Blaualgen

Systematische Einordnung

Aufgrund der Tatsache, dass Blaualgen (Cyanobakterien) wie Algen Chlorophyll enthalten und wie höhere Pflanzen in der Lage sind, eine mit Sauerstoffentwicklung einhergehende Fotosynthese zu betreiben, ordnete man sie früher den Blaualgen zu. Tatsächlich gehören Cyanobakterien jedoch zur Gruppe der gramnegativen Prokaryonten. Im Gegensatz zu den Cyanobakterien sind Algen Eukaryonten und führen die Fotosynthese in den Chloroplasten durch.

Bau und Größe von Blaualgen

Die Blaualgen (Cyanobakterien) sind nach den Bakterien die ältesten Lebewesen auf der Erde (Präkambrium, vor ca. 3 500 Millionen Jahren). Sie sind wahrscheinlich die ersten Lebewesen, die Fotosynthese durchführten. Blaualgen sind etwa 5- bis 10-mal größer als eine Bakterienzelle. Während eine Bakterienzelle eine Größe von 0,2 bis maximal ca. 5 µm erreicht, können die Zellen der als Einzelzellen, Zellkolonien oder als Zellfäden vorkommenden Blaualgen eine Größe von 10 µm erreichen.

Blaualgen sind unterschiedlich geformte einzellige oder zu Kolonien und Zellfäden angeordnete Organismen ohne abgegrenzten Zellkern (Kernsubstanz). Sie enthalten im Plasma Farbstoffe, z. B. Chlorophyll a, Phycocyan, sowie eine Zellwand.

Der Name „Blaualge“ kommt ursprünglich von der blau-grünen Farbe. Die Blaualgen besitzen Pigmente der Gruppe der Phycobiliproteine, die in den meisten anderen Algen nicht vorkommen: das blaue Phycocyan-c und den roten Farbstoff Phycoerytrin-c (mit Ausnahme einiger Rotalgen wie Porphyra oder einige Cryptophyceae). Zusätzlich besitzen sie das grüne Chlorophyll-a sowie ß-Carotin und Xanthophylle. Durch Kombinationen dieser Pigmente sind viele Farben möglich. Blaualgen müssen nicht immer blau erscheinen. Je nach Anteil der Farbstoffe sind die Zellen der „Blaualgen“ blau, blaugrün, gelblich, rötlich oder violett gefärbt.

Bestrahlt man Oscillatoria mit rotem Licht, werden sie grün; die gleichen Oscillatoria werden in grün-gelbem Licht blau und in gelbem Licht blau-grün bis blau. Dies geschieht durch Veränderung der Zusammensetzung der Assimilationspigmente.

Als Assimilationsprodukt wird sogenannte Cyanophyceenstärke, die dem Glykogen im chemischen Aufbau sehr ähnelt, gebildet.

Lebensweise von Blaualgen

Die Fotosynthese der Blaualgen stimmt bis auf einige Details weitgehend mit der bei grünen Pflanzen ablaufenden Fotosynthese überein. Alle energieumwandelnden Prozesse finden an der äußeren Zellmembran (am sogenannten Plasmalemma) und an intrazellulären Membranen statt. Wie bei anderen Bakterien sind auch bei den Blaualgen intrazelluläre Membransysteme wie das Umgrenzen von Gasvakuolen zu beobachten, sind jedoch nicht so häufig wie bei eukaryotischen Zellen. Die Zellwand baut sich aus Murein auf. Die Einzelzellen sind bei vielen Arten zu größeren, von Gallerten umgebenen Kolonien zusammengeschlossen.

Blaualgen ernähren sich autotroph. Sie pflanzen sich ungeschlechtlich durch Zellspaltung (Zweiteilung) fort. Geschlechtliche Fortpflanzung ist nicht bekannt.

Die Blaualgen sind mit etwa 2 000 rezenten Arten über die gesamte Erde verbreitet. Sie können oft schon mit dem bloßen Auge als gallertartige Masse, feinfädige Überzüge oder gefärbte Wasserblüten sichtbar sein. Sie leben vor allem in Süßwasser, aber auch auf und in feuchten Böden, auf Baumrinde und Felsen bis in die Antarktis. Bei etlichen Arten ist also eine Angepasstheit an das Leben außerhalb des Wassers erfolgt.

Blaualgen sind unbegeißelt, daher ist die Fortbewegung für diese Organismen äußerst schwierig. Man kann bei einigen Arten eine Gleitbewegung beobachten, durch die die Zellfäden dann zu schwingen beginnen, deren Mechanismus bisher aber noch nicht geklärt werden konnte. Danach wurde auch die weitverbreitete Gattung Oscillatoria benannt. Sie heißt Schwingalge und tritt häufig im Schlamm verschmutzter Gewässer auf.

Ökologische Bedeutung der Blaualgen

Blaualgen haben ökologische Bedeutung als

  • Erstbesiedler von Steinen und Felsen,
  • Anfangsglieder von Nahrungsketten,
  • Sauerstoffbildner und Luftstickstoffbinder im globalen Stoffkreislauf,
  • Symbionten in Flechten,
  • Verursacher der „Algen- oder Wasserblüte“.

Eine besondere Bedeutung haben Cyanobakterien als Primärbesiedler (Erstbesiedler) von Felswänden und Rohböden. Sie sind wichtige Bestandteile von Biofilmen und Biomatten in Lagunen, Salzmarschen und auf Wattböden. Biokrusten auf Rohböden, etwa auf Sanddünen in Wüsten oder im Hochgebirge, stabilisieren die Oberfläche und leiten die Besiedelung durch andere Lebewesen ein. Eine besondere Bedeutung haben Cyanobakterien als Besiedler der Litoralzone, insbesondere der oberen Spritzwasserzone, die häufig von Cyanobakterienbelägen schwarz gefärbt ist (Gattungen Calothrix, Phormidium, Nodularia, Gloeothece und Rivularia).

Als Bestandteil des Phytoplanktons gehören Cyanobakterien zu den Anfangsgliedern der Nahrungskette. Phytoplankton baut als Primärproduzent mithilfe der Fotosynthese aus Kohlenstoffdioxid seine Körpersubstanz (Biomasse) auf. Es ist damit die Basis der Nahrungspyramide in Gewässern. Die Fotosynthese der Cyanobakterien entspricht der Fotosynthese der eukaryotischen Algen und der höheren Pflanzen. Im offenen Ozean wird die Hauptmenge der Fotosynthese vom sogenannten Picophytoplankton geleistet (Phytoplanktonzellen, die erst durch Netze aufgefangen werden, welche Poren von 2 µm Durchmesser besitzen). Dieses Picoplankton wird von den Cyanobakteriengattungen Synechococcus und Synechocystis dominiert.
Es wird geschätzt, dass Phytoplankton für die Produktion von 70–80 % des Sauerstoffs in der Atmosphäre verantwortlich ist. Das fädige Blaugrüne Bakterium Trichodesmium ist ein Hauptbestandteil des Phytoplanktons in der Karibik. Dabei können von dieser blau-grünen Alge pro Tag und Quadratmeter bis zu 1,3 mg Luftstickstoff fixiert werden.

Einige Vertreter der Gattung Nostoc (Gallertalge) kommen auf feuchten Böden vor, andere wiederum in trockenen Biotopen. Einige Arten leben in Symbiose mit Pilzen und bilden damit neue Organismengruppen, wobei sie entweder Endosymbionten sind, wie z. B. bei Geosiphon, oder eine extrazelluläre Assoziation (Zusammenschluss) eingehen, wie man es bei den Flechtengattungen Peltigera, Collema und Leptogium oder bei grünen Pflanzen vorfindet. So lebt eine Anabaena-Art in Symbiose mit dem Wasserfarn Azolla (die Blaualge versorgt ihn mit stickstoffhaltigen Verbindungen). Nostoc-Arten wurden im Thallus verschiedener Lebermoose, in den Wurzelzellen einiger Cycadeen-Arten und in den Rhizomen von Gunnera nachgewiesen.

Algenblüte

In manchen Seen kann es erfahrungsgemäß, insbesondere im Hochsommer, aufgrund hoher Nährstoffkonzentrationen zu einer sichtbaren Blaualgen-Massenentwicklung kommen. Blaualgen können hautreizend oder giftig wirken.

Sie sind erkennbar an einer starken grünlichen Trübung des Wassers; bei starker Algenblüte an grünen Schlieren oder rahmartigen Schichten auf dem Wasser. Blaualgen-Massenansammlungen sind sehr wind- und wetterabhängig und können sich innerhalb weniger Tage auch wieder auflösen

Tipps vom Gesundheitsamt: Vermeide das Baden, wenn du bereits in knietiefem Wasser deine Füße nicht mehr sehen kannst oder wenn Schlieren auf dem Wasser sichtbar sind. Achte darauf, kein blaualgenhaltiges Wasser zu schlucken; denk daran, dass vor allem Kinder und Kleinkinder gefährdet sind. Ihr solltet aus Vorsorgegründen in diesen Fällen nicht mehr im Wasser baden oder Kleinkinder sollten dann auf keinen Fall am Ufersaum planschen und spielen.

Falls nach dem Baden in stark blaualgenhaltigem Wasser Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Hautreizungen auftreten, solltest du einen Arzt aufsuchen.

Blaualgen – erdgeschichtliche Bedeutung

„... Blaualgen sollen nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen die ersten Lebewesen gewesen sein, die einen festen Untergrund als ihr Zuhause gewählt haben – und das bereits vor 2,6 Milliarden Jahren ...“ (aus Spiegel online, vom 30.11.2000).
YUMIKO WATANABE und seine Kollegen von der Pennsylvania State University berichteten in der englischen Fachzeitschrift „Nature“, dass sie davon ausgehen, dass bereits vor 2,6 Milliarden Jahren, also 1,4 Milliarden Jahre früher als bisher angenommen, winzige Lebewesen die Urozeane verlassen haben und das Land als Lebensraum eroberten.

Wie kamen die Forscher zu dieser Einschätzung?
Das Forscherteam beschäftigte sich mit uralten Gesteinen aus dem Norden Südafrikas und deren organischen Ablagerungen. Anhand der gefundenen Zusammensetzung konnte man darauf schließen, dass es damals bereits Mikrobenmatten gab, die sich auch auf dem festen Land gebildet haben konnten. Die gefundenen Anteile, die sich aus großen Mengen Kohlenstoff, aber auch aus Stickstoff, Wasserstoff und Phosphor zusammensetzten, brachten die Geologen zu der Annahme, dass diese Ablagerungen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Überreste sehr früher Organismen sein könnten und nicht aus Vulkanen stammten. Dafür spricht auch die Tatsache, dass das organische Material nicht, wie bei Einschwemmung zu erwarten, in Rissen und Spalten, sondern in homogenen Tonschichten gefunden wird.

Ursprung der organischen Stoffe sind daher nach Meinung der Forscher dünne Blaualgenmatten, die es ja in den damaligen Ozeanen schon gab.

Bisher zählen zu den ersten gesicherten Beweisen für Leben auf dem Land bislang 1,2 Milliarden Jahre alte Mikrofossilien aus Arizona. Wenn sich also diese neue Sichtweise der Forscher durchsetzt, so würde dies zur Folge haben, dass man die Eroberung des Landes um mindestens 1,4 Milliarden Jahre vordatieren müsste.

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