Gentechnologie

Gentechnik (Gentechnologie)

Die Molekulargenetik hat sich in den letzten dreißig Jahren rasant entwickelt. Ein wichtiger Meilenstein war dabei die Identifikation der DNA als Träger der genetischen Information. Dadurch war es möglich geworden, gerichtet genetische Veränderungen von Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren vorzunehmen, und zwar gezielt und direkt am genetischen Material eines Organismus. Die Gentechnik (Gentechnologie) war „geboren“.

Die Gentechnik ist ein Teilgebiet der Biotechnologie, das sowohl die theoretischen Grundlagen als auch die praktischen Methoden zur Analyse, gezielten Veränderung und Übertragung von Erbmaterial umfasst.

Organismen, deren Erbmaterial gentechnisch beeinflusst worden ist, bezeichnet man als transgen. Die Möglichkeiten, die die Gentechnik eröffnet, haben sowohl Einfluss auf die Pflanzen- und Tierzüchtung als auch auf die Medizin, die Mikrobiologie und auf viele andere Bereiche unseres täglichen Lebens.

Das Schaf Polly (Nachfolger des 1. Klonschafs Dolly) ist ein Beispiel für den Einfluss, den die Gentechnik auf unser Leben ausübt. Es kam 1997 zur Welt. Es war das erste transgene und geklonte Schaf auf der Welt. Die Eizelle, aus der sein Erbgut stammt, enthielt ein eingeschleustes Gen für einen menschlichen Blutgerinnungsfaktor. Ausgetragen wurde Polly von einem Mutterschaf einer anderen Rasse.

Gentechnik – Segen oder Fluch?

Die Frage, ob die Gentherapie ein Segen oder eine Horrorvision für die Menschheit ist, lässt sich heute noch nicht beantworten. Nur eines ist sicher: Sie kann zum Segen für die Menschheit werden, in der Hand von Unwissenden und Verantwortungslosen wird sie sich jedoch zur Horrorvision entwickeln. Im Moment sind wir alle noch Unwissende auf dem Gebiet der Gentechnologie, wie es zahlreiche Beispiele immer wieder belegen. Erst Anfang 2001 hat die amerikanische Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, FDA) alle acht Gentherapieversuche an der Universität von Pennsylvania gestoppt. Dort war im Herbst 1999 JESSE GELSINGER an den Folgen eines Gentherapieversuchs gestorben. Immerhin gilt die Universität von Pennsylvania als das größte Zentrum für Gentherapiestudien und die dortigen Ärzte gelten als führende Gentherapeuten in den USA und genießen auch international ein hohes Ansehen.

Methoden und Werkzeuge der Gentechnik

Die wichtigsten Methoden der Gentechnik sind

  • gezielte Eingriffe in das Erbgut von Organismen,
  • der Umbau von DNA-Molekülen,
  • die In-vitro-Kombination von DNA-Molekülen verschiedener Herkunft, ihre Einführung und starke Vermehrung in Wirtszellen.

Zur erfolgreichen Genmanipulation gehören zuerst die Analyse, dann die Isolierung und/oder Veränderung bzw. Synthese von Genen sowie deren Einbau in eine andere Zelle, die sogenannte Wirtszelle, und die Identifizierung des Klons mit der Fremd-DNA. Am Anfang aller Gentechnologie steht die Erfassung der genetischen Information, also der Basensequenz der DNA. Der Erfassung der Basensequenz des menschlichen Genoms hat sich z. B. das Humangenomprojekt verpflichtet. Aus dieser Erkenntnis der Sequenzierung des Genoms besteht die Möglichkeit, bestimmte, z. B. krankhaft veränderte DNA-Abschnitte neu zu synthetisieren (Gensynthese).

Die entscheidenden Werkzeuge der Gentechniker sind Enzyme (Restriktionsenzyme), die die DNA an genau festgelegten Stellen ausschneiden können.

Bakterien werden derzeit in der Gentechnik eingesetzt. Sie besitzen eine nicht an Chromosomen gebundene DNA (Plasmide). Daher kann man die DNA relativ einfach isolieren, verändern und wieder in die Zelle zurückführen. Bakterienzellen vermehren sich sehr schnell. Dadurch erfolgt auch eine effektive Klonierung der Fremd-DNA. Darüber hinaus kommen auch Viren zum Einsatz, deren Genübertragungsmechanismen genutzt werden.

Wichtige Anwendungsgebiete der Gentechnik

  • Isolation und Entschlüsselung von Genen
  • Übertragung wichtiger Gene in Bakterien und Gewinnung der Genprodukte
  • gezielte Veränderung von Genen
  • Übertragung von Genen in das Erbgut höherer Organismen

Mithilfe der Gentechnologie wird sich die Biotechnologie rasant verändern, denn dadurch ist es möglich, die Eigenschaften von Empfängerorganismen (z. B. Pilze oder Bakterien) für die industrielle Produktion oder auch von Pflanzen und Tieren im Dienste der Landwirtschaft gezielt zu verändern. In Bakterien wurden schon heute erfolgreich Gene für Insulin, Interferon oder Blutgerinnungsfaktor VIII eingeschleust und vermehrt. Die Bakterien sind dadurch in der Lage, die medizinisch relevanten Substanzen in so hoher Reinheit zu produzieren, wie es noch vor Jahren undenkbar gewesen ist.

In der Landwirtschaft wird einerseits bei Pflanzen versucht, Resistenzen gegen Schädlinge oder Herbizide durch gentechnologische Verfahren auf Nutzpflanzen zu übertragen. Die Pflanzenzüchtung findet damit heute hauptsächlich am Computer und im Mikrolabor statt. Andererseits wird versucht, den Ertrag von Pflanzen und Tieren weiter zu optimieren. Wer erinnert sich nicht an das gentechnisch veränderte Schwein, welches mehr Muskelfleisch und weniger Fett produziert.

Anwendung der Gentechnik beim Menschen

Die wichtigsten Anwendungsgebiete beim Menschen sind

  • der Einsatz gentechnisch produzierter Eiweiße als Medikamente,
  • die Gendiagnostik,
  • die Gentherapie an Körperzellen.

Außerdem arbeiten die Wissenschaftler daran, das therapeutische Klonen als ein bedeutsames Anwendungsgebiet zu erschließen.

Gendiagnostik: Heute sind etwa 6 000 genetisch bedingte Erkrankungen bekannt. Etwa 1,5 Prozent der Neugeborenen weisen eine erblich bedingte Fehlbildung oder Behinderung auf. Durch die Gendiagnostik kann man Fehler in den Erbanlagen identifizieren. Dazu werden DNA-Proben mithilfe von Restriktionsenzymen in kleine, unterschiedlich lange Abschnitte zerlegt. Eine radioaktiv markierte Gensonde (sie besteht aus einsträngiger DNA) zeigt den Gendefekt an. Daraufhin kann man therapeutische Maßnahmen einleiten.

Somatische Gentherapie: Unter somatischer Gentherapie versteht man die Übertragung spezifischer Gene auf Körperzellen (somatische Zellen) mit dem Ziel, defekte Gene zu ersetzen. So wäre es z. B. denkbar, Diabetikern intakte Gene zur Insulinbildung in die Bauchspeicheldrüse zu übertragen. Diese würden die Diabetiker von ihrem Leiden befreien und die Prozedur des täglichen Spritzens überflüssig machen. Aus technischer Sicht wäre dieses Verfahren vergleichbar mit einer Impfung oder Medikamenteneinnahme. Da die somatische Gentherapie nur Körperzellen betrifft, werden die genetischen Veränderungen nicht an die Nachkommen weitergegeben.

Therapeutisches Klonen: Durch diese Methode sollen Patienten Ersatzgewebe, z. B. Haut-, Knorpel-, Herz- oder Nervenzellen, aus körpereigenem Material erhalten. Dadurch hofft man, Krankheiten (Parkinson, Herzinfarkt) heilen zu können.

Ethikcode für Genforscher

Das Gentechnik-Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnologie liegt auf nationaler Ebene vor. Mit den Fragen der Chancen und Risiken für jeden einzelnen Anwendungsbereich der Gentechnologie beschäftigt sich unter anderem auch die Enquetekommission des Deutschen Bundestags. Auf internationaler Ebene regelt seit März 1996 ein Ethikcode, wie Wissenschaftler und Ärzte mit menschlichen Erbanlagen umgehen sollen und wie die Verwendung der aus diesen Versuchen gewonnenen Proben und Daten erfolgen soll. Dieser wurde speziell im Hinblick auf das Humangenomprojekt erstellt. Der einzige Nachteil der mit vielen „kann“- und „soll“-Begriffen gespickten Richtlinien ist, dass sie nicht verbindlich sind und es keine gesetzliche Kontrolle über deren Einhaltung gibt. Der Sinn und Zweck dieser Richtlinien dient damit nach Ansicht von Wissenschaftlern einzig dazu, die Eigenverantwortung der Wissenschaftler neu zu thematisieren und das Bewusstsein dafür zu schärfen. Die neuen Richtlinien sehen unter anderem vor, dass Experten sich gegenüber Laien in allgemein verständlicher Sprache ausdrücken und Patienten oder freiwilligen Versuchspersonen den Zweck ihrer Forschungen genau erklären müssen.

Über Gebrauch und Lagerung von Blut- oder Gewebeproben, die im Rahmen von Gentests gewonnen werden, entscheiden dann die Betroffenen selbst. Ohne deren Einverständnis dürfen Genforscher die gewonnenen Daten – etwa über das Risiko der Versuchsteilnehmer, an Krebs oder Diabetes zu erkranken – nicht weitergeben. Die Aufklärung der Bevölkerung spielt hier eine entscheidende Rolle, da nur die Betroffenen, denen ihre Rechte bekannt sind, diesbezüglich mögliche Missstände bei der Genforschung kritisieren können.

Neben gesetzlichen Bestimmungen zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, bei deren Herstellungsprozess gentechnisch veränderte Organismen zum Einsatz kamen, existieren vielfältige Regelungen im Bereich der Gentechnologie.
Die seit 1997 gültige Novel-Food-Verordnung regelte Zulassung und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel und wurde im April 2004 durch eine EU-Verordnung mit verschärften Sicherheitsanforderungen, erweiterter Kennzeichnung und umfangreicheren Informationsrechten der Öffentlichkeit abgelöst.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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