- Lexikon
- Biologie
- 3 Der Mensch
- 3.8 Das Hormonsystem
- 3.8.0 Überblick
- Zusammenwirken des Hormon- und Nervensystems
Bei der Regulation von Lebensprozessen wirken Hormon- und Nervensystem zusammen.
Im Hormonsystem hat die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) eine übergeordnete Rolle. Sie hat ungefähr die Größe eines Kirschkerns, wiegt etwa 0,5 g, ist bohnenförmig, liegt unter dem Großhirn und ist über einen Stiel mit einem Bereich des Zwischenhirns – dem Hypothalamus – verbunden. Über den Hypothalamus besteht die Verbindung des Hormonsystems mit dem Nervensystem.
Die Hirnanhangsdrüse produziert nur wenige mg Hormone pro Tag. Diese geringe Menge genügt, um sowohl direkt Prozesse im Körper auszulösen (z. B. durch das Hormon Somatropin das Wachstum) als auch andere Hormondrüsen zur Tätigkeit anzuregen, z. B. Nebennieren, Schilddrüse oder Keimdrüsen. Das ist notwendig, weil es für die Gesundheit und Funktionsfähigkeit unseres Körpers enorm wichtig ist, dass die Konzentration vieler Stoffe nur in ganz engen Grenzen schwankt. Die Hormone der Hirnanhangsdrüse bewirken die Abgabe derjenigen Hormone ins Blut, die der Konzentrationsänderung entgegenwirken, z. B. einer zuckerreichen Nahrungszufuhr die Ausschüttung von Insulin zur Blutzuckersenkung. Zwischen den Hormondrüsen und der Hirnanhangsdrüse besteht außerdem eine negative Rückkopplung, d. h., wenn die erforderliche Konzentration wieder eingestellt wurde, wird die Hormonproduktion der Hirnanhangsdrüse zur Anregung der Hormondrüsen wieder reduziert. Durch diese Regelkreise ist es möglich, Stoffgleichgewichte im Blut zu realisieren und die Anpassung des Körpers an die jeweiligen aktuellen Bedingungen zu erreichen.
Die Hypophyse aber steht wiederum unter Kontrolle des Hypothalamus. Dieser beeinflusst die Tätigkeit der Hirnanhangsdrüse.
In Abhängigkeit von den durch die Erregungen in den Nerven übermittelten Informationen werden im Hypothalamus Hormone ausgeschüttet, die die Tätigkeit der Hirnanhangsdrüse hemmen oder in Gang setzen. Die vom Zwischenhirn (Hypothalamus) ausgeschütteten Hormone wirken also auf die Hirnanhangsdrüse. Die Hormone der Hirnanhangsdrüse wiederum regulieren die Hormonausschüttung des Zwischenhirns. Durch die verschiedenen Rückkopplungen wird das harmonische Zusammenwirken der Hormone und dadurch das Gleichgewicht der Stoffe im Organismus gewährleistet.
Sinkt der Thyroxinspiegel im Blut unter den Normalwert ab, so nehmen Sinneszellen in den Blutgefäßen diese Veränderungen wahr (1), über Nerven gelangen die Erregungen ins Zwischenhirn (Hypothalamus, 2). Dort werden Hormone freigesetzt, die die Hirnanhangsdrüse zur Produktion von Hormonen anregen (3), die wiederum die Schilddrüse anregen, Thyroxin zu produzieren (4) und es ins Blut abzugeben. Dadurch steigt der Thyroxinspiegel wieder an (5). Die Zellen des Zwischenhirns (Hypothalamus) registrieren über Nerven diesen Anstieg und stellen die Produktion von Freisetzungshormonen zur Anregung der Hirnanhangsdrüse ein (6).
Steigt der Thyroxinspiegel im Blut sehr hoch (5), werden vom Hypothalamus (2) Hemmungshormone gebildet (7), die die Hirnanhangsdrüse zur Produktion solcher Hormone anregen (8), die der Schilddrüse „befehlen“, die Thyroxinausschüttung zu reduzieren (9). Dadurch sinkt der Thyroxinspiegel im Blut (10) wieder.
Hormon- und Nervensystem wirken auch bei Stresssituationen eng zusammen. Der Begriff „Stress“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch fast täglich verwendet und ist meist mit sehr negativen Vorstellungen verbunden. Eigentlich ist damit eine plötzliche körperliche oder seelische Belastung gemeint. Beispielsweise kennt sicher jeder die folgende Situation: Man hat einen wichtigen Termin, und es ist schon ziemlich spät. Man läuft Gefahr, den letzten Bus, der ein pünktliches Erscheinen ermöglicht, zu verpassen – eine typische Stresssituation. Darauf reagiert unser Organismus. Diese äußeren Umstände bezeichnet man als Stressoren.
Die Informationen der Stressoren werden über das Nervensystem aufgenommen und verarbeitet. Durch das vegetative Nervensystem wird das Nebennierenmark aktiviert. Dadurch werden schlagartig Stresshormone (Adrenalin und Noradrenalin) freigesetzt und in das Blut abgegeben. Sie sorgen dafür, dass das Herz schneller schlägt, der Blutdruck steigt und sich die Atemfrequenz erhöht. Durch diese erhöhte Aktivität der Organe kann mehr Sauerstoff aufgenommen und transportiert werden. Gleichzeitig nehmen Zucker- und Fettgehalt im Blut zu. Dadurch werden auch die Brennstoffe zur Energiefreisetzung bereitgestellt. Der Körper hat in kürzester Zeit auf volle Leistungsbereitschaft geschaltet. Die Beinmuskeln können aktiv werden, und mit einem Sprint erreicht man den Bus doch noch.
Die erhöhte Adrenalinkonzentration bewirkt außerdem die Ausschüttung eines bestimmten Hormons (ACTH-adeno-corticotropes Hormon) in der Hypophyse, das wiederum zur Freisetzung von Glukokortikoiden (z. B. Kortisol) aus der Nebenniere anregt. Diese Kortikoide beschleunigen die Wundheilung und haben entzündungshemmende Eigenschaften. Der Stress hat unseren Körper also zu Höchstleistungen herausgefordert und sogar zur Steigerung der Widerstandskraft beigetragen. Aus diesen zunächst positiven Stresssituationen können sich nervliche Störungen und Überlastungssymptome entwickeln.
Negativ wird Stress erst dann, wenn er häufig auftritt und kein körperlicher Ausgleich erfolgt, die körperlichen „Reserven“ nicht „abgerufen“ werden, z. B. durch Bewegung. Dann „kreisen“ die Brennstoffe Zucker und Fett ungenutzt in der Blutbahn. Dauerhaft erhöhte Blutfettwerte können zur Arterienverkalkung beitragen. Durch einen ständig erhöhten Adrenalinspiegel und damit verbunden durch eine erhöhte Konzentration eines bestimmten Hormons der Hirnanhangsdrüse (ACTH-adeno-corticotropes Hormon) kann es bei Dauerstress zu Erschöpfungszuständen kommen. Dem sollte durch eine ausgeglichene Lebensführung mit ausreichender Bewegung und rechtzeitiger Problembewältigung vorgebeugt werden.
Zusammenwirken von Hormon- und Nervensystem bei der Regulation des Schilddrüsenhormonspiegels (Thyroxinspiegels) im Blut
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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