In einem Ökosystem bestehen eine kaum überschaubare Anzahl verschiedener Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Faktoren. Diese sind ein wesentliches Kennzeichen von Ökosystemen. Werden sie gestört, kann es zur Beeinträchtigung des Ökosystems kommen. Von besonderer Bedeutung sind die Nahrungsbeziehungen.
Fragt man danach „Wer frisst wen?“, ergeben sich Nahrungsketten bzw. Nahrungsnetze. Letztere sind Ausdruck dafür, dass sich die Individuen einer Art oft von Individuen mehrerer anderer Arten ernähren.
Eine Nahrungskette ist eine lineare Reihe von Organismen, die ernährungsbedingt voneinander abhängig sind (Bild 1).
Nahrungskette im Waldökosystem
Ein Nahrungsnetz besteht aus verschiedenen miteinander verbundenem Nahrungsketten. Es verbindet viele Organismenarten im Ökosystem miteinander (Bild 2).
Am Anfang von Nahrungsbeziehungen stehen immer Organismen, die Chlorophyll besitzen (einige Bakterien, Algen, Moos-, Farn- und Samenpflanzen). Sie sind in der Lage, organische Stoffe, z. B. Traubenzucker, aus anorganischen Stoffen aufzubauen, z. B. aus Kohlenstoffdioxid und Wasser. Sie geben in diesem Prozess, der mithilfe des Chlorophylls und unter Nutzung des Sonnenlichtes abläuft, Sauerstoff ab. Sie werden daher Produzenten (Erzeuger) genannt.
Ausschnitt aus einem Nahrungsnetz im Laubmischwald
Lebewesen, die kein Chlorophyll besitzen, sind auf die von den Produzenten gebildeten organischen Stoffe als Nahrung angewiesen. Viele davon (u. a. die Pilze, der Mensch, die Tiere) konsumieren diese Stoffe und werden deshalb Konsumenten (Verbraucher) genannt.
Zur Gruppe der Konsumenten gehören die Pflanzenfresser (Konsumenten 1. Ordnung, Primärkonsumenten). Sie ernähren sich direkt von den Produzenten, den Pflanzen. Zu den Pflanzenfressern zählen z. B. verschiedene Mäusearten, körnerfressende Vogelarten, Hasen, Eichhörnchen sowie Heuschrecken und Schmetterlinge.
Zur Gruppe der Konsumenten gehören auch Tiere, die sich von den Pflanzenfressern ernähren, z. B. Füchse, Eulenvögel, Frösche, insektenfressende Vogelarten sowie räuberisch lebende Insekten wie die Gottesanbeterin. Sie werden als Fleischfresser oder Konsumenten 2. Ordnung (Sekundärkonsumenten) bezeichnet.
Tiere, die sich von den Konsumenten 2. Ordnung (Sekundärkonsumenten) ernähren, werden als Konsumenten
3. Ordnung (Tertiärkonsumenten) bezeichnet. Eine Ringelnatter, die einen Frosch verschlingt, ist eine Konsumentin
3. Ordnung. Auch der Falke, der einen insektenfressenden Vogel verzehrt, gehört zu dieser Gruppe.
Andere Organismen, wie viele Pilze, Bakterien und bodenbewohnende Tiere (z. B. Regenwurm), bauen organische Stoffe wieder zu anorganischen Stoffen ab. Sie werden deshalb Destruenten (Zersetzer) genannt. Sie ernähren sich hauptsächlich von toten Organismen bzw. von Ausscheidungen der Organismen. Die Destruenten zerlegen die toten Überreste aller Organismenarten, einschließlich ihrer eigenen, in anorganische Stoffe (z. B. Wasser, Kohlenstoffdioxid, Mineralstoffe). Diese werden im Biotop (Boden, Wasser) freigesetzt und können von den Produzenten als Nährstoffe wiederverwendet werden. Die vielfältigen Lebenstätigkeiten der Destruenten sind deshalb von großer Bedeutung in einem Ökosystem.
Die Nahrungsbeziehungen in einem Ökosystem bedingen einen Stoffkreislauf. Er umfasst alle Prozesse der Aufnahme von Stoffen sowie des Aufbaus, des Umbaus und des Abbaus von Stoffen, z. B. die Fotosynthese und Atmung (Bild 3).
Am Anfang der Nahrungsbeziehungen stehen immer autotroph lebende Organismen, die Chlorophyll besitzen (Produzenten). Diese Organismen können im Prozess der Fotosynthese aus Kohlenstoffdioxid und Wasser mithilfe des Chlorophylls und unter Nutzung der Energie des Lichtes Traubenzucker und in Folge zahlreiche weitere organische Stoffe aufbauen.
Wenn heterotroph lebende Organismen Nahrung aufnehmen, nehmen sie gleichzeitig z.B. immer auch Kohlenstoff, Stickstoff und die in der Nahrung enthaltene Energie auf. So werden die von den Produzenten gebildeten organischen Stoffe über die Konsumenten bis zu den Destruenten weitergegeben. Letztere bauen sie ab, wobei die Ausgangsstoffe wieder freigesetzt werden und erneut von den Produzenten genutzt werden können. Der Kreislauf beginnt von Neuem.
Beziehungen zwischen Produzenten, Konsumenten und Destruenten
Der Stoffkreislauf wird besonders deutlich, wenn der „Weg“ einzelner Stoffe verfolgt wird, z.B. des Kohlenstoffs (Bild 4).
Kohlenstoff gelangt durch Fotosynthese über das in der Luft enthaltene Kohlenstoffdioxid in chlorophyllhaltige Organismen, die Produzenten. In der Nahrungskette nimmt er seinen Weg von den Produzenten in den Körper von Konsumenten, von Bakterien, der Pilze, der Tiere und des Menschen. Bereits durch die Atmung der meisten Organismen wird ein Teil wieder als freigesetzt. Nach dem Tode der Organismen erfolgt deren Abbau durch Destruenten, wobei der Kohlenstoff als frei wird und wieder in den Kreislauf eingehen kann. Im Verlaufe der Erdgeschichte hat sich ein solches Gleichgewicht zwischen -Produktion und -Verbrauch duch Organismen eingestellt, sodass der -Gehalt der Luft nahezu konstant bleibt.
Dieses Gleichgewicht kann durch menschliche Tätigkeit erheblich gestört werden. Unter anderem werden durch Verbrennung fossiler Stoffe (z.B. Öl, Kohle), die auf Lebensprozesse von Organismen in früheren Erdzeitaltern zurückgehen und große Mengen Kohlenstoff enthalten, ungeheure Mengen Kohlenstoffdioxid freigesetzt und an die Atmosphäre abgegeben sowie gleichzeitig Sauerstoff verbraucht. Das führt zur Erhöhung des -Gehaltes der Luft und bewirkt u. a. den Treibhauseffekt.
Mit der Energie in einem Ökosystem verhält es sich anders. Es gibt keinen Kreislauf, sondern einen Energiefluss. Das wird deutlich, wenn man die Nahrungsmengen der verschiedenen Ernährungsstufen einer Nahrungskette bzw. eines Nahrungsnetzes berechnet und grafisch darstellt.
Die grafischen Darstellungen weisen bei Lebensgemeinschaften auf dem Lande in der Regel eine Pyramidenform auf. Wegen dieser Pyramidenform wird die Darstellung der Stoffmassen als Nahrungspyramide (oder Biomassepyramide) bezeichnet. Jede Ernährungsstufe dieser Pyramide stellt dabei die Nahrung für die nächsthöhere Stufe dar (Bild 5).
Unter Biomasse verstehen die Ökologen die momentane Masse (Gewicht) der lebenden Organismen in jeder Ernährungsstufe. Sie wird in Masseneinheiten, bezogen auf bestimmte Flächen (z. B. ) oder bei Gewässern auf bestimmte Rauminhalte (z. B. ), angegeben.
Die breite Basis der Nahrungspyramide stellt die Biomasse der Pflanzen dar. Diese Biomasse ist die Nahrungsgrundlage für eine geringere Masse von Konsumenten 1. Ordnung (Pflanzenfresser).
Die in der pflanzlichen Biomasse enthaltenen Nährstoffe und die enthaltene Energie werden von den Konsumenten 1. Ordnung (Pflanzenfresser) für Wachstum und Entwicklung sowie für Atmungsprozesse benötigt. Ein Teil der in den Nährstoffen enthaltenen chemischen Energie wird dabei in Wärme umgewandelt und an die Umwelt abgegeben. Der durch die Lebensprozesse der Konsumenten 1. Ordnung verbrauchte Anteil an Biomasse und Energie steht der nachfolgenden Ernährungsstufe, den Konsumenten 2. Ordnung (Fleischfresser), nicht mehr zur Verfügung. Von Ernährungsstufe zu Ernährungsstufe der Pyramide nimmt so die jeweils verfügbare Biomasse und damit die darin enthaltene Energie rapide ab. Die Nahrungspyramide verdeutlicht die stetige Abnahme sowohl der Biomasse und damit der in ihr enthaltenen Energie als auch der Individuenanzahl von den Primärproduzenten bis hin zu den Endkonsumenten. Gleichzeitig nimmt die Größe der Individuen zu.
Im Ökosystem werden von Ernährungsstufe zu Ernährungsstufe im Nahrungsnetz nicht nur Stoffe (Stoffkreislauf), sondern auch die in diesen Stoffen enthaltene Energie weitergegeben.
Die Energie durchfließt die Nahrungsketten nur in einer Richtung. Es erfolgt von Ernährungsstufe zu Ernährungsstufe eine Energieabnahme um jeweils 90 %. Der nächsten Ernährungsstufe steht also nur ein Zehntel der Energie zur Verfügung, über die die vorangegangene Ernährungsstufe verfügen konnte. Schließlich ist die Energie „aufgebraucht“. In einem Ökosystem gibt es also keinen Energiekreislauf, sondern einen Energiefluss.
Es gibt keinen Energiekreislauf, sondern einen Energiefluss. In der Nahrungspyramide wird dieser Energiefluss deutlich.
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