Erkrankungen des Hormonsystems

Durch die zahlreichen Wechselwirkungen zwischen den Hormondrüsen und der Koppelung zwischen Nerven- und Hormonsystem sind die Erkennung der Erkrankungen und die nachfolgende Therapie häufig sehr schwierig. Aus der Vielzahl hormoneller Erkrankungen sollen hier nur einige besprochen werden, die einerseits aufgrund der erwähnten Wechselwirkungen Einblick in die Besonderheiten der hormonellen Koordination geben und andererseits schon seit vielen Jahren das Interesse der Menschen auf sich ziehen.

Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) betrifft viele Menschen unabhängig vom Alter und ist auf die ungenügende Insulinbildung in den langerhansschen Inseln der Bauspeicheldrüse oder auf die fehlende Reaktion im Zielgewebe zurückzuführen. Als Folgen treten auf:

  • herabgesetzter Glucoseabbau in den Geweben,
  • verringerte Glykogenbildung in der Leber und der Muskulatur,
  • verstärkter Glykogenabbau mit Glucosebildung,
  • Glucoseneubildung aus Eiweiß,
  • erhöhter Fettabbau zur Energiegewinnung.

Insgesamt entsteht eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Der Organismus reagiert darauf mit Ausscheidung von Glucose im Harn.
Die Zuckerausscheidung im Harn führte zu dem Krankheitsnamen: Diabetes bedeutet „große Harnmenge“, mellitus bedeutet „süß schmeckend“.

Gefahren, die durch erhöhte Glucoseausscheidung entstehen können, sind die:

  • vermehrte Stickstoffausscheidung im Harn,
  • verstärkte Bildung von Stoffwechselendprodukten, die zur Verringerung des pH-Wertes (Acidose) des Blutes führen und
  • erhöhte Na + und K + -Ausscheidung im Harn, damit fehlen wichtige Ionen zur Aufrechterhaltung der Membranfunktion.

Bei schweren Fällen von Diabetes können diese Stoffwechselveränderungen zu lebensbedrohlichen Zuständen (Koma) führen.

Man unterscheidet: Diabetes mellitus Typ I (insulinabhängiger Diabetes), der auf eine Autoimmunkrankheit (Immunsystem greift die Inselzellen des Pankreas an) zurückzuführen ist und hauptsächlich im jugendlichen Alter auftritt, von Diabetes mellitus Typ II (nicht insulinabhängiger Typ), der überwiegend auf die ungenügende Fähigkeit der Zielzellen zur Reaktion auf Insulin zurückzuführen ist und im höheren Alter (Altersdiabetes) auftritt.
Insulinmangel ist aber auch auf die erhöhte Adrenalinproduktion (Stress) zurückzuführen.
Diabetes mellitus wird durch Zufuhr von Insulin, durch körperliche Betätigung und Diäten behandelt.

Erkrankungen des Hormonsystems - Zufuhr von Insulin mit Hilfe einer Spritze

Die basedowsche Krankheit, das Myxödem und Kretinismus sind Erkrankungen der Schilddrüse, die auf Über- bzw. Unterfunktion dieser Hormondrüse bzw. des ihr übergeordneten Koordinationszentrums beruhen.
Eine Überfunktion , d. h. eine stärkere Thyroxinbildung, führt zur Erhöhung des Stoffwechsels. Als Folge treten Gewichtsverlust, Nervosität, Erhöhung des Herzschlages und der Körpertemperatur sowie verstärktes Schwitzen auf. Thyroxinhemmende Medikamente, aber auch einige Nahrungsmittel können diese Überfunktion beseitigen.
„Basedowsche Krankheit“ ist die Bezeichnung für eine ausgeprägte Überfunktion, die neben den erwähnten Symptomen besonders durch die leichte Anschwellung der Schilddrüse (Kropf) und das Hervorquellen der Augen gekennzeichnet ist. Sie wurde von dem Merseburger Arzt BASEDOW (1799–1854) erstmals beschrieben.

Eine Unterfunktion führt zur Herabsetzung des Stoffwechsels, der Leistungs- und Reaktionsfähigkeit. Im Erwachsenenalter und bei leichterer Unterfunktion auch bei Kindern tritt vermehrt Flüssigkeit in den Zellzwischenräumen auf, wodurch die Haut schwammig erscheint und z. T. die Zunge anschwillt. Dieses Krankheitsbild wird als Myxödem bezeichnet.
Wird im frühen Kindesalter die Unterfunktion der Schilddrüse nicht rechtzeitig erkannt, treten schwere Entwicklungs- und Wachstumsstörungen auf. Das betrifft die geistige Entwicklung durch unzureichende Versorgung des Gehirns und die von Thyroxin abhängige Produktion des Wachstumshormons. Die geringe bzw. fehlende Ausschüttung von Wachstumshormonen führt zum Wachstumsstillstand. Dieses Krankheitsbild heißt Kretinismus.
Unterfunktion kann angeboren sein oder wird durch Jodmangel in Trinkwasser und Nahrung hervorgerufen. Vorbeugend wird Kochsalz im Handel angeboten, das kleine Mengen Natriumjodid enthält. Bei Unterfunktion müssen Thyroxinpräparate eingenommen werden.

Riesenwuchs entsteht durch Überproduktion von Wachstumshormon im jugendlichen Alter, d. h. bei noch vorhandenem Wachstum der Röhrenknochen.
Aufsehenerregende Beispiele für diese Erkrankung sind u. a. der 1761 geborene CHARLES BYRNE aus Irland, der 2,49 Meter groß wurde und dessen Skelett im John Hunter-Museum ausgestellt ist, sowie ROBERT WADLOW, der 1928 in Alton im US-Bundesstaat Illinois geboren wurde. Er erreichte eine Größe von 2,72 Metern.
CHARLES BYRNE und ROBERT WADLOW wurden nur je 22 Jahre alt. Bei beiden wurde nachträglich ein Hypophysentumor festgestellt.

Tritt die Überproduktion von Wachstumshormon nach Beendigung des Längenwachstums auf, dann wachsen nur einzelne Körperteile z. B. Kinn, Wangenknochen, Ohren, Nase. Dieses Krankheitsbild wird als Akromegalie bezeichnet.
Wahrscheinlich litt der Pharao ECHNATON (14. Jh. vor Christus) schon an Akromegalie und ist damit der älteste bekannte Krankheitsfall.

Zwergwuchs ist auch auf genetische Faktoren, auf zu geringe Produktion von Wachstumshormon, zurückzuführen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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