Isaac Newton

ISAAC NEWTON ist einer der zentralen Personen der naturwissenschaftlichen Revolution, die im beginnenden 17. Jahrhundert von Italien (GALILEO GALILEI, 1564–1642) ausging und mit der Herausbildung der klassischen Mechanik ihren Abschluss fand. Die Mechanik NEWTONs wurde durch ihren klaren Aufbau und ihre mathematische Strenge bis weit in das 19. Jahrhundert hinein zum Vorbild für andere Teildisziplinen der Naturwissenschaften und übte auch wesentlichen Einfluss auf das Weltbild aus.

Kindheit, Jugend und Studium

ISAAC NEWTON wurde am 04.01.1643 (nach dem damals in England noch gültigen Julianischen Kalender am 25.12.1642, man findet deshalb als Geburtsjahr manchmal 1642 und manchmal 1643) in dem mittelenglischen Woolsthorpe nahe dem Städtchen Grantham als Kind einer Bauernfamilie geboren. Sein Vater starb noch vor seiner Geburt. Seine Mutter heiratete bald nach seiner Geburt wieder und überließ die Erziehung ISAACs ihrer Mutter und ihrem Bruder. Der Rektor seiner Schule in Grantham setzte durch, dass der begabte Junge sich auf die Universität vorbereiten konnte. Seine Mutter hätte ihn freilich lieber als Landwirt auf dem Hofe in Woolsthorpe gesehen.

Nach den Erinnerung seiner Schulgefährten war ISAAC ein zurückgezogener, vielseitig interessierter Junge, der gern bastelte und experimentierte, aber auch Streichen nicht abgeneigt war. Ein Beispiel: Bei einem nächtlichen Drachenaufstieg erschreckte er die Gutsbewohner mit an der Drachenschnur befestigten Kerzen, versuchte aber auch, die Zugkraft des Drachens zu bestimmen.

In Grantham lebte NEWTON bei einem Apotheker, was ihn zu chemischen Versuchen veranlasste. Hier begegnete er auch seiner Jugendliebe, mit der er bis ins hohe Alter freundschaftlich verbunden war. Außer dieser harmlosen Beziehung hatte er kein engeres Verhältnis zu Frauen, verheiratet war er nie.
1661 begann NEWTON sein Studium an dem berühmten Trinity College zu Cambridge, wo insbesondere sein Lehrer I. BARROW (1630–1677) auf ihn aufmerksam wurde und ihn stark beeinflusste.

Forscher und königlicher Münzmeister

Als wegen einer Pestepidemie 1665 auch die Universität in Cambridge den Lehrbetrieb unterbrechen musste, zog sich NEWTON nach Woolsthorpe zurück und entwickelte dort in den folgenden zwei Jahren die Grundlagen seiner Naturauffassung, die er später in mühevoller Kleinarbeit, durch scharfsinnige Überlegungen und geschicktes Experimentieren weiterentwickelt hat. Seine wichtigsten Entdeckungen hat er in dieser Zeit gemacht.

1669 verzichtete BARROW zugunsten seines Schülers auf seinen Lehrstuhl und ermöglichte diesem damit eine einigermaßen sichere Existenz.
Seine wichtigsten beruflichen Positionen waren 1669 bis 1701 Mathematikprofessor in Cambridge, 1671 Mitglied und ab 1703 Präsident der Royal Society sowie ab 1698 königlicher Münzmeister in London, eine Stellung, die ihm ein sorgloses Leben sicherte. NEWTON erfüllte seine Aufgabe mit solchem Erfolg, dass er 1705 von Königin Anna geadelt wurde.

NEWTON starb im Alter von 84 Jahren am 31.3.1727 in Kensington als ein anerkannter Mathematiker, Physiker und Astronom. Als erster englischer Naturwissenschaftler erhielt er ein Staatsbegräbnis. Sein Leichnam ruht in der Westminster Abbey in London an der Seite berühmter Persönlichkeiten der englischen Geschichte. Seine Grabinschrift lautet: „Hier liegt Isaac Newton, der goldene Ritter, der mit fast göttlicher Geisteskraft die Bewegungen und die Gestalt der Planeten, die Bahnen der Kometen und die Gezeiten der Ozeane durch seine die Fackel vorantragende Mathematik als Erster erklärte.“
NEWTON war einer der berühmtesten Wissenschaftler seiner Zeit, dessen Autorität noch lange nachwirkte.

Wissenschaftliche Leistungen

Die Liste der wissenschaftlichen Leistungen von ISAAC NEWTON ist lang und eindrucksvoll.
In der Optik beschäftigte sich NEWTON mit der Dispersion (Farbzerlegung) des Lichts und der Entstehung der Farben. So ließ er Sonnenlicht durch einen etwa 8 mm breiten Spalt im Fensterladen durch ein Glasprisma auf eine weiße Wand fallen und erhielt ein farbiges Lichtband (Bild 2). Aus diesem Ergebnis schließt er vorsichtig:

„Es sieht so aus, als ob das Licht verschieden stark gebrochen wird.“
Und er schreibt weiter:
„Um hierdrin Klarheit zu bekommen, untersuchte ich, was denn die Folge einer zweiten Brechung dieser Art sein würde.“

Er stellte ein zweites Prisma hinter das erste, so dass das erste Prisma das Licht nach oben und das zweite Prisma es zur Seite brach. Das Ergebnis bestätigte seine Vermutung: Auch durch das zweite Prisma wurde das blaue Licht stärker gebrochen als das rote. Weitere Untersuchungen ergaben, dass weißes Licht aus farbigen Bestandteilen besteht. NEWTON stellte auch Paare von Farben zusammen, die sich zu weiß ergänzen, und nannte sie Komplementärfarben .

Die Resultate seiner optischen Experimente und Berechnungen fasste er in seinem Werk „Opticks“ (1705) zusammen.

NEWTONs Erkenntnisse zum Wesen des farbigen Lichts bedeuteten einen großen Umschwung im Denken seiner Zeit und setzten sich nur langsam durch. Insbesondere entbrannte ein intensiver wissenschaftlicher Streit mit ROBERT HOOKE (1635–1703) und CHRISTIAAN HUYGENS (1629–1695) darüber, was Licht ist. Während NEWTON das Licht als Strom kleiner Teilchen ansah und damit versuchte, die unterschiedlichsten optischen Erscheinungen zu erklären, waren HOOKE und HUYGENS Vertreter der Auffassung, dass Licht eine Wellenerscheinung ist. Aufgrund der Autorität, die NEWTON in wissenschaftlichen Kreisen besaß, konnte er verhindern, dass die huygenssche Theorie Anerkennung fand. Bis Ende des 18. Jahrhunderts war seine Theorie bestimmend.
Untersuchungen zur Beugung und Interferenz von Licht führten Anfang des 19. Jahrhundert dazu, dass die Wellentheorie wieder in den Vordergrund trat. Erst der berühmte deutsche Physiker ALBERT EINSTEIN (1879–1955) wies nach, das Licht sowohl Wellen- als auch Teilcheneigenschaften hat.

Um die Farbfehler bei der Abbildung mit Linsen zu umgehen, baute NEWTON 1668 als Erster ein Spiegelteleskop, mit dem er die Jupitermonde und die Phasen der Venus beobachtete.
Ausgehend von den Gesetzen der Planetenbewegung, die JOHANNES KEPLER (1571–1630) gefunden hatte, leitete NEWTON das Gravitationsgesetz her. Dieses Gesetz ist die Grundlage der gesamten Himmelsmechanik.

Mit den drei nach ihm benannten Grundgesetzen der Mechanik wurde er zum Begründer der klassischen Mechanik. Erst mit der Relativitätstheorie und der Quantentheorie erfuhr die newtonsche Theorie eine Einschränkung.

Newtons grundlegendes wissenschaftliches Werk

In seinem grundlegenden Werk „Philosophiae naturalis principia mathematica“ (Mathematische Grundlagen der Naturwissenschaft, 1687) sind alle wesentlichen Grundlagen der klassischen Mechanik dargestellt. Es umfasst drei Bücher.

Im ersten Buch werden grundlegende Begriffe wie Masse und Kraft definiert. Dann folgen die drei newtonschen Gesetze oder Axiome, die heute als Trägheitsgesetz, als newtonsches Grundgesetz und als Wechselwirkungsgesetz bezeichnet werden. Darüber hinaus beschäftigt sich Newton in diesem Teil mit der Massenanziehung (Gravitation).

Im zweiten Buch behandelt NEWTON die Bewegung von Körpern in einem Medium und stellt Überlegungen zur Lichtgeschwindigkeit und zur Schallgeschwindigkeit an.

Im dritten Buch werden anhand allgemeiner Regeln die mathematischen Ergebnisse mit Erfahrungstatsachen aus der Natur verknüpft und Folgerungen für die Praxis gezogen. So charakterisiert Newton die Massenanziehung (Gravitation) als überall auftretende Wechselwirkung zwischen Körpern und erklärt damit Ebbe und Flut, die Planetenbahnen und Störungen in der Mondbahn.

NEWTON formulierte gleichzeitig mit GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ (1646–1716) und unabhängig von diesem die Grundthesen der Differenzial- und Integralrechnung. Er wies auf die wechselseitig umkehrbare Operation des Integrierens und Differenzierens hin.

NEWTON im Original zu lesen ist schwer. Seine Texte sind konzentriert, mathematisch durchdrungen und frei von jeglichen Wiederholungen oder Zusammenfassungen.
Beispiel: NEWTON beweist die Behauptung, die auf die Jupitermonde wirkende Kraft weise zum Jupiter und nehme quadratisch mit der Entfernung ab, folgendermaßen:

„Der erste Teil des Satzes folgt aus Erscheinung 1 und aus den Sätzen 2 und 3 des I. Buches; der zweite Teil aus Erscheinung 1 sowie aus dem Korrelarium VI des 4. Satzes im selben Buch.“

Besonders auf dem europäischen Kontinent wurde die newtonsche Mechanik zunächst wenig anerkannt. Es ist das Verdienst des französischen Philosophen und Schriftstellers VOLTAIRE (1694–1778), die newtonsche Mechanik auf dem Kontinent verbreitet zu haben. Als einer der Hauptvertreter der französischen Aufklärung interpretierte er die newtonsche Mechanik aus politischen Gründen im Sinne universeller Weltgesetze, auf die alles zurückführbar sei. Das ist Ausgangspunkt für die Mechanisierung des Weltbildes, die ihren Höhepunkt bei P. S. LAPLACE (1749–1827) findet.

Industrie und Gewerbe konnten jedoch trotz hoch entwickelter Mechanik von der Wissenschaft zunächst wenig profitieren. Die Feinheiten newtonscher Dynamik waren wegen der rückständigen Technologie zur damaligen Zeit noch nicht nutzbar. NEWTON hat Geschossbahnen unter Berücksichtigung des Luftwiderstandes berechnet, aber die Abschussgeschwindigkeiten waren mit den Geschützen seiner Zeit so wenig reproduzierbar, dass die empirische Erfahrung der Kanoniere völlig ausreichte. Lediglich in der Navigation und im Uhrenbau wurden wissenschaftliche Ergebnisse erfolgreich genutzt.

Auszüge aus seinen Werken

In Erinnerung an eine Unterhaltung mit NEWTON über die Entdeckung des Gravitationsgesetzes heißt es:

Nach dem Mittagessen, da es ein schöner warmer Tag war, gingen wir in den Garten und tranken Tee zu zweit im Schatten einiger Apfelbäume. Im Verlaufe der Unterhaltung bemerkte er zu mir, dass er sich genau in derselben Situation befand, als die Idee der Gravitation in ihm auftauchte. Sie wurde durch den Fall eines Apfels ausgelöst, als er, in Gedanken vertieft, hier saß. Warum muss dieser Apfel immer lotrecht zu Boden fallen – meditierte er – warum kann er sich nicht zur Seite oder nach oben bewegen, immer nur in Richtung des Mittelpunktes der Erde? Die Ursache dafür ist offensichtlich, dass die Erde ihn anzieht. Es muss also die Materie eine Anziehungsfähigkeit besitzen und diese Fähigkeit muss im Erdmittelpunkt konzentriert und nicht seitwärts gelegen gedacht werden. Darum fällt der Apfel vertikal, d. h. Richtung des Erdmittelpunktes. Wenn die Materie die Materie anzieht, so muss diese Anziehung proportional zur Quantität dieser Materie sein. So zieht auch der Apfel die Erde an, genau so, wie die Erde den Apfel. Siehe, hier haben wir eine Wirkung, Gravitation genannt, welche sich auf das ganze Universum ausbreitet.
(Aus: W. STUKELEY: Memoirs of Sir Isaac Newton's Life. 1752.
Erinnerung an eine Unterhaltung am 15. April 1726)

In den „Mathematischen Prinzipien der Naturlehre“ heißt es zum Zusammenhang zwischen Masse und Gewichtskraft:
Hieraus ergibt sich ein Verfahren, sowohl die Körper in bezug auf die Menge ihrer Materie miteinander zu vergleichen als auch den Unterschied des Gewichts ein und desselben Körpers an verschiedenen Orten zu bestimmen und so die Änderung der Schwere zu finden. Durch die schärfsten Versuche habe ich stets gefunden, dass die Menge der Materie in einzelnen Körpern ihrem Gewicht proportional ist.

In den „Mathematischen Prinzipien der Naturlehre“ finden sich auch folgende allgemeinen Hinweise:
Alle Schwierigkeit der Physik besteht nämlich dem Anschein nach darin, aus den Erscheinungen der Bewegung die Kräfte der Natur zu erforschen und hierauf durch diese Kräfte die übrigen Erscheinungen zu erklären.

Der absolute Raum ist unvergänglich und bleibt vermöge seiner Natur und ohne eine Beziehung auf einen anderen Gegenstand stets gleich und unbeweglich. Die absolute, wahre und mathematische Zeit fließt vermöge ihrer Natur ohne Beziehung auf einen anderen Vorgang gleichförmig ab.
(aus: I. NEWTON: Mathematische Prinzipien der Naturlehre)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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