Wieso sieht der Löwenzahn in den Alpen anders aus als der in Flensburg? Wieso kann man bei eineiigen Zwillingen eine unterschiedliche Bräunung der Haut beobachten?
Ursache für diese Erscheinungen, die bei Tieren und Pflanzen gleichermaßen auftritt, ist die Modifikation. Sie bewirkt, dass sich Organismen in Form, Gestalt und Eigenschaften an die Umwelteinflüsse anpassen. Modifikationen sind demnach nicht erbliche phänotypische Veränderungen von Lebewesen durch Anpassung an bestehende Umweltverhältnisse.
Modifikationen spielen u. a. auch bei Kulturpflanzen eine wesentliche Rolle. Die Ernteerträge unserer Kulturpflanzen beispielsweise werden wesentlich durch die Standortbedingungen, wie Bodeneigenschaften, Düngung, Schädlingsbefall, klimatische Bedingungen, beeinflusst. Die Ergebnisse der Tierproduktion sind nicht unwesentlich von den Haltungsbedingungen abhängig. Viele Maßnahmen zur Erhöhung der Effektivität in der Tierhaltung und Pflanzenproduktion zielen deshalb auf die Schaffung optimaler Umweltbedingungen.
Voraussetzung für das Entstehen von Modifikationen ist die genetisch bedingte Möglichkeit, dass das entsprechende Merkmal in bestimmten Grenzen im Verlauf der Individualentwicklung variieren kann. Dabei schwankt die Häufigkeit der Ausprägung um einen Mittelwert.
Die Eigenschaft der Modifikabilität der Organismen nutzt der Mensch auch zur Steuerung seiner eigenen Entwicklung. Durch zielgerichtetes geistiges und körperliches Training können z. B. Lernleistungen und sportliches Leistungsvermögen erheblich verbessert werden.
Individuell erworbene Eigenschaften, wie Beobachtungsgabe, musisch-künstlerische, geistige und sportliche Fähigkeiten, werden nicht vererbt. Auch die Kinder hochbegabter Sportler, Gelehrter oder begnadeter Künstler müssen zur Entfaltung ihrer Talente wieder trainieren, das Einmaleins lernen oder am Klavier üben.
Der Rahmen, in dem Veränderungen durch Modifikationen möglich sind, ist durch eine genetisch bedingte Reaktionsnorm festgelegt. Er kann bei verschiedenen Arten und Eigenschaften recht unterschiedlich sein.
Während z. B. die Papillarlinien der Hände und die Blutgruppeneigenschaften des Menschen nicht oder nur wenig durch die Umwelt beeinflussbar sind, kann das Körpergewicht in Abhängigkeit von der Ernährung und der Lebensweise stark variieren.
Aber auch hier gibt es genetisch bedingte Grenzen, die sich durch Veränderungen in der Ernährung nicht überschreiten lassen.
Beispiele für Modifikationen sind u. a. die Größe der Bohnensamen einer Pflanze, die unterschiedliche Größe von Ferkeln desselben Wurfs bei unterschiedlicher Fütterung, die unterschiedliche Größe eines Licht- und Schattenblatts eines Baums bei unterschiedlicher Lichteinwirkung, die unterschiedliche Größe der Kartoffelknollen einer Pflanze bei unterschiedlichen Wachstumsbedingungen.
Modifikationen ermöglichen eine Anpassung des Organismus an unterschiedliche Umweltbedingungen ohne Veränderung des Genotyps. Durch Kenntnis derjenigen Umweltbedingungen, die bestimmte Modifkationsformen hervorrufen, kann der Mensch gezielt Einfluss auf die Ausprägung des Phänotyps nehmen. Dies macht man sich beispielsweise in der Landwirtschaft und im Gartenbau zunutze, z. B. bei der Haltung von Rindern und der Entwicklung von Topfpflanzen mit großen Blättern.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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