methoden zur Herstellung kolloidaler Lösungen und veröffentlichte ein „Lehrbuch der Kolloidchemie“. Er förderte seinen Schüler und Schwiegersohn, Dr. ERICH HUCKEL, bei der Veröffentlichung des Werkes „Kolloidforschung in Einzeldarstellungen“.
1925 erhielt der Wissenschaftler für seine Erkenntnisse auf dem Gebiet der Kolloidchemie den Nobelpreis für Chemie.
RICHARD ADOLF ZSIGMONDY starb am 23.09.1929 in Göttingen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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