- Lexikon
- Chemie
- 6 Organische Verbindungen
- 6.2 Organische Verbindungen mit funktionellen Gruppen
- 6.2.12 Kohlenhydrate
- Adolf Otto Reinhold Windaus
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich die Industrie in den meisten europäischen Staaten weit entwickelt.
Es waren neue Industriezweige darunter der Maschinenbau, der Bohrmaschinen, Drehbänke und Pressen produzierte, entstanden.
Das 1856 entwickelte BESSEMER-Verfahren zur Stahlherstellung wurde 1861 eingeführt. Dieses Verfahren, das SIEMENS-MARTIN- Verfahren von 1869 sowie das 1878 eingeführte THOMAS- Verfahren bewirkten große Veränderungen in der Eisenindustrie und ermöglichte die Herstellung neuer und besserer Maschinen.
Auch in der Landwirtschaft gab es tief greifende Veränderungen, z. B. mit Dampf betriebene Dreschmaschinen und Pflüge. Dank LIEBIGs Entwicklung der künstlichen Düngemittel konnten die Erträge erheblich gesteigert werden.
1866 fand WERNER SIEMENS das elektrodynamische Prinzip. Dieses ermöglichte, dass elektrischer Strom durch Hochspannungsleitungen geführt werden konnte (ab 1882).
Ein neuer Industriezweig entstand, die Elektroindustrie, welche Elektromotoren, Dynamomaschinen, Kabel, Schaltanlagen, Glühlampen u. a. herstellte.
Ab 1885 entwickelte sich die Automobilindustrie, wobei CARL BENZ das erste Automobil mit einem Gasmotor betrieb. Der erste Dieselmotor war 1897 serienreif.
Das 20. Jahrhundert wurde von zwei Weltkriegen, Revolutionen aber auch unzähligen wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften geprägt.
In den Naturwissenschaften wurden vielfältige Entdeckungen gemacht, die auch für die Forschungen von ADOLF WINDAUS bedeutsam waren, wie z. B. (in chronologischer Reihenfolge vom Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts an):
Die deutsche Wirtschaft erfuhr in den zwanziger Jahren, nach Ende des ersten Weltkrieges, einen deutlichen Aufschwung.
Katastrophale Folgen hatte der Börsenkrach vom 24. Oktober 1929 in New York, der sogenannte „Schwarze Freitag“, der eine Weltwirtschaftskrise auslöste.
Den zweiten Weltkrieg erlebte ADOLF WINDAUS in Deutschland, in Göttingen.
Um den Druck auf das Krieg führende Japan zu erhöhen, warfen die USA am 06. 08. 1945 auf Hiroshima und drei Tage später auf Nagasaki jeweils eine Atombomben. Dabei kamen Millionen Menschen ums Leben und noch heute leiden viele unter den Folgen der atomaren Strahlung.
ADOLF OTTO REINHOLD WINDAUS wurde am 25.12.1876 in Berlin geboren. Seine Eltern, Adolf Windaus und Margarete Elster, waren in der Stoffherstellung tätig.
Er besuchte das „Französische Gymnasium“ in Berlin. Seine Interessen während der Schulzeit lagen mehr auf literarischem Gebiet.
1895 begann WINDAUS ein Studium der Medizin, zuerst in Berlin, seiner Heimatstadt, wo er 1897 das Physikum absolvierte.
An der Universität von Berlin hörte WINDAUS auch Vorlesungen des berühmten Chemikers EMIL FISCHER, die ihn faszinierten. Deshalb beschloss er nach dem Physikum die Studienrichtung zu wechseln und begab sich nach Freiburg (im Breisgau), wo er unter KILIANI Chemie studierte.
Gleichzeitig setzte er seine medizinischen Studien fort.
Im Winter 1899 promovierte WINDAUS als Dr. phil. mit einem Thema über die Giftigkeit des Stoffes Digitalis, einer Substanz aus einer Waldpflanze, dem Fingerhut. Dieses Gift lähmt den Herzmuskel.
In Freiburg hatte WINDAUS auch Vorträge des Zoologen WEISMANN gehört. Diese beeindruckten den jungen Wissenschaftler sehr und so beschloss er, seine Forschungen auf zoologischem Gebiet fortzusetzen.
Nachdem er graduiert hatte, wechselte WINDAUS wieder nach Berlin an die Universität, um mit seinem Lehrer EMIL FISCHER zu arbeiten und zu forschen. In Berlin traf er auf OTTO DIELS, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte.
Im Jahre 1901 kehrte er nach Freiburg zurück, wo er ab 1903 lehrte und 1906 zum Professor ernannt wurde. Auf einen Vorschlag von KILIANI begann WINDAUS mit der Erforschung des Stoffes Cholesterin. Zu dieser Zeit war zwar die Substanz als solche bekannt, jedoch wussten die Wissenschaftler nichts über die chemische Struktur. Man erwartete daher neue und wegweisende Erkenntnisse.
1913 wurde WINDAUS nach Innsbruck an die dortige Universität als Professor für angewandte medizinische Chemie berufen.
Er blieb für zwei Jahre in Innsbruck.
1915 folgte WINDAUS dem Chemiker OTTO WALLACH als Professor der Chemie nach Göttingen, wo er bis zu seinen Ruhestand 1944 als Direktor des Labors für allgemeine Chemie blieb.
Im Jahre 1919 konnte WIINDAUS beweisen, dass Cholesterin und Gallensäuren chemisch verwandt sind, d. h. eine ähnliche Grundstruktur besitzen. Die eigentliche Struktur des Cholesterins wurde erst 1932 aufgeklärt, nachdem OTTO DIELS das Grundgerüst der Steroide erforscht hatte.
Gemeinsam mit dem deutschen Biochemiker FRANZ KNOOP beschäftigte sich WINDAUS mit den Derivaten des Imidazols.
Dies führte zur Entdeckung der Aminosäure Histidin, ein Abkömmling des Imidazolringes.
In den Folgemonaten erforschten die Wissenschaftler weitere Derivate dieser Verbindungsgruppe. WINDAUS fand schließlich auf diesem Wege das Histamin, Imidazolethylalanin, ein Hormon, das in der Physiologie und der Pharmakologie auf großes Interesse stieß.
1924 analysierte der Forscher die chemische Struktur des Colchicins (Colchizin), einem Gift, das u. a. aus der Herbstzeitlosen („Colchicum autumnale“) gewonnen wird.
Im Jahre 1928 erhielt WINDAUS den Nobelpreis für Chemie in Anerkennung seiner Forschungen und Erkenntnisse zu den Vitaminen.
WINDAUS setzte seine Forschungen zu den Vitaminen stetig fort und fand 1927 das Ergosterin.
1930 isolierte der Forscher das Vitamin B1 (Thiamin) und gab eine Bruttoformel dafür an.
1931 gelang es ihm, Vitamin D in kristalliner Form zu gewinnen und ein Jahr später, 1932, entschlüsselte er den Mechanismus der Umlagerung mittels Sonnenlicht (fotochemisch) des Ergosterins in das Vitamin D2.
Während der letzten Jahre seines Lebens forschte er auch nach Möglichkeiten der Chemotherapie in der Krebsbekämpfung.
ADOLF OTTO REINHOLD WINDAUS starb am 09.06.1959 in Göttingen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
Ein Angebot von