Spezialgläser

Eigenschaften und Aufbau von Glas

Glas ist seit etwa 4000 Jahren bekannt. Seine Bedeutung als Werkstoff liegt in zahlreichen günstigen Eigenschaften wie der Lichtdurchlässigkeit, der Lichtbrechung, der vielfältigen Möglichkeit der Form- und Farbgebung und der Beständigkeit gegenüber vielen Chemikalien. Gläser finden daher vielfältige Einsatzgebiete insbesondere in der optischen, in der chemi-schen Industrie sowie in der Elektronik.

Gläser sind nichtkristalline amorphe Feststoffe. Nach dem Teilchenmodell kann man sie als eingefrorene Schmelze auffassen, wo im Gegensatz zu den kristallinen Stoffen mit regelmäßiger Anordnung der Bausteine im Glas diese unregelmäßig angeordnet sind.
Während kristalline Feststoffe einen scharfen Schmelzpunkt aufweisen, erweichen Gläser beim Erwärmen und können in diesem Zustand leicht verformt werden.

Nachteilig ist aber, dass viele Gläser bruchempfindlich sind und eine geringe Temperaturwechselbeständigkeit haben, sie zerspringen beim schnellen Abkühlen oder Erhitzen.
Unter bestimmten Bedingungen kann es aber beim Abkühlen auch zur Ausbildung einer geordneten Struktur der Bausteine kommen, das Glas rekristallisiert.

Die wichtigsten Gläser, die uns im Alltag und in der Technik begegnen, sind Silicatgläser. Sie bestehen hauptsächlich aus Siliciumdioxid ( S i O 2 ) und verschiedenen Zusätzen von Metalloxiden.

Im Gegensatz zu den kristallinen Silicaten mit regelmäßiger Verknüpfung der SiO 4 - Bausteine besteht Glas aus einem unregelmäßigem Netzwerk von SiO 4 - Bausteinen, in dessen "Maschen" sich unterschiedliche Metall-Kationen befinden (Bild 1).
Die Art der Zusätze und die Bedingungen der Glasherstellung beeinflussen die Struktur und damit die Eigenschaften (Temperaturwechselbeständigkeit, chemische Beständigkeit, optische Eigenschaften) der Silikatgläser. Man unterscheidet zwischen Normalglas und vielen verschiedenen Spezialgläsern.

Normalglas wie Fensterglas und Behälterglas ist ein sogenanntes Natron - Kalk - Glas, als Kationen sind Calcium und Natrium, eventuell auch Kalium enthalten. Es weist nur eine geringe Temperaturwechselbeständigkeit auf ist spröde und wird von alkalischen Lösungen angegriffen.

Struktur von kristallinem Siliciumdioxid (links) und ungeordnete Netzwerkstruktur von Glas (rechts).

Struktur von kristallinem Siliciumdioxid (links) und ungeordnete Netzwerkstruktur von Glas (rechts).

Spezialgläser

Durch die Zugabe anderer Metalloxide kann man zahlreiche Spezialgläser herstellen, die im Folgenden kurz beschrieben werden.

Borosilicatgläser

Der Zusatz von Boroxid und etwas Aluminiumoxid erhöht die Chemikalienbeständigkeit des Glases. Weiterhin wird die thermische Ausdehnung verringert und damit die Temperaturwechselbeständigkeit verbessert. Borosilicatglas wird daher als Laborgeräteglas und für hitzebeständige Haushaltsartikel verwendet.
Die grundlegenden Entwicklungsarbeiten für die Borosilicatgläser und für die optischen Gläser wurden von E. ABBE und F. O. SCHOTT in Jena am Ende des 19. Jh. geleistet.

Optische Gläser

Bei optischem Glas sind der Brechungsindex und die Lichtdispersion (d. h. die Größe der Spreizung des Spektrums) wichtige Eigenschaften. Durch Zugabe verschiedener Metalloxide (u. a. von Kalium, Bor, Barium, Blei, Strontium, Lanthan und Thorium) lassen sich beide Parameter gezielt beeinflussen.

Zu den optische Spezialgläsern zählen auch die sogenannten fototropen Gläser. Diese verdunkeln sich bei intensiver Lichteinstrahlung und hellen sich nach Belichtung wieder auf. Der Effekt wird durch geringe Mengen Silberhalogenid im Glas bewirkt.

Farbgläser

Die Farbigkeit von Gläsern (z. B. für Sonnenschutzglas) wird durch Zusatz verschiedener Metalloxide verursacht. So färbt z. B. Eisenoxid das Glas grün oder braun. Andere Metall-Ionen wie Kupfer, Chrom, Mangan, Kobalt oder Nickel verursachen andere Farben, wobei sogar unterschiedliche Wertigkeitsstufen eines Elementes verschiedene Färbungen bewirken. Die Farbigkeit des leuchtend roten Goldrubinglases wird durch extrem fein verteiltes metallisches Gold verursacht.

Kristallgläser

Durch Verwendung von Zink oder Blei anstelle von Calcium und von Kalium anstelle von Natrium wird das Lichtbrechungsvermögen erhöht. Bleireiche Gläser haben einen besonders hohen Brechungsindex und werden für dekorative Zwecke und Schmuckwaren genutzt (Kristallglas). Wegen seiner guten Absorption von energiereicher Strahlung kann Bleiglas auch zur Herstellung von Fernsehbildröhren genutzt werden.

Strass ist ein besonders bleihaltiges Glas, das ein Lichtbrechungsvermögen hat, das dem Diamanten gleichkommt. Es wird deshalb zur Nachahmung von Edelsteinen verwendet.

Glasfasern

Glasfasern werden durch spezielle Blas-, Schleuder- oder Ziehverfahren aus der Schmelze erzeugt. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung und Struktur sie gegenüber mechanischen, chemischen und biologischen Einflüssen sehr widerstandsfähig. Sie können als temperaturbeständiges Glasfasergewebe (Isoliermaterial, in Faserverbundwerkstoffen (z. B. in einer Kunststoffmatrix) oder Lichtleiter verwendet werden. Den Anwendungsmöglichkeiten von Glasfasern sind jedoch durch die Erweichungstemperatur zwischen 500 und 800 °C Grenzen gesetzt.

Glasfasern, die als Lichtleiter, z. B. in der Telekommunikation Einsatz finden, werden aus höchst reinen, speziell hergestellten Rohstoffen gefertigt, um Lichtverluste durch Absorption von störenden Metall-Ionen zu vermeiden. Das Licht wird nach dem Prinzip der Totalreflektion in der Faser geleitet (Bild 4). Der Kern der Faser besteht aus einem Glas mit hohem Brechungsindex, der von einem Mantel mit niedrigerem Brechungsindex umgeben ist.

Quarzglas

Glas aus reinem Siliciumdioxid (Quarz) ohne Zusatz anderer Komponenten hat eine besonders hohe thermische und chemische Beständigkeit. So kann man es von 1000 °C schlagartig auf - 200 °C abkühlen, ohne dass es zerspringt. Weiterhin ist Quarzglas im Unterschied zu anderen Gläsern auch durchlässig für UV - Licht und dird daher für spezielle Bauteile in der Optik und Elektronik eingesetzt.

Glaskeramik

Während bei Gläsern meist die Rekristallisation unerwünscht ist, kann diese auch gezielt herbeigeführt werden. Bei speziellen Glaszusammensetzungen kann man durch eine besondere Temperaturführung beim Abkühlen ein stabiles Gefüge von kleinsten Kristallen im Glas erzeugen. Diese sogenannten Glaskeramiken haben eine hohe Temperaturfestigkeit und eine große Temperaturwechselbeständigkeit. Sie werden u. a. für Glasgeschirr und als Kochflächen bei modernen Elektroherden (Ceran - Kochfelder) genutzt.

Gläser lassen sich nicht nur auf der Basis von Silikaten herstellen. Spezielle optische Gläser werden z. B. auch aus einem Gemisch aus Fluoriden oder aus Phosphaten hergestellt.

Andere Spezialgläser

Die Eigenschaften von Gläsern können nicht nur durch die Zusammensetzung, sondern auch durch Behandlung der Glasoberfläche optimiert werden. Betrachtet man diese unter einem geeigneten Mikroskop, dann sieht man erstaunlich viele Unebenheiten und kleinste Risse, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind.

Eine Variante der Behandlung von Glasoberflächen ist das Ätzen mit Flusssäure (HF). Flusssäure (HF) ist die einzige Säure, die Glas angreift. Dabei werden Salze gebildet, die das darunter liegende Glas vor weiterer Korrosion schützen. Je nach Konzentration der Säure und Art der Behandlung erzielt man zwei Effekte:
Zum einen trägt die Flusssäure kleinere Erhebungen und Kanten ab, sodass die Tiefe der Unebenheiten und Risse abnimmt. Kräfte, die auf die Glasoberfläche auftreffen werden besser verteilt und die Bruchfestigkeit des Glases somit erhöht.
Zum zweiten wird die Glasoberfläche durch das Anätzen mattiert, wodurch schöne Muster erzeugt werden können. Dieser zweite Effekt spielt insbesondere im Glaskunsthandwerk eine wichtige Rolle.

Die Signalweiterleitung in Glasfasern basiert auf dem Prinzip der Totalreflexion.

Die Signalweiterleitung in Glasfasern basiert auf dem Prinzip der Totalreflexion.

Bei anderen Varianten der Oberflächenveredelung werden neue, chemisch andere dünne Schichten auf die Glasoberfläche aufgebracht. So entspiegelt man Brillengläser durch Aufdampfen von Metallsalzen wie Magnesiumfluorid im Vakuum.

Auch die sogenannte Nanotechnologie wird zur Oberflächenveredelung genutzt. So kann man die Unebenheiten der Glasoberfläche mit kleinsten Teilchen ausfüllen, die nur 10 -12 m groß sind. Dazu wird eine Lösung mit Siliciumverbindungen aufgetragen, die sich fest mit der Glasoberfläche verbinden. Wenn das Lösungsmittel verdampft ist, bleiben die Nanopartikel übrig und sorgen für eine außerordentlich glatte Glasoberfläche. Mit dieser - allerdings sehr teuren - Technologie können selbst reinigende Fenster erzeugt werden, die man mehrere Jahre lang nicht zu putzen braucht, weil auf der glatten Oberfläche der Schmutz keinen Halt findet.

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