- Lexikon
- Chemie
- 6 Organische Verbindungen
- 6.2 Organische Verbindungen mit funktionellen Gruppen
- 6.2.10 Peptide und Eiweiße
- Eiweiße, Struktur und Eigenschaften
Die Verknüpfung von Aminosäuren führt zu Peptiden. Diese unterteilt man nach der Anzahl der Aminosäurereste in der Peptidkette in Oligopeptide (2 bis 9), Polypeptide (10 bis 100) und die makromolekularen Proteine bzw. Eiweiße (mehr als 100).
Formal erfolgt die Verknüpfung durch die Reaktion der Carboxy-Gruppe der Aminosäure 1 mit der Amino-Gruppe der Aminosäure 2 unter Abspaltung eines Wassermoleküls. Die entstehende Carbonsäureamid-Gruppe nennt man Peptidbindung (Bild 1).
Oligopeptide und Polypeptide spielen auch als pflanzliche oder tierische Gifte eine Rolle. So ist das Gift des grünen Knollenblätterpilzes ein cyclisches Octapeptid und viele Schlangengifte sind Gemische aus Polypeptiden.
Im Organismus spielen Polypeptide unter anderem als Hormone eine wichtige Funktion. So ist das Insulin ein Polypeptid aus zwei Ketten mit 21 bzw. 30 Aminosäuren, die untereinander über zwei Disulfidbrücken verbunden sind.
Die Bildung eines Dipeptids verläuft unter Wasserabspaltung. Die Carboxygruppe der einen Aminosäure reagiert mit der Aminogruppe einer 2. Aminosäure.
Der Begriff Peptidbindung ist etwas irritierend, da damit die gesamte Gruppierung gemeint ist. Durch die Analyse der Struktur hat man festgestellt, dass die Amid-Gruppe starr in einer Ebene liegt. Der Grund ist die Delokalisierung des π-Systems über die gesamte Gruppierung, da das Sauerstoff-, Kohlenstoff- und das Stickstoffatom jeweils sp-hybridisiert sind. Das delokalisierte π- System der Peptidbindung entsteht durch die Überlappung der p-Orbitale der drei sp-hybridisierten, in einer Ebene liegenden Atome. Das Sauerstoffatom der ehemaligen Carboxy-Gruppe und das Wasserstoffatom der ehemaligen Amino-Gruppe stehen einander gegenüber, man sagt, sie sind trans-ständig. Eine freie Drehbarkeit beobachtet man nur bei den Bindungen zu den α-Kohlenstoffatomen.
Die Amidgruppe liegt in der Ebene, erst am α-Kohlenstoffatom herscht freie Drehbarkeit.
Synthese der Proteine in den Zellen
Die Biosynthese von Proteinen (Translation) verläuft unter Beteiligung verschiedener RNA-Moleküle: Boten-RNA (mRNA), Transfer-RNA (tRNA) und ribosomale RNA (rRNA). Jedes tRNA-Molekül hat ein Anticodon ("Erkennungs-Code") und trägt eine bestimmte Aminosäure. Spezifische Enzyme sorgen dafür, dass die „richtige“ Aminosäure auf die passende tRNA übertragen wird. Die Synthese von Proteinen erfolgt im Ribosom. tRNA bindet über das Anticodon an das passende Codon auf der mRNA im Ribosom. Dadurch wird die Sequenz der mRNA (diese ist analog zu der in der DNA gespeicherten Erbinformation) korrekt in die Sequenz eines Polypeptids (Proteins) übersetzt. Die einzelnen Aminosäuren werden durch Peptidbindungen miteinander verknüpft (Video 1). Proteine haben einem Amino (N)- und einen Carboxy (C)-Terminus (N-Ende und C-Ende). Die Biosynthese erfolgt vom C zum N-Terminus. Am Aufbau von Proteinen sind 20 verschiedene Aminosäuren beteiligt. Diese nennt man proteinogen.
Die Struktur der Peptide und Proteine
Da die Gesamtstruktur von Peptiden sehr komplex ist, unterteilt man sie zur vereinfachten Betrachtung modellhaft in vier Ebenen, die Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur.
Die Primärstruktur gibt die Aminosäuresequenz, also die Art, Anzahl und Reihenfolge der einzelnen Aminosäuren wieder. Die Verknüpfung der Aminosäuren erfolgt kovalent durch die Peptidbindung. Die Sekundärstruktur erklärt die räumliche Anordnung einzelner Abschnitte eines Peptids. Diese können entweder die Form einer α-Helix oder einer β-Faltblattstruktur annehmen. Bei der α-Helixstruktur windet sich die Peptidkette zu einer rechtsgängigen Spirale auf. Dabei stehen die NH-Gruppe einer Windung und die CO-Gruppe der vierten darauffolgenden Aminosäure übereinander. Die unterschiedlichen Reste der Aminosäuren stehen wie Stacheln nach außen. Der Abstand zwischen zwei Windungen beträgt 540 ppm, auf eine Windung kommen genau 3,6 Aminosäurebausteine. Die β-Faltblattstruktur kann mit einem Leporello oder einer Zick-Zack- Konformation verglichen werden. Durch die Geometrie der Peptidbindung knicken die einzelnen Ebenen (Seiten des Leporellos) immer an den α-Kohlenstoffatomen ab. Die Struktur wird durch gegenüberliegende Peptidketten stabilisiert. Die Reste der Aminosäuren stehen senkrecht oberhalb und unterhalb der Faltblattebene.
Die Struktur der Proteine
Die Tertiärstruktur beschreibt die räumliche Struktur einer ganzen Peptidkette. Die Struktur wird häufig mit einer Achterbahn verglichen, da einzelne Bereiche als α-Helix andere als Faltblatt oder auch ungeordnet vorliegen. Neben Wasserstoffbrückenbindungen, z. B. von der OHGruppe der Aminosäuren Serin oder Tyrosin, oder Ionenbindungen, die sich zwischen den Amino-Gruppen der basischen und den Carboxy- Gruppen der sauren Aminosäuren ausbilden, beobachtet man VAN-DERWAALS- Bindungen zwischen unpolaren Seitenketten, die auch hydrophobe Wechselwirkungen genannt werden. Eine weitere Bindungsart, die die Tertiärstruktur maßgeblich prägt, sind kovalente Disulfidbrücken. Die Disulfidbrücken werden durch zwei Moleküle Cystein gebildet. Die Cysteinmoleküle befinden sich an ganz unterschiedlichen Stellen in der Aminosäuresequenz und bilden so einen „Loop“ in der Peptidkette. Die Tertiärstruktur orientiert sich so, dass polare Seitenketten nach außen ragen, unpolare Seitenketten befinden sich dagegen häufig im „Inneren“ der räumlichen Struktur. Besteht ein Protein aus mehreren Peptidketten oder hat zusätzlich Bindungen zu Zuckern, Heterocyclen oder anderen Molekülen aufgebaut, spricht man von der Quartärstruktur. Diese Raumstruktur des gesamten Makromoleküls wird prinzipiell durch die gleichen Bindungsarten wie die Tertiärstruktur stabilisiert. Die kovalente Verbindung zweier Ketten erfolgt ebenfalls über Disulfidbrücken. So besteht das Hormon Insulin aus zwei Peptidketten mit 21 bzw. 30 Aminosäureresten. Da sowohl die A-Kette als auch die B-Kette Cystein als Baustein enthalten, werden die beiden Ketten durch zwei Disulfidbrücken miteinander verknüpft.
Verschiedenen Bindungsarten sind für die räumlichen Strukturen der Proteine zuständig.
Eiweiße nehmen wir mit der Nahrung auf. Im Körper werden die Eiweiße abgebaut und in die einzelnen Bauteile, die Aminosöuren zerlegt. Aus diesen Bausteinen Bauen dann die Köperzelle ihre jeweiligen eigenen Proteine auf.
Für eine optimale Ernährung müssen in unserer Nahrung alle essenziellen Aminosäuren enthalten sein, damit auch alle Bausteine zum Aufbau aller körpereigenen Eiweiße vorhanden sind. Nicht jedes Eiweiß hat die richtige Zusammensetzung.
Die Zusammensetzung der Eiweiße im Hünerei entspricht etwa dem nötigen Verhältnis an Aminosäuren. Neben Fetten, Mineralstoffen und Vitaminen hat ein durchschnittliches Hühnerei ungefähr einen Gehalt von 7 g Proteinen. Dabei ist der Proteingehalt (Eiweißgehalt) im Eidotter (Eigelb) höher als im Eiklar (Eiweiß). Das Hühnerei hat für den Menschen eine hohe biologische Wertigkeit.
Die biologische Wertigkeit gibt an, wie viel Gramm körpereigenes Eiweiß aus 100 g des Nahrungseiweißes gebildet werden können. Weil die Eiweiße im Eiklar und Eidotter alle für den Menschen essenziellen Aminosäuren im günstigen Verhältnis enthalten, ist die biologische Wertigkeit dieser Eiweiße höher als beispielweise die der Eiweiße aus Fleisch und auch höher als die der pflanzlichen Eiweiße.
Durch Erhitzen, Bestrahlen, Zugabe von Säuren, Schwermetall-Ionen oder organischen Lösungsmitteln zu Eiweißlösungen werden die Strukturen meist irreversibel verändert. Diesen Vorgang bezeichnet man als Denaturierung. Bei der Denaturierung werden Strukturen der Eiweiße zerstört, z.B. die räumliche Anordnung der Polypeptidketten zueinander und innerhalb einer Polypeptidkette. Dieser Vorgang kann beim Eierkochen beobachtet werden. Das Eiweiß gerinnt, es denaturiert. Es gibt irreversible Denaturierung, die nicht umkehrbar ist, so wie beim gekochten Ei. Manche Formen der Denaturierung sind jedoch auch umkehrbar. Beim Dauerwellen von Haaren spielen ähnliche Prozesse eine Rolle, allerdings sind diese umkehrbar. Sie beruhen darauf, dass die Eiweißmoleküle lockiger Haare schwefelhaltige Seitenketten besitzen, die eine Vernetzung zwischen den Polypeptidketten hervorrufen. Dadurch rollen sich die Haare spiralig auf. Durch chemische Mittel können solche Disulfid- Brücken künstlich erzeugt werden, das glatte Haar lockt sich.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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