Polyethylen wurde erstmals von Imperial Chemical Industries (ICI) im Jahre 1933 hergestellt. Allerdings konnte man in der ersten primitiven Anlage, in der ein Druck von bis zu 250 MPa mit einer Handpumpe aufgebaut wurde, nur weniger als ein Gramm einer wachsartigen Masse gewinnen. Ein Zufall in Form eines kleinen Lochs in der Ethenzuleitung, durch das Luftsauerstoff in die Anlage gelang - glücklicherweise in der gerade zum Starten der Polymerisation erforderlichen Menge, aber zu wenig, um eine Explosion auszulösen -, brachte einen entscheidenden Fortschritt. So konnte die Ausbeute gewaltig erhöht werden. Die großtechnische Produktion startete sechs Jahre später, wobei das von ICI entwickelte Hochdruckverfahren angewendet wurde, mit dem bei ca. 200 MPa und 200 °C Hochdruckpolyethylen hergestellt wird. Wirtschaftlich bedeutsam wurde Polyethylen jedoch erst nach der Entwicklung des Niederdruckverfahrens durch K. ZIEGLER und G. NATTA im Jahre 1952 bei der Hoechst AG in Frankfurt, da hierbei ein Kunststoff mit vorteilhaften Eigenschaften kostengünstig produziert werden konnte.
Gegenstände aus Polyethylen
Ein wesentlicher Vorteil von Polyethylen ist die preiswerte Verfügbarkeit des Monomeren Ethen, das durch thermische Zersetzung (Pyrolyse) bestimmter Erdölfraktionen leicht gewonnen werden kann.
(I) Hochdruckverfahren
Beim Hochdruckverfahren handelt es sich um eine radikalische Polymerisation, die mit geringen Mengen Sauerstoff oder einem Peroxid als Katalysator durchgeführt wird. Da es sich beim Ethen um ein gasförmiges Monomer handelt, ist der hohe Druck erforderlich, damit die Konzentration an Ethen hoch genug ist und damit es nicht zu einem vorzeitigen Kettenabbruch kommt. Die Umsetzung des gasförmigen Ethens zum Polyethylen wird gemäß dem Prinzip von Le CHATELIER durch hohen Druck begünstigt.
Es bilden sich lange fadenförmige Moleküle mit seitlichen Verzweigungen. Diese entstehen durch Abspaltung eines H-Atoms in der Mitte einer wachsenden Kette durch ein Radikal, von denen unter den gegebenen Bedingungen ausreichend viele vorliegen.
An der Stelle der Kette, wo das H-Atom abgespalten wurde, kann ein Ethenmolekül addiert werden und eine Verzweigungskette starten.
Der Abstand zwischen den Polymerketten wird durch die Verzweigungen größer, weshalb das Produkt weicher und seine Dichte geringer wird. Es wird daher auch als LDPE (Low-Density-Polyethylen) bezeichnet.
Entstehung von Verzweigungen im Polyethen-Molekül
(II) Niederdruckverfahren
Beim Niederdruckverfahren, das von W. ZIEGLER und G. NATTA entwickelt wurde, wird ein lineares Polymer erzeugt, das fast keinerlei Verzweigungen aufweist. Bei diesem Verfahren wird Ethen ohne erhöhten Druck in Gegenwart von sogenannten Koordinationskatalysatoren polymerisiert. Ein typischer Ziegler-Natta-Katalysator besteht aus Titantetrachlorid und Triethylaluminium als Cokatalysator. Diese beiden Komponenten bilden zusammen einen Komplex, der eine freie Bindungsstelle besitzt, an der sich ein Ethenmolekül anlagern kann:
Nun findet innerhalb des Komplexes eine Umlagerung statt, bei der das Ethenmolekül zwischen die C-Ti-Bindung eingeschoben wird. Die ursprünglich freie Bindungsstelle ist nun wieder frei für eine erneute koordinative Bindung zu einem Ethenmolekül, sodass die Kette weiter wachsen kann.
Das erhaltene Niederdruckpolyethylen hat aufgrund der fehlenden Verzweigungen im Molekül eine höhere Dichte als das nach dem Hochdruckverfahren produzierte. Es wird daher auch HDPE (High-Density-PE) genannt.
Mit dem Niederdruck-Verfahren lassen ich aber auch verzweigte Produkte herstellen. Die Seitenketten werden hierbei jedoch gezielt erzeugt, wobei dem Ethen beispielsweise eine ganz geringe Menge Buten zugemischt wird. Das dabei erhaltene Produkt wird als LLD-PE bezeichnet (Linear Low Density-PE).
Polymerisation mit Ziegler-Natta-Katalysatoren
Polyethylen ist ein Thermoplast und leicht zu verarbeiten. Es lässt sich durch Spritzgießen in jede beliebige Form bringen und dient außerdem zur Herstellung von Folien mit hoher Reißfestigkeit. Weil es als reiner Kohlenwasserstoff unpolar ist, ist es Wasser abweisend (hydrophob) und besitzt eine hohe Chemikalienbeständigkeit; es wird von vielen Lösungsmitteln, Laugen und Säuren bei Raumtemperatur nicht angegriffen. PE kann gut verschweißt, jedoch nur bedingt verklebt werden.
Folien aus LLDPE
Niederdruckpolyethylen (PE hart, HDPE) besitzt eine besonders dichte Makromolekülpackung. Es hat daher mit 0,96 g/cm³ eine höhere Dichte als Hochdruckpolyethylen und ist härter und wärmefester als dieses, so ist es z. B. noch bei ca. 100 °C kochfest.
Hochdruckpolyethylen (PE weich, LDPE) ist spezifisch leichter (Dichte 0,92 g/cm³), elastischer als HDPE und nur bis ca. 90 °C nutzbar. Das LLD-PE ist weich und elastisch wie LDPE, aber erweicht erst bei etwas höherer Temperatur.
Polyethylen brennt mit einer schwach bläulichen nicht rußenden Flamme.
Das steifere Niederdruckpolyethylen ist bestens geeignet zum Verpacken von Nahrungsmitteln, pharmazeutischen Artikeln oder auch Chemikalien. Ebenso wird es zur Herstellung von Haushaltsartikeln und Spielwaren verwendet. Daneben wird es als Rohstoff für die Fertigung von Rohren u. a. zur Trinkwasserversorgung, für Fußbodenheizungen und Rohrbeschichtungen eingesetzt.
Sehr hochmolekulares Niederdruckpolyethylen besitzt eine außergewöhnlich hohe Schlagfestigkeit, weshalb es im Maschinen- und Apparatebau für die Fertigung von Schutzhelmen oder gar für die Konstruktion von Rennsportkanus für den Hochleistungssport eingesetzt wird. Viele Bestandteile von Rollerblades bestehen ebenfalls aus Polyethylen.
Wegen ihrer großen Flexibilität werden LDPE und LLDPE hauptsächlich als Folien für Verpackung, Gewächshäuser, den Gartenbereich und zum Beschichten von Kartonagen verwendet.
Polyethylen ist der meistproduzierte Kunststoff mit etwa einem Drittel Anteil an der Gesamtproduktion. Das Verhältnis HDPE : LLDPE schwankt dabei regional zwischen 1 : 1 und 1 : 2. Im Jahr 2008 wurden weltweit etwa 260 Mio. Tonnen Kunststoffe produziert, der PE-Anteil lag bei 80 Mio. Tonnen (ca. 20 Mio. Tonnen LDPE, 20 Mio. Tonnen LLDPE und 40 Mio. Tonnen HDPE). In Europa wurden 2008 insgesamt etwa 48 Mio. Tonnen Kunststoffe verbraucht, darunter 14 Mio. Tonnen PE (HDPE-Anteil 5,5 Mio. Tonnen).
Die entsprechenden Daten für Deutschland 2008 sind: gesamt 10,3 Mio. t Kunststoffe produziert mit 1,4 Mio. t LDPE + LLDPE und 1,2 Mio. t HDPE, die jeweiligen deutschen Verbrauchsmengen liegen in der gleichen Größenordnung.
Artikel aus LDPE sind meist kurzlebig (< 1Jahr), während Gegenstände aus HDPE meist mehrere Jahre genutzt werden. Die Nutzung bzw. Entsorgung von Kunststoffabfällen ist ein generelles Problem.
Eine große Rolle bei der möglichen Wiederverwertung spielt dabei die Reinheit. Sortenreine PE-Abfälle aus Produktion und Produktfertigung, aber auch nach Sortierung von Sammelabfall (gelbe Tonne) anfallende sortenreine Fraktionen können wertstofflich genutzt werden. Aus ihnen kann man durch thermoplastische Verarbeitung wieder Artikel z. B. für den Gartenbereich (Bänke) oder das Baugewerbe (Platten, Rohre) von ähnlicher Qualität wie aus Neuware produzieren.
Verunreinigter PE-Abfall (Folien) oder Mischabfall kann in Müllverbrennungsanlagen unter Nutzung des Energieinhalts verbrannt werden.
Problematisch ist die Entsorgung von PE-Abfall auf Mülldeponien. PE verrottet sehr langsam und aus Zusatzstoffen wie den Farben können Schadstoffe in die Umwelt gelangen. Ein zunehmendes Umweltproblem stellen Kunststoffabfälle in den Weltmeeren dar. Die Menge wird auf mehrere 100 Mio. Tonnen geschätzt. Allein im nördlichen Pazifik bewegen sich Wassermassen auf der Oberfläche von etwa 1 000 km Durchmesser, entsprechend der Fläche Mitteleuropas, mit 1-2 Plastikteilen pro 100 m2. Fische, Schildkröten und Meeresvögel halten umher schwimmende Kunststoffpartikel für Nahrung und verenden daran.
Eigenschaften der PE-Typen
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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