Gärung

Unter Gärung versteht man den aeroben oder anaeroben biologischen Abbbau von organische Materie mittels Mikroorganismen oder Enzymen.
Die alkoholische Gärung verläuft unter anaeroben Bedingungen in Hefezellen und wird seit alters her durch den Menschen zur Herstellung alkoholischer Getränke und zum Brot backen genutzt. Die Gärung beginnt wie die Atmung mit dem Abbau organischer Substrate durch Glykolyse. Unter anaeroben Bedingungen ist jedoch kein molekularer Sauerstoff für die Oxidation verfügbar. Das in der Glykolyse gebildete Pyruvat kann daher nicht wie bei der Atmung weiterverabeitet werden. Es wird direkt zu energieärmeren Folgeprodukten reduziert. Nach der Art der Endprodukte werden verschiedene Gärungstypen unterschieden. Bei der alkoholischen Gärung wird Pyruvat unter anaeroben Bedingungen decarboxyliert. Es entsteht Acetaldehyd, der enzymatisch weiter zu Ethanol reduziert wird. Dabei wird NADH zu NAD+ oxidiert.

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Gesamtgleichung der Alkoholischen Gärung:

C6H12O6   +  2 ADP  +  2 P  →  2 CO2   +  C2H5OH  +  2 ATP

Hefezellen nutzen die alkoholische Gärung zur Energiegewinnung. Hefe ist ein eukaryotischer einzelliger Mikroorganismus (ein einzelliger Pilz), der sich von Glucose (Traubenzucker) ernährt (und von den Zuckern Fructose, Galaktose, Saccharose und Maltose, indem er sie in Glucose umwandelt). Die Hefe vergärt Glucose zu Ethanol und Kohlenstoffdioxid. Sie besitzt die dazu notwendigen Enzyme Pyruvatdecarboxylase und Alkoholdehydrogenase. Der Stoffwechsel in der Hefe wird seit alters her durch den Menschen genutzt: Der bei der Gärung entstehende Alkohol ist für die berauschende Wirkung alkoholischer Getränke verantwortlich (Wein- und Bierbrauen), und das gebildete Kolenstoffdioxid führt zum „Aufgehen“ von Hefeteig (Brot und Kuchen backen).

Bei der alkoholischen Gärung entstehen auch geringe Mengen anderer Alkohole (Methanol, Pentanole) als Nebenprodukte in Mengen von 0,1, bis 1 % bezogen auf Ethanol. Diese werden dann beim „Brennen“ abgetrennt. Das in Bezug auf Ethanol tiefer siedende Methanol ist im „Vorlauf“ enthalten. Dieser wird nicht für Genusszwecke genutzt. Die höher siedenden längerkettigen Alkohole (sogenannter Fusel) verbleiben im Destillationsrückstand.

Im Traubensaft ist Glucose direkt enthalten, man gelangt durch die Gärung im Fass zu Wein, wobei das Kohlenstoffdioxid durch ein Gärröhrchen aus dem Fass herausblubbert. Wenn diese Gärung in der geschlossenen Flasche stattfindet, erhält man Sekt. Im Falle des Bieres muss die Stärke des Getreides erst im Maischprozess zu Maltose gespalten werden und erst danach kann die Hefe diesen Zucker zu Alkohol vergären. In „Hungerzeiten“ bildet die Stärke Sporen, verkapselte Zellen ohne nennenswerten Stoffwechsel, die erst dann zum Leben erwachen, wenn die Nährstoffsituation wieder befriedigend ist. Diese Sporen sind überall in der Luft vorhanden und sorgen beispielsweise dafür, dass offen stehender Apfelsaft oder zerquetschte Früchte spontan vergären.

Der Wein aus kulturhistorischer Sicht: Leichte Getränke wie Bier, Wein und Met stellen Menschen seit Jahrtausenden her, hochprozentige Destillate erst seit etwa 1 000 Jahren.
Diese Getränke hatten bei unseren Vorfahren eine andere Bedeutung als heute. Sie waren hauptsächliche Flüssigkeitsquelle, unverzichtbar in einer Zeit mit verunreinigten Wasservorräten. Verunreinigtes Wasser verursachte Krankheiten und Seuchen. Im Wein waren die Erreger abgetötet. Wein und Bier machten nicht krank, zumal ihr Alkoholgehalt sicher niedriger war als heute.
Außerdem waren Bier und Wein Nahrungsmittel, denn sie hatten einen hohen Kaloriengehalt. Als die ersten Kaffeeimporte wirtschaftliche Bemühungen zu untergraben drohten, schreibt der preußische König Friedrich der Große: „ Es wäre abscheulich zu beobachten, daß die Untertanen immer mehr Kaffee tränken und das Land dadurch viel Geld verlöre.

Der Brauvorgang

Der Brauvorgang

Die Erfindung des Biers war an Ackerbau und die Zucht von Getreidearten gebunden. Aus erhalten gebliebenen Schriftdokumenten (Tontäfelchen mit Hieroglyphen und Papyrusrollen) weiß man, dass Ägypter und Babylonier im 3. Jahrtausend vor Christus Gersten- und Weizenbier tranken.

Hochprozentiges war 9 000 Jahre lang unbekannt, denn Hefepilze sterben bei 16 Volumenprozent Alkohol ab. Der Alkoholgehalt kann nicht höher steigen. Erst als um das Jahr 700 arabische Alchimisten die Destillation erfanden, konnte Alkohol aufkonzentriert werden. Da Alkohol bei tieferer Temperatur siedet als Wasser, konnte man beides trennen und hochprozentige Getränke herstellen. Die Destillation kam über Italien um 1100 nach Europa. Im Gefolge der großen Seuchen im 14. Jahrhundert, insbesondere nach den beiden Pestepidemien, die 1347 und 1352 25 Millionen Todesopfer forderten, verbreitete sich der Branntweingenuss. Als Gegenmedizin gegen die Pest war Alkohol zwar wirkungslos, erleichterte die Betroffenen jedoch psychisch. Der Alkoholkonsum stieg danach ständig, bis im 17. Jahrhundert Kakao, Kaffee und Tee als Stimulanzien den Alkohol ablösten.

Seit dem 19. Jh. bis in die Gegenwart ist Alkohol ein Problem.
Bereits um 1900 sprachen mehrere Staaten ein absolutes Alkoholverbot aus. Medizinische Studien präzisierten das Krankheitsbild Alkoholismus und seine gesundheitlichen Auswirkungen. Alkoholmissbrauch als Krankheit steht heute mit an erster Stelle. Allein in Deutschland gibt es jährlich 40 000 Alkoholtote, in den USA 100 000. Die Zahl Alkoholabhängiger in Deutschland wird auf 2,5 Millionen geschätzt. Zerrüttete Familien, unschuldige Opfer von Verkehrsunfällen und schwer Alkohol geschädigte Neugeborene sind die Folgen des Missbrauchs. Nach Rauchen und falscher Ernährung ist Alkoholsucht zum gesellschaftlichen Problem geworden.

Ein weiteres ernstes Problem in letzter Zeit ist, dass junge Menschen immer früher mit dem Alkoholgenuss beginnen und die Zahl der infolge übermäßigen Alkoholkonsums betrunken aufgefundenen Kinder und Jugendlichen stark steigt.

Die Milchsäuregärung läuft unter anaeroben Bedingungen in der Muskelzelle ab. Dabei wird Pyruvat enzymatisch unter Verbrauch von NADH zu Lactat abgebaut.

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Gesamtgleichung der Milchsäuregärung:

C 6 H 12 O 6  + 2 ADP + 2 P   2 CH 3 -CH(OH)-COOH + 2 ATP

Verschiedene anaerobe Bakterien, wie zum Beispiel Milchsäurebakterien produzieren ständig Lactat auf diesem Weg und sind daduch wertvolle Helfer bei der Herstellung von Käse.Die Endprodukte der Gärung enthalten noch Energie. Der Energiegewinn für den Organismus ist daher geringer als bei der Atmung. Im Vergleich zur Atmung unter aeroben Bedingungen verbraucht die anaerobe Gärung Glucose sehr verschwenderisch: Sowohl bei der alkoholischen Gärung als auch bei der Milchsäuregärung werden pro Molekül Glucose nur zwei Moleküle ATP produziert. Dagegen liefert die oxidative Phosphorylierung 38 Moleküle ATP pro Glucosemolekül. Allerdings läuft die anaerobe ATP-Produktion bis zu 100-mal schneller ab als die ATP-Produktion durch oxidative Phosphorylierung. Daher wird ATP bei hohem Energiebedarf im Gewebe (z. B. im Muskel während des Sport treibens) hauptsächlich durch anaerobe Oxidation des Pyruvats zu Lactat gewonnen. Lactat ist toxisch für die Zelle. Deshalb wird das gebildete Lactat durch das Blut aus der Muskelzelle zur Leber transportiert und dort wieder zu Pyruvat umgesetzt.Die Milchsäuregärung wurde lange Zeit als Ursache des "Muskelkaters" angesehen. Entgegen dieser weit verbreiteten Meinung lässt sich der Muskelschmerz aber sehr viel wahrscheinlicher auf kleine Zerreißungen im Gewebe durch Überbelastung zurückführen.

Auch für die Herstellung von Sauerkraut oder die Gewinnung von Silage aus Grünpflanzen als Futter für Rinder wird der Vorgang der Milchsäuregärung genutzt.

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