Wirkung von Penicillin

Penicillin blockiert die Bildung von Bakterienzellwänden.
Wieder half der Zufall bei der Entdeckung des Penicillins 1928 durch ALEXANDER FLEMING. Er hatte zahlreiche Streptokokkenkulturen in Petrischalen angesetzt. Auf einige waren Schimmelsporen gefallen, die einen Pilzrasen bildeten. FLEMING beobachtete, dass einige Schimmelpilze das Wachstum der Streptokokken hemmten.

Nach genaueren Untersuchungen fand er heraus, dass eine Pilzart nicht nur Streptokokken attackierte, sondern auch die Erreger von Diphtherie und den Erreger des Milzbrandes abtötete. Andere Erreger, wie das Typhusbakterium und die Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers wurden nicht angegriffen.

Diesen wirksamen Stoff nannte FLEMING Penicillin, weil er vom Schimmelpilz Penicillium notatum produziert wurde.
1929 beschreibt er in einem Artikel seine Forschungsergebnisse, die mit folgender Zusammenfassung schlossen:

  1. Ein bestimmter Schimmelpilz produziert in der Kultur eine stark wirkende antibakterielle Substanz. Die antibakterielle Wirkung erreicht ihren Höhepunkt in etwa sieben Tagen bei zwanzig Grad Celsius, und sie vermindert sich wieder nach zehn Tagen, bis sie innerhalb von vier Wochen beinahe verschwunden ist.
  2. Der beste Nährboden zur Herstellung der antibakteriellen Substanz war gewöhnliche Fleischbrühe.
  3. Der aktive Wirkstoff ist leicht filtrierbar, und diese Filtrate werden Penicillin genannt. ...
  4. Die Wirksamkeit gegen Eiter-Kokken und die Diphtherie-Gruppe der Bazillen ist sehr ausgeprägt. Manche Bakterien sind völlig unempfindlich, insbesondere die Coli-Gruppe, die Influenza-Bazillen-Gruppe und der Enterococcus (Darmbakterien).
  5. Penicillin ist für Tiere in enormen Dosen ungiftig, und es ist reizlos. Es beeinträchtigt die Wirksamkeit der Funktionen der Leukocyten nicht stärker als normale Fleischbrühe.
  6. Es wird angenommen, dass es ein wirksames Antiseptikum sein kann, das zur äußerlichen Anwendung und zur Injektion in Gebiete, die von penicillinempfindlichen Bakterien infiziert sind, benützt werden kann.

1941 wagte man erste Heilungsversuche am Menschen. Der erste Mensch, der behandelt werden sollte, war ein Polizist. Er wurde mit einer schweren Sepsis (Blutvergiftung) eingeliefert. Der Körper war mit eitrigen Geschwüren bedeckt, innere Organe bereits angegriffen und Sulfonamide, die damals verwendeten Medikamente, wirkten nicht mehr. Die Ärzte konnten dem Polizisten auf herkömmliche Art nicht mehr helfen. Weil Streptokokken und Staphylokokken mit Penicillin vernichtet werden konnten, entschloss man sich, das neue Medikament anzuwenden. Nach der Gabe von Penicillin besserte sich der Zustand des Patienten zusehends, aber der Vorrat ging zu Ende. Obwohl man das Penicillin aus dem Urin des Patienten zurück gewann, reichten die verfügbaren 4,4 g nicht aus. Er starb.

Auch beim zweiten Patienten, einem Kind mit schwerer Sepsis, unterschätzte man die erforderliche Menge Penicillin. Nach anfänglicher Besserung starb auch das Kind, weil Penicillin fehlte.
Nach diesen Niederlagen stellten sich Erfolge sowohl in der Heilung wie auch in der Herstellung ein. Neue Pilzstämme wurden gefunden und für die Herstellung des Medikamentes vorbereitet.

Heute wissen wir, wie Penicillin auf Bakterien wirkt. Penicillin ist ein Inhibitor für ein bestimmtes Bakterienenzym. Das Enzym Transpeptidase regelt die Quervernetzung der Polysaccharidketten des Mureins. Im Gegensatz zu pflanzlichen Zellwänden, die vor allem aus Cellulose bestehen, sind Bakterienzellwände aus Murein aufgebaut. Penicillin blockiert das aktive Zentrum dieses Enzyms und verhindert so die Fertigstellung der Zellwand. Damit wirkt es nur auf wachsende Bakterien.

Es wirkt gegen Staphylokokken, Streptokokken, Pneumokokken und Meningokokken und wird eingesetzt gegen Wundinfektionen, Lungenentzündung, Hirnhautentzündung, Diphtherie, Milzbrand, Gasbrand, Tetanus und Bauchfellentzündung. Obwohl Penicillin auch synthetisch hergestellt werden kann, wird es biotechnologisch aus Schimmelpilzen gewonnen.

Penicillin ist im Allgemeinen gut verträglich, ruft aber bei bestimmten Patienten eine Allergie hervor. Im Magen-Darmtrakt wird es abgebaut, so dass es zur Behandlung gespritzt werden muss.
Leider mussten Wissenschaftler in den letzten Jahren feststellen, dass immer mehr Bakterien gegen Penicillin immun werden. Sie bilden das Enzym Penicillinase, das das Penicillin aufbricht. Die Suche nach penicillinasefesten Abkömmlingen des Penicillins geht weiter.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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