- Lexikon
- Biologie
- 3 Der Mensch
- 3.8 Das Hormonsystem
- 3.8.0 Überblick
- menschliches Hormonsystem
Die Bezeichnung „Hormone“ stammt aus dem Griechischen, bedeutet so viel wie Antriebsstoffe und wurde 1905 von E. H. STARLING erstmals eingeführt. Der Mensch produziert etwa 50 Hormone, die Körperfunktionen, Entwicklung und Wachstum koordinieren.
Im jugendlichen Alter finden gravierende Umstellungen der Funktionen des endokrinen Systems statt, die sowohl äußerliche Körpermerkmale als auch das Verhalten verändern. Viele Jugendliche wissen dann eigentlich gar nicht, was mit ihnen passiert. Sie müssen sich an ein anderes Aussehen gewöhnen, sind launisch, schnell gereizt, z. T. aggressiv, lustlos, provokant. Das ist eine schwere Zeit und häufig ist die Ursache für diese Stimmungsschwankungen unklar.
Das Hormonsystem wird auch als endokrines System bezeichnet. Endokrin bedeutet so viel wie „nach innen absondern“. Deshalb spricht man bei Hormondrüsen auch von endokrinen Drüsen, da sie ihr Sekret (Hormone) ins Körperinnere abgeben. Zu den exogenen Drüsen gehören z. B. die Schweißdrüsen, welche ihre Stoffe nach außen absondern.
Hormone zählen neben Mediatoren, Neurotransmittern und Wachstumsfaktoren zu den chemischen Signalstoffen. Sie sind chemisch genau bestimmte Substanzen (Aminosäure-Derivate, Peptide, Proteine oder Steroide), die Befehle an bestimmte Organe oder Gewebe weitergeben, entweder mit anregender oder abbremsender Wirkung. Für die Auslösung einer Reaktion des betroffenen Organs genügt schon eine sehr geringe Menge des Hormons. Eine weitere Eigenschaft der Hormone: Sie sind nicht artspezifisch, d. h., Hormone höherer Tiere können auch beim Menschen Wirkung zeigen.
Die Unterscheidung der Signal- oder Botenstoffe beruht auf dem Ort ihrer Entstehung bzw. ihres Wirkungsortes.
Die Abgabe von Hormonen aus den Drüsen erfolgt entweder ereignisgesteuert (nach Signalen des bedürftigen Organs, z. B. bei erhöhtem Blutzuckerspiegel nach Mahlzeiten erfolgt Insulinausschüttung) oder stoßweise in regelmäßigen Rhythmen. Diese können im Bereich von Minuten (Insulin), Stunden (gonadotrope Hormone), Monaten (Menstruationszyklus) oder jahreszeitlichen Abschnitten (Sexualhormone) ablaufen.
Hormondrüsen gehören teils zum Nervensystem (Hinterlappen des Hirnanhangs, Zirbeldrüse), teils zum Verdauungsapparat (Bauspeicheldrüse u. a.) und teils zum Bauchfell (Geschlechtsdrüsen, Nebennierenrinde). Die Lage der verschiedenen Hormondrüsen im menschlichen Körper ist im Bild 2 dargestellt.
Lage der Hormondrüsen des Menschen
Hormondrüsen werden von einer übergeordneten Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und einer übergeordneten Schaltzentrale, dem Hypothalamus , gesteuert. Der Hypothalamus empfängt Nachrichten des vegetativen Nervensystems z. B. über Wärme- und Kältereize, Sinneseindrücke oder optische und akustische Wahrnehmungen. Das ganz in der Nähe befindliche limbische System übermittelt zusätzlich Botschaften unserer Gedanken und Gefühle an die Schaltzentrale Hypothalamus. Aufgrund dieser Botschaften von Nervenzellen oder limbischen Zellen produziert der Hypothalamus Hormone und schüttet diese an die bohnenförmige Hypophyse aus, welche sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Hypothalamus befindet. Die Hypophyse wiederum reagiert mit einer verstärkten oder verminderten Ausschüttung ihrer Hormone ins Blut und reguliert so die weitere Hormonbildung der endokrinen Drüsen (z. B. Schilddrüse, Nebenniere, Hoden, Eierstöcke) und damit die Reaktionen der einzelnen Organe.
Es gibt auch Hormone, welche unabhängig von Hypothalamus und Hypophyse arbeiten. Die Bauchspeicheldrüse verfügt über eine eigene Steuerung zur Kontrolle der Nahrungsinhaltsstoffe und des Blutzuckerspiegels. Die Hormone Insulin und Glukagon reagieren entsprechend mit verstärkter oder verminderter Ausschüttung. In der Zirbeldrüse (Epiphyse) sorgt Melatonin für die Steuerung von Schlafverhalten und Alterungsprozess. Auch im Nebennierenmark werden eigene Hormone hergestellt. Die Produktion von Adrenalin und Noradrenalin wird direkt über Nervenimpulse bei Stress- und Gefahrensituationen gesteuert.
Hormone beeinflussen sich auch wechselseitig. Damit werden Körperfunktionen häufig von mehreren Hormonen koordiniert. In der Verknüpfung der Hormone existieren Hierarchien aus über- und untergeordneten Hormonen.
Einzelne Hormondrüsen sind ganzlebig tätig, andere, z. B. die Geschlechtsdrüsen, beginnen erst ab der Pubertät mit ihrer Aktivität. Mit dem Einsetzen dieser Hormontätigkeit und den dadurch bedingten Veränderungen in diesem Entwicklungsabschnitt kann man viele „Neuigkeiten“ und „Ungereimtheiten“ sowohl körperlich als auch seelisch erklären. Hormone beeinflussen u. a. Wachstum, Stoffwechsel, Fortpflanzung und psychisches Verhalten.
Eine Einteilung der Hormone kann entweder nach ihrer Struktur oder nach ihrer Funktion erfolgen.
Die funktionelle Wirkung der Hormone kann man in 4 Hauptbereiche gliedern:
– | Sie steuern Wachstum und Differenzierung von Zellen, Geweben und Organen. Dazu gehören Zellvermehrung, Embryonalentwicklung und sexuelle Differenzierung. Vor allem Steroidhormone regeln diese längerfristigen Prozesse, welche die Neusynthese von Proteinen erfordern. |
– | Sie regulieren Stoffwechselwege. Hierfür sind schnell wirkende Mechanismen notwendig. Deshalb greifen viele Hormone in Enzymwege ein und erhöhen oder verringern deren Aktivität. Auf- und Abbau von Speicherstoffen (Fett), Biosynthese, Metabolitabbau (Fettsäuren) und Bereitstellung von Stoffwechselenergie werden vor allem reguliert. |
– | Sie beeinflussen Verdauungsvorgänge. Sie werden meistens durch örtlich wirkende Peptidhormone geregelt, aber auch Gewebshormone und Neuropeptide sind beteiligt. |
– | Sie kontrollieren die Aufrechterhaltung der Ionen-Konzentration. Reguliert werden u. a. , und in den Körperflüssigkeiten und die davon abhängigen Größen (z. B. der Blutdruck) sowie die Konzentrationen von und Phosphat, die die mineralische Substanz von Knochen und Zähnen bilden. |
Welche Hormone in diesen Hauptbereichen wirksam werden, zeigt die folgende Tabelle.
Wirkungsart | Wirkung auf das Zielgewebe | Hormone |
kinetisch | Kontraktion der Muskulatur, Konzentrierung und Verteilung von Pigmenten, Sekretion aus exokrinen Drüsen | Adrenalin Melatonin Oxytocin |
metabolisch | Kontrolle der Atmungsrate, Elektrolyt- und Wasserhaushalt | Thyroxin Insulin, Wachstumshormon, Glucocorticoide, Glukagon Parathormon, Calcitonin, Vitamin D3 |
morphogenetisch | Allgemeinwachstum, Mauser, Häutung, Haar- und Fellwechsel, Metamorphose, Regeneration, Gonadenreifung, Gametenfreisetzung, Differenzierung des Genitaltrakts, Entwicklung sekundärer Geschlechtsmerkmale | Wachstumshormon Östrogene und Androgene |
Verhalten | trophische Wirkungen auf die Entwicklung neuraler Systeme, Empfindlichkeit für spezifische Reize, Auslösung von Verhaltensweisen | Östrogene, Progesteron, Androgene Prolactin |
Die Produktion und Abgabe von Hormonen aus den Hormondrüsen wird über einen negativen Rückkopplungsmechanismus reguliert. Das bedeutet, die Hormonkonzentration selbst oder die Reaktion des Zielgewebes auf das Hormon hat hemmende bzw. fördernde Wirkung auf die Produktion bzw. Abgabe des betreffenden Hormons.
Durch das Hormonsystem hat der Körper die Möglichkeit, Körperfunktionen innerhalb sehr enger Bereiche im Gleichgewicht zu halten und etwaige Veränderungen sofort auszugleichen. Diese Fähigkeit wird als Homöostase bezeichnet.
Rückkopplungsmechanismen der Hormonproduktion und -abgabe
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