Fossilien in Naturwerksteinen

Die Gesteine und die Fossilien, die in ihnen eingebettet sind, stehen in einem Zusammenhang. Sie geben Hinweise über den Ablagerungsraum des ursprünglich unverfestigten Gesteinsmaterials. Der Ablagerungsraum war in vielen Fällen zugleich der Lebensraum der Organismen, deren Reste oder Lebensspuren als Fossilien in den Gesteinen enthalten sind. Manche Gesteine bestehen ausschließlich aus Hartteilen (Schalen etc.) von Organismen. Ein typischer Ablagerungs- und zugleich Lebensraum mariner Organismen ist das rezente Flachmeer.

Das Flachmeer

Das Flachmeer kennzeichnet einen Meeresbereich mit einer Wassertiefe von maximal 200 Metern; Flachmeere kommen auf den Kontinenten wie auch an den Kontinentalrändern vor.

In Hinblick auf seine Bewohner sind in Flachmeeren verschiedene ökologische Faktoren gegeben.

  • Das Wasser ist mit Nährstoffen und gelösten Mineralstoffen angereichert.
  • Die Wassertemperatur nimmt aufgrund der Sonneneinstrahlung von der Oberfläche zur Tiefe hin ab. Durch Meeresströmungen (z. B. Gezeitenströme) und den Wellengang wird das Wasser gut durchmischt.
  • Der Sauerstoffgehalt ist relativ hoch.
  • Das Sonnenlicht wird mit zunehmender Tiefe immer schwächer.

Diese Faktoren begünstigen die Bildung einer Lebensgemeinschaft aus unterschiedlich hoch entwickelten Organismen. Einige Organismen schwimmen oder treiben im Meerwasser in unterschiedlichen Tiefen, andere leben auf dem Meeresboden, oder aber darin.

Der Meeresboden mit den Organismenresten und -spuren ist das Einzige, was von einem Flachmeer nach langer Zeit in Form von Gestein erhalten bleiben kann. Dabei kann es sich um ein Kalkgestein oder um einen Sand-, Silt- oder Tonstein (mit abnehmender Korngröße) handeln. Dieser Unterschied wird in den folgenden Absätzen deutlich.

Das Flachmeer mit Zufuhr von Verwitterungsschutt vom Land

Wird dem Flachmeer Verwitterungsschutt vom Festland durch Flüsse zugeführt bzw. durch die Meeresbrandung von den benachbarten Küsten „abgeraspelt“, dann sammelt sich dieser Schutt auf dem Meeresboden und bildet dort ein weiches Substrat. Die Nordsee ist hierfür ein gutes Beispiel. Das Substrat wird von Muscheln, Schnecken, Würmern, Seeigeln, Schwämmen, Seegurken und Krabben bewohnt, die unterschiedliche Lebensspuren hinterlassen. So graben sich einige Muscheln und die Würmer in den weichen Meeresboden ein und ernähren sich von Algen oder Pflanzenresten, die sie aus dem Meerwasser filtern. Andere Würmer fressen das nährstoffhaltige Substrat und scheiden seine unverdaulichen Reste wieder aus. Auch einige Schnecken gehören zu den Sedimentfressern (= Substratfresser). Die Lebensweise im Bodensubstrat bietet diesen und anderen Tieren vor allem auch Schutz vor Räubern.

Auch auf dem Meeresboden leben Tiere, die Bewegungs- und Weidespuren hinterlassen können. Ist der Untergrund felsig, dann können auf ihm Mikrobenmatten wachsen, die von Schnecken und Seeigeln abgeweidet werden. Nicht zuletzt sinken die Körper abgestorbener, im Wasser lebender Organismen (Fische, Quallen etc.) auf den Meeresboden.

Der Meeresboden zeigt nicht nur biogene (= von Organismen stammende) Strukturen wie Wohnröhren, Wühlgänge und Weidespuren. Er wird auch in vielfältiger Weise durch die Bewegung des Wassers geformt. Je nach Strömungsstärke können sich, vergleichbar mit Sanddünen, mehr oder weniger große „Rippeln“ bilden, die dem Meeresboden eine wellige Oberfläche verleihen. Bei starkem Seegang kann der Meeresboden völlig umgestaltet werden.

Das Flachmeer ohne Zufuhr von Verwitterungsschutt vom Land

Wenn kein Materialeintrag vom Land erfolgt, besteht der Meeresgrund fast ausschließlich aus biogenem (= von Organismen stammend) Kalk. Dieser setzt sich aus zerbrochenen und durch den Wellengang zerkleinerten Kalkschalen von Muscheln, Schnecken etc. zusammen.

Das tropische Flachmeer zeigt eine große Vielfalt im Hinblick auf seine Bewohner und die durch sie entstehenden Strukturen. Ein Beispiel hierfür sind die Gewässer, die Florida umgeben und die Gewässer der Karibik.

Das Wasser tropischer Flachmeere ist warm und sehr klar. So sind gute Lebensbedingungen für Korallentiere gegeben, die sehr empfindlich auf Wasserverschmutzungen reagieren. Sie können mit ihren eng benachbarten Korallenstöcken ein Korallenriff aufbauen, hinter dem sich ein geschützter Ruhigwasserbereich befindet.

Die der Meeresbrandung zugewandte Seite des Riffes wird u. a. von Muscheln und Schnecken bewohnt, die mit ihren stabilen Kalkschalen dem Wellengang trotzen können. Auf dem harten Substrat des Riffkörpers können sehr viele Organismen siedeln und es können sich Mikrobenmatten bilden; diese werden wiederum u. a. von Schnecken, Seeigeln und Fischen abgeweidet. In durch den Riffkörper geschützten Flachwasserbereichen leben andere und anders angepasste Meeresbewohner. Einige davon nutzen das weiche Bodensubstrat für ihre Wohnbaue und Grabgänge und hinterlassen auf der Oberfläche Bewegungs- und Weidespuren.

Vom Lockergestein zum Festgestein

Während ein Riffkörper bereits ein Festgestein darstellt, müssen andere Ablagerungen der Flachmeere erst zu einem festen Gestein werden. Aus einem Lockersediment kann durch verschiedene Vorgänge ein festes Gestein entstehen. Infolge der Auflast jüngerer Ablagerungen wird ein Lockersediment zusammengepresst. Dadurch verringert sich der Porenraum, also der Hohlraumanteil des Sedimentes. Die Körner und sonstige Komponenten (wie Organismenreste), aus denen die Ablagerung besteht, können anschließend durch einen Zement miteinander verkittet werden. Bei dem Zement handelt es sich z. B. um Kalzit oder Quarz, die aus der Porenlösung als Kristalle ausgefällt werden. Auch das Innere eines Organismengehäuses kann so „zementiert“ werden, dann entsteht durch die Füllung als Fossilientyp ein Steinkern. Für die Prozesse der Gesteinsverfestigung bei niedrigem Druck und niedriger Temperatur verwendet man den Sammelbegriff Diagenese, die Fossildiagenese heißt Fossilisation.

Beispiele für fossilienhaltige Naturwerksteine in der Architektur

Naturwerksteine werden z. B. als Fassadenplatten oder Fußbodenplatten in repräsentativen Gebäuden (Schlösser, Bankgebäude etc.) verwendet. Die Naturwerksteine, die in Berlin zur Verschönerung von historischen Gebäuden verwendet wurden, sind besonders reizvoll. Daher werden im folgenden drei Beispiele aus Berliner Gebäuden erläutert.

Fußbodenplatte in der Berliner Staatsoper

Dieser als Fußboden verwendeter Kalkstein besteht zum Hauptteil aus kalkigen Organismenhartteilen, die jedoch größtenteils durch den Wellengang zerstört und zerkleinert worden sind. Auf diese Weise ist ein Kalkschlamm entstanden, der jedoch einige weitgehend unbeschädigte Organismenhartteile als Fossilien enthält. Man erkennt das spiralig eingerollte Gehäuse eines Kopffüßers und die Stielglieder von Seelilien. Das feste Gestein zerbrach später und es bildeten sich Klüfte (= spaltenförmige Hohlräume), die mit Calciumkarbonat (Kalk) gefüllt wurden. Die dunkle Färbung des Kalkes stammt von reduzierten Eisen- und Schwefelverbindungen. Der Kalkstein zeigt insgesamt die Umweltbedingungen auf, die für den sauerstoffarmen Grund eines ruhigen, z. T. bewegungslosen Flachmeerbereichs kennzeichnend sind. Diese Verhältnisse haben im Ober-Devon (einer erdgeschichtlichen Periode) an dem Fundort in Thüringen geherrscht.

Konsolenplatte in der Berliner Staatsoper

Auch dieser als Konsolenplatte verwendeter Kalkstein entstand in einem warmen Flachmeer. Er zeigt als Fossilinhalt zwei Geradhörner, das sind Kopffüßer mit einer urtümlichen gestreckten Gehäuseform. Die rote Färbung des Gesteins ist auf oxidierte Eisenverbindungen zurückzuführen. Wird im Wasser gelöstes Eisen oxidiert, dann entstehen gewöhnlich rötliche Eisenausfällungen. Auch dieses Gestein ist später zerbrochen und dann durch Kalk verheilt.

Dieser Naturwerkstein stammt ebenfalls aus Thüringen. Er stammt aus dem gleichen Flachmeer, wie der Naturwerkstein ‚Kapfenberg' (Fußbodenplatte Berliner Staatsoper), jedoch ist er unter sauerstoffreicheren und bewegteren Bedingungen entstanden.

Fußbodenplatte im Roten Rathaus in Berlin

Der gleiche Kalk-Naturwerkstein, aus dem die Konsolenplatte hergestellt worden war, bildet im Roten Rathaus den Fußboden des Wappensaales. Das hier verwendete Gestein war jedoch stärker zerbrochen, wie man gut an dem abgeschnittenen Geradhorn erkennt. Die hellen Kluftfüllungen aus Kalk zeichnen den Verlauf der ehemaligen Bruchlinien nach.

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