- Lexikon
- Biologie
- 8 Verhalten von Mensch und Tier
- 8.1 Überblick über die Verhaltensbiologie
- 8.1.0 Überblick
- Teilgebiete der Verhaltensbiologie
Inhalte einiger Teilgebiete
Einige Vertreter der unterschiedlichen Richtungen aus der Verhaltensforschung
Name | Schwerpunkt/Disziplin |
Alfred Edmund Brehm , Gest. 11.11.1884 | Naive Tierbeobachtung, Tierpsychologie, Sehr vermenschlichende (antropomorphe) Interpretation der beobachteten Verhaltensweisen bis hin zu formulierten Charakterzügen einer ganzen Tierart (z. B. das „dumme Huhn“, der „schlaue“ Fuchs etc.). |
Charles Robert Darwin Gest. 19.04.1882 | Selektionstheorie, Evolutionstheorie: Verhaltensweisen sind, ähnlich wie morphologische Eigenschaften, das Ergebnis der durch die natürliche Selektion greifenden Evolution. |
Iwan Petrowitsch Pawlow Geb. 14.09.1849 Rjasan Gest. 27.02.1936 Leningrad | Reflextheorie, (früher Behaviorismus) Petrowitsch begründete 1903 diese erste Lerntheorie, aus der sich später Reiz-Reaktions-Theorien wie der Behaviorismus entwickelten. Er führte den Begriff des bedingten Reflexes ein. |
Erich von Holst Gest. 26.05.1962 | Sinnes- und Verhaltensphysiologie/ Neuroethologie: Bei der Neuroethologie handelt es sich um ein Teilgebiet der Verhaltensforschung, das die neuralen Grundlagen des Verhaltens, d. h. die einer bestimmten Verhaltensweise zugrunde liegenden Vorgänge im ZNS (Zentralen Nervensystem) und in den Sinnesorganen untersucht. Im Vordergrund steht die Fragestellung, auf welche Art und Weise Verhalten zentralnervös gesteuert wird bzw. welche neurophysiologischen Vorgänge die Stimmungslage der Tiere beeinflussen können. Auch die Frage, welche Umweltinformation im Gehirn bzw. Gedächtnis gespeichert wird und die Frage nach der Auswahl (Filterung) der für das Individuum entscheidenden Reize aus der gesamten eingehenden Umweltinformation stehen bei dieser Disziplin im Vordergrund. Holst beschäftigte sich vor allem mit dem Libellen- und Vogelflug, der Sinnesphysiologie, optischen Täuschungen, dem ZNS (zentrales Nervensystem) und allgemeinen biologischen Regelungsfragen. |
Karl von Frisch Gest. 12.06.1982 | Sinnes- und Verhaltensphysiologie/ Neuroethologie (siehe oben) Frisch machte sich einen Namen durch seine Studien über das Tanzverhalten der Bienen, das der gegenseitigen Verständigung dient. Er beschäftigte sich aber auch mit der Physiologie der Pigmentzellen bei Fischen, mit dem Hörvermögen der Fische sowie mit dem Farbensehen. |
Burrhus Frederic Skinner Gest. 18.08.1990 | Behaviorismus: Mithilfe seiner tierexperimentellen Forschung über Lernprozesse und der von ihm entwickelten Skinner-Box (ein Käfig, bei dem Signalanlagen und verschiedene Hebel im Inneren des Käfigs durch den Beobachter verändert werden können) war Skinner in der Lage, seine behavioristische Lerntheorie systematisch zu begründen. Darüber hinaus entwickelte Skinner durch seine Erkenntnisse über die operante Konditionierung eine Art programmierten Unterricht und sozialtechnologische Entwürfe. |
Konrad Lorenz Gest. 27.02.1989 Nikolaas Tinbergen Gest. 21.12.1988 | Klassische Ethologie: Vergleichende Verhaltensforschung: Lorenz und Tinbergen beobachteten Tierarten in unterschiedlichen Lebensräumen (halbnatürliche Bedingungen mit an den Menschen gewöhnten Tieren und Freilandbeobachtungen) und verglichen die gesammelten Ergebnisse in Ethogrammen miteinander. Lorenz erforschte instinktives Verhalten (Auslöser, Auslösemechanismus, individuelle und stammesgeschichtliche Entwicklung des angeborenen Verhaltens) v. a. an Graugänsen, Dohlen und Kolkraben. Er entdeckte das Phänomen der Prägung. Tinbergen formulierte die vier Fragen der Verhaltensforschung bezüglich des Auftretens von Verhaltensphänomenen: |
Jane Goodall
Gest. 26.12.1985
| Vergleichende Verhaltensforschung an Primaten (Freilanduntersuchungen, Langzeitstudien) Am 16. Januar 1932 geboren, hörte die 31 Jahre alte Therapeutin für behinderte Kinder einen Vortrag über die Berggorillas von dem bekannten Zoologen Louis Leakey. Sie beschloss dem Forscher zu helfen und folgte ihm in den Dschungel Ruandas. Was sie dort vorfand, war schrecklich. Die Gorillas wurden abgemetzelt und ihre Hände und Schädel an Touristen verkauft. Die größte Jagd machte man auf die Gorilla-Babys um sie an Zoo's und Privatpersonen zu verscherbeln. 1974 erlangte sie an der University of Cambridge die Doktorwürde in Zoologie. 1980 nahm sie eine Stelle an der Cornell University an, welche es ihr erlaubte, mit der Niederschrift ihres Buches Gorillas in the Mist (1983) zu beginnen. Dian Fossey war von den vom Aussterben bedrohten Tieren so fasziniert, dass Sie 22 Jahre lang, bis zu ihrem Tod, in Afrika blieb und ihr Leben den Tieren widmete. Sie wurde im Alter von 53 Jahren am 26. Dezember 1985 im Dschungel von Ruanda brutal ermordet. Biruté M. F. Galdikas ist litauischer Abstammung und wurde 1946 in Deutschland geboren. Sie studierte in Kanada, promovierte an der University of California in Anthropologie und ist heute Professorin an der Simon Fraser University in Burnaby (Kanada) und an der Universitas Nasional in Jakarta. Sie ist Präsidentin der Orang-Utan Foundation in Los Angeles. Dr. Biruté Galdikas ist die Gründerin und Präsidentin der „Orangutan-Foundation International“. Als weltweit führende Expertin für Orang-Utans hat sie 30 Jahre in den Wäldern von Borneo diese Affenart erforscht, studiert und sich für sie eingesetzt. |
Irenäus Eibl-Eibesfeldt Geb. 15.06.1928 Wien | Vergleichende Verhaltensforschung am Menschen; Humanethologie Eibl-Eibesfeldt untersucht anhand seiner Beobachtungen in Afrika, Japan, Neuguinea, Polynesien, Indonesien, Südamerika und den Galápagos-Inseln die verschiedenen Formen inner- und zwischenartlicher Kommunikation bei Mensch und Tier. Er hat die Humanethologie als eigene Disziplin begründet. Im Vordergrund seiner Untersuchungen standen die Mechanismen der Gruppenbindung und der Aggressionskontrolle. Durch seine kulturvergleichenden Untersuchungen sozialer Interaktionen ist es ihm gelungen ein universales Regelsystem sozialen Verhaltens zu formulieren. |
William Donald Hamilton Edward Osborne Wilson Richard Dawkins John Maynard Smith | Soziobiologie: Verhaltensökologie (Öko-Ethologie): |
Wolfgang Köhler Donald Redfield Griffin | Kognitive Biologie: Wolfgang Köhler führte bereits 1914 in einer Versuchsstation auf Teneriffa Experimente über vorausplanendes Handeln und über Werkzeuggebrauch an Schimpansen durch. Griffin brachte 1984 Bewegung in die bis dahin festgefahrenen wissenschaftlichen Fronten. Mit seinem Buch: „Können Tiere denken?“ forderte er seine wissenschaftlichen Kollegen auf, bestehende Tabus aufzubrechen. Denken und Bewusstsein muss auch den Tieren zugesprochen werden. Die Verständigung der Tiere untereinander sollte mehr in den Mittelpunkt wissenschaftlicher Untersuchungen gestellt werden, da die Art und Weise sich mitzuteilen, ein Schlüssel zum Zugang zum Bewusstsein der Tiere sein könnte. |
Die Bandbreite und Aktualität der Verhaltensbiologie (Ethologie) wird durch ein Themenspektrum deutlich, das von den genetischen Grundlagen des Verhaltens bis zur Auswilderung bedrohter Tierarten reicht. Der Anwendungsbezug ist in den letzten Jahren stärker geworden, so spielt z. B. eine artgemäße Tierhaltung oder die Weiterentwicklung von „Tiermodellen“ für die medizinische Forschung eine immer größere Rolle.
Als Konrad Lorenz, Nikolaas Tinbergen und Karl von Frisch im Jahr 1973 den Nobelpreis für ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse bekamen, hatte sich die Verhaltensbiologie als eigenständige wissenschaftliche Teildisziplin etabliert. Die Forschung ging unaufhaltsam weiter, und die Kritiker (nicht selten ehemalige Schüler) der klassischen Ethologie modifizierten bereits die Hypothesen und Konzepte ihrer Gründerväter oder distanzierten sich sogar ganz und gar von deren Aussagen.
Die zentralen Begriffe der „klassischen Ethologen“, wie z. B. Trieb, Erbkoordination, Schlüsselreiz, Instinkt oder psychohydraulisches Modell werden in der soziobiologischen Forschung nicht verwendet.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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