Polyurethane

Urethane sind Amide der Kohlensäure. Sie werden in einer Polyadditionsreaktion gebildet, bei der Urethanbrücken (-NH-CO-O-) zwischen Diisocyanaten und Diolen gebildet werden. Dabei wird die Hydroxy-Gruppe an die Isocyanat-Gruppe (-N=C=O) addiert, und zwar ausschließlich an die Kohlenstoff-Stickstoff-Bindung. Das Wasserstoffatom wandert anschließend vom Sauerstoffatom der Hydroxy-Gruppe zum Stickstoffatom der Isocyanat-Gruppe.

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Durch Variation der Reaktionsbedingungen bei der Polyaddition kann man Polyurethane mit unterschiedlicher Struktur und dementsprechend mit unterschiedlichen Eigenschaften erhalten, die vielseitig einsetzbar sind.
Je nach verwendeten Ausgangsstoffen erhält man unterschiedlich vernetzte Polyurethane: Setzt man ein Diol und ein Diisocyanat als Monomere ein, so entstehen lineare Polyurethane. Wenn mindestens eine der Komponenten drei funktionelle Gruppen aufweist, wie das z. B. beim Glycerin der Fall ist, werden räumlich vernetzte Duromere gebildet. Polyurethane eignen sich daher für die Herstellung von Schaumstoffen, Elastomeren, Lacken, Klebstoffen, Fasern und vielen anderen Dingen. Als Isocyanat-Komponente werden hauptsächlich die isomeren Diisocyanate desToluens sowie das 1,6-Hexan-Diisocyanat eingesetzt.

Ob weich, hart, offen- oder geschlossenporig, sogar mit einer Porengröße nach Wunsch können sie gefertigt werden, all das abhängig von der Beschaffenheit und dem Mengenverhältnis der eingesetzten Monomere.

Hautnah spürt jeder von uns die Vorteile dieser Werkstoffe, etwa wenn man an die hochabriebfeste Schuhsohle denkt, die direkt an den Schaft des Sportschuhs geschäumt wurde oder an die Funktionsjacke mit der mikroporösen, atmungsaktiven wasserdichten PU-Beschichtung. Überhaupt sind die Polyurethane aus der Welt des Sports nicht mehr wegzudenken, sei es für die Konstruktion eines Bootsrumpfes, den Kern eines Skis, dem der PU-Schaumstoff erst die erforderliche Dämpfungseigenschaft bei geringem Gewicht verleiht, oder den Hightech-Fußball, dessen präzise Flugbahn erst durch eine Oberfläche aus Millionen von elastischen, gasgefüllten Mikrokügelchen auf PU-Basis sichergestellt wird.

Polyurethanschäume

Polyurethanschäume lassen sich grob in drei Gruppen einteilen, Weichschäume, Integralschäume und Hartschäume. Es gibt zum Aufschäumen kein Treibmittel, das alle günstigen Eigenschaften der früher verwendeten Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) in sich vereinigt. Aus ökologischen Gründen mussten selbstverständlich alternative Treibmittel entwickelt werden, denn die FCKWs gelangen unverändert in die Stratosphäre und spalten dort – wie man heute weiß – fotochemisch Chlor ab, das über eine Radikalkettenreaktion Ozon zerstört. Da es kein anderes Treibmittel gibt, das universell eingesetzt werden kann, muss für jedes Herstellungsverfahren ein speziell geeignetes Treibmittel gefunden werden. Eine einfache Möglichkeit besteht darin, Kohlenstoffdioxid als Treibgas zu benutzten. Geringe Mengen Wasser im Polyol reagieren mit dem Diisocyanat unter Bildung von Kohlenstoffdioxid. Das freigesetzte Gas schäumt dann das gebildete Polyurethan auf.

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Polyurethan-Montageschäume, wie sie u. a. im Bauwesen verwendet werden, liegen in der Kartusche in komprimierter Form vor. Bei Verwendung expandieren sie und erhärten dann durch den Einfluss der Luftfeuchtigkeit.

Weichschäume
Als Treibmittel für Weichschäume kommt Kohlenstoffdioxid in Frage, das durch Zusatz von überschüssigem Isocyanat bei der Polymerbildung direkt entsteht. Problematisch sind die dabei ebenfalls entstehenden Harnstoffgruppen, die durch Vernetzung zu einer Verhärtung des Polyurethans führen können. Durch Entwicklung spezieller Polyalkohole kann dies jedoch kontrolliert werden. Es handelt sich dabei um Polyetherpolyole, in denen relativ große Bereiche aus reinen Kohlenstoffketten ohne Hydroxy- bzw. Ether-Gruppe bestehen. In diesen nicht reaktiven Bereichen kann keine Vernetzung erfolgen und so die gewünschte Elastizität im Endprodukt gesichert werden. Somit kann für praktisch alle Weichschäume Kohlenstoffdioxid als Treibmittel verwendet werden.

Integralschäume
Für Armaturenabdeckungen oder Armlehnen in PKWs werden schäumungsfähige Reaktionsgemische, d. h. Diisocyanat und Diol unter Wasserzusatz in temperierten Formwerkzeugen unter Druck ausgehärtet, wobei ein Werkstück aus Polyurethan entsteht, dessen Dichte in Folge des Schäumdrucks von innen nach außen stetig zunimmt. Diese sogenannten Integralschaum-Formstücke besitzen sofort eine feste, schützende Außenhaut und haben gleichzeitig einen Energie absorbierenden, elastischen Kern.
Neben solchen Weich-Integralschäumen mit ihrem weichen elastischen Kern, die z. B. zur Herstellung von Schuhsohlen, Lenkrädern und Armlehnen verwendet werden, gibt es auch Hart-Integralschäume die zur Produktion von Gehäuseteilen, Abdeckungen etc. dienen. Für die weichen Integralschäume eignet sich Pentan als Treibmittel, nicht aber für die harten Integralschäume. Weil letztere viel mehr Reaktionswärme freisetzen, muss das Treibmittel einen höheren Siedepunkt haben. Heute nutzt man hierfür z. B. 2-Methyl-2-propanol (tert-Butanol), das bei höheren Temperaturen mit Isocyanaten zu 2-Methylpropen (Isobuten), dem entsprechenden Amin und dem Treibmittel Kohlenstoffdioxid reagiert.

Hartschäume

Hartschäume werden überwiegend als Wärmeisolatoren z. B. in Kühlschränken und Fernwärmerohren eingesetzt, dementsprechend muss auch das Treibmittel eine geringe Wärmeleitfähigkeit haben und soll zudem möglichst dauerhaft im Schaum verbleiben. Am ehesten entspricht Cyclopentan diesen Anforderungen, sodass die industrielle Produktion inzwischen weitgehend hierauf umgestellt wurde.

Weitere Anwendungen

Neben der Hauptverwendung auf dem Sektor Schäume werden Polyurethane wegen ihrer großen Variationsbreite auch in vielen anderen Bereichen verwendet. Sie dienen als Klebstoffe, als Elastomere, als Harzkomponente in Lacken. Polyurethane werden als Vergussmassen in der Elektronik verwendet und man kann aus ihnen auch Bekleidung in Leder–Optik herstellen. Die große wirtschaftliche Bedeutung der Polyurethane erkennt man auch daran, dass sie an der Produktion von Polymerwerkstoffen (Welt: 260 Mio. t, davon 65 Mio. t in Europa im Jahr 2007) weltweit einen Anteil von 3-4 %, in Europa sogar von 7 % haben. In Deutschland wurden 2007 etwa 800 000 t Polyurethane produziert.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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