- Lexikon
- Biologie
- 6 Grundlagen der Genetik
- 6.8 Gentechnik (Gentechnologie)
- 6.8.0 Überblick
- Gentechnik, Nutzen und Risiken
Die Hauptbedenken gegen die Anwendung gentechnischer Methoden beruhen einerseits auf einer denkbaren Gefährdung unserer Umwelt, andererseits auf der Möglichkeit der gezielten Manipulation des genetischen Materials des Menschen. Beides sind mögliche Gefahren, die durch geeignete Gesetze eingegrenzt werden können.
Die Frage, ob eine Gentherapie auf dem Niveau der Keimbahntherapie überhaupt wünschenswert oder notwendig ist und welche Folgen sie haben könnte, wird zurzeit sehr heftig diskutiert. Um Missbrauch auszuschließen, verbietet das Embryonenschutzgesetz von 1991 in Deutschland, Menschen zu klonen und an frühen Embryonen zu forschen.
Dennoch dürfen wir nicht übersehen, dass die Fortschritte in der Gentechnik immer wieder neue Anlässe zu Diskussionen, aber auch neue, positive Anwendungen bringen werden.
Als problematisch wird angesehen, wenn gentechnisch veränderte Organismen in die Umwelt freigesetzt werden, z. B. gentechnisch veränderte Mikroorganismen zum Abbau umweltschädigender Substanzen oder Nutzpflanzen mit Resistenzgenen gegenüber bestimmten Pestiziden. Bedenken wird dahingehend geäußert, dass diese Gene auf andere Organismen übertragen und auch die Wildkräuter gegenüber den Pestiziden resistent werden könnten. Kritiker meinen auch, dass der Pestizideinsatz und somit die Umweltbelastung durch den Anbau resistenter Kulturpflanzen nicht notwendig geringer werden würde.
Allgemein positiv wird dagegen die Herstellung von Eiweißen durch Tiere für die Arzneimittelproduktion bewertet. Diese Verfahren befinden sich bereits im Stadium der Umsetzung in konkrete Produktionsverfahren.
Noch bedeutender für die Humanmedizin wäre die gentechnische Veränderung von Tieren dahin, dass deren Organe sich zur Transplantation in den Menschen eignen. Das Spendertier wird durch den Einbau menschlicher Gene so programmiert, dass die zu transplantierenden Organe dem Immunsystem des Menschen angepasst sind und bei einer Transplantation nicht abgestoßen werden.
Mit dieser Transplantation könnte vielen todgeweihten Menschen effektiv geholfen werden, denn der Bedarf an Organen übersteigt bei Weitem die zur Verfügung stehenden Spenderorgane. Hier besteht allerdings noch sehr großer Forschungsbedarf, um grundlegende Fragen abzuklären. Als sicher gilt, dass Tiere durch die eingebrachten menschlichen Gene nicht leiden und nicht in ihrer Vitalität eingeschränkt sind.
Das Humangenomprojekt ist ein internationales Vorhaben mit dem Ziel, die vollständige Bauanleitung des Menschen zu entschlüsseln, d. h. die in den Genomen niedergelegten genetischen Informationen zu verstehen.
Der Grundstein für dieses Vorhaben wurde 1990 mit der Gründung des HUMAN GENOME PROJECT gelegt. Dieses Forschungsvorhaben, an dem Wissenschaftler aus über 50 Ländern beteiligt sind, ist nur die Fortführung einer in frühen Jahrhunderten begonnenen Forschung.
Schon seit dem sechzehnten Jahrhundert ist die Anatomie des menschlichen Körpers, die Form und Lage seiner Organe, Muskeln und Knochen, bekannt. Später kamen dann detaillierte Einblicke in die mikroskopische Feinstruktur der verschiedenen Organe hinzu. So ist es nur konsequent, das die Wissenschaftler im Zeitalter der Molekularbiologie versuchen, die Anatomie des Menschen auch in ihrer bislang kleinsten bekannten Dimension, der Bausteinreihenfolge des menschlichen Erbguts, zu verstehen. Durch diese Erkenntnisse erhofft sich die Wissenschaft neue Einblicke in die Art und Organisation der menschlichen Erbanlagen sowie bedeutende Fortschritte für Medizin und Biotechnologie.
Die große Gefahr besteht darin, dass die Erbanlagen eines Menschen in gute und schlechte unterteilt werden und dass in der Gesellschaft bei der Arbeitsplatzsuche oder beim Abschluss einer Krankenversicherung ein Gencheck durchgeführt wird und dieser als Entscheidungsgrundlage dient. Das Damoklesschwert der positiven Folgen für die Medizin einerseits und der Überbewertung von Erbanlagen andererseits schwebt über uns, weil das Zusammenspiel von Genen und Umwelt vorerst noch kaum verstanden wird. Deshalb ist es umso wichtiger, dass es sich beim Humangenomprojekt um ein international koordiniertes Projekt handelt, das von Anfang an auch ethisch und juristisch begleitet wurde.
Die Idee für dieses Projekt entstand Mitte der 1980er-Jahre in Amerika. Es sollte ursprünglich helfen, Diagnosen für Krankheiten zu erstellen und dann auch die Vorsorge und Therapie vieler dieser „Volkskrankheiten“ wie Rheuma, Diabetes, Krebs und Herzkreislaufleiden verbessern. Da diese Idee große, neue wissenschaftliche, finanzielle, gesellschaftliche, ethische und soziale Fragen aufwerfen würde, war man sich sehr schnell einig, dass dieses nur im Zusammenspiel aller durchgeführt werden konnte. Der genetische Text des Menschen ginge schließlich alle etwas an. 1987 beschloss der amerikanische Kongress, Milliardenbeiträge zur Verfügung zu stellen. Für dieses 1990 offiziell gestartete Vorhaben wurde die internationale Koordinierungsstelle, die Human-Genom-Organisation (HUGO) installiert, welche sich mit dem Informationsaustausch, der Koordinierung und den verbundenen ethischen und rechtlichen Fragen auseinandersetzt.
Mit einem Umfang von fast 3 Milliarden US-Dollar ist es das größte Unternehmen, das jemals in der Biologie begonnen wurde. Als Laufzeit sind 15 Jahre vorgesehen. Anfang 2001 konnten sowohl kommerzielle wie auch staatlich geförderte Wissenschaftler die Sequenzierung des menschlichen Erbguts verkünden.
Seit dem erfolgreichen Abschluss des Projekts im Jahr 2004 widmen sich die Forscher in Folgeprojekten der schwierigeren Aufgabe der Proteomik. Hierbei gilt es, den entschlüsselten DNA-Sequenzen Proteine und deren Funktionen im Organismus eindeutig zuzuordnen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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