Geschichte der Erforschung des Milchstraßensystems

Geschichte der Erforschung des Milchstraßensystems

Die Fernrohrbeobachtungen GALILEO GALILEIs (1564-1642) darf man als entscheidenden Wendepunkt am Beginn der Erforschung der Galaxis ansehen. GALILEI richtete um das Jahr 1610 zum ersten Mal ein Fernrohr auf das diffus leuchtende Band der Milchstraße und konnte es in einzelne Sterne auflösen.
Damit erhob sich die Frage, weshalb die Sterne in einem flachen Band konzentriert sind und an anderen Stellen des Himmels in wesentlich geringer Anzahl auftreten.

Frühe Spekulationen zur Gestalt und Entstehung unseres Sternsystems

Der englische Uhrmacher THOMAS WRIGHT (1711-1786) unterbreitete im Jahre 1750 einen ersten Erklärungsversuch. Nach WRIGHT leben wir in einer scheibenförmigen Ansammlung von Sternen, die langsam um ein Massezentrum rotieren. Blickt man von innen aus diesem System nach außen, dann nimmt man in der Hauptebene der Scheibe deutlich mehr Sterne wahr als beim Blick senkrecht dazu.

Der deutsche Philosoph IMMANUEL KANT (1724-1804) veröffentlichte in seiner berühmten Schrift „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels“ im Jahre 1755 seine Ansichten über dieses Problem. Danach sind die Sterne nicht im Weltall verteilt, sondern ordnen sich in flachen Systemen an, die man über das gesamte Himmelszelt verteilt finden kann. Tatsächlich waren schon zu KANTs Zeiten verschiedene diffuse Lichtflecken bekannt, die im Fernrohr zumindest teilweise den Anblick flacher Objekte erkennen ließen.

Frühe Beobachtung von „Nebeln“

Im Jahre 1781 erstellte CHARLES MESSIER (1730-1817) einen Katalog der hellsten flächenhaften und diffus leuchtenden Gebilde, die man am Nachthimmel beobachten kann. Wie man erst viel später lernte, handelte es sich bei den MESSIER-Objekten keineswegs nur um Sternsysteme , sondern auch um „gewöhnliche“ Gasnebel und Sternhaufen , die sich innerhalb der Galaxis befinden.

Mithilfe von Teleskopen konnte man auch im 18. und 19. Jahrhundert die große Vielfalt dieser Objekte am Sternhimmel ausmachen. Dass sich hinter den Leuchtgebilden völlig verschiedenartige Gruppen von Himmelsobjekten befanden, war allerdings damals noch unerkannt. Nach Einführung der Spektroskopie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelang eine Klassifikation der leuchtenden Nebel, die über ihr äußeres Erscheinungsbild hinausging. Ein Teil der Nebel ist diffus und emittiert spektroskopisch vorwiegend Kontinuumstrahlung. Eine zweite Gruppe besitzt eine spiralartige Form, während die dritte Sorte meist faserartige Strukturen zeigt und sich ihr Licht ausschließlich aus Emissionslinien zusammensetzt.
Die ersten beiden Gruppen entpuppten sich erst im 20. Jahrhundert als entfernte Galaxien, nur die dritte Gruppe stellte sich als die der galaktischen Emissionsnebel heraus, die aus ionisiertem Gas bestehen.

Anfänge der Stellarstatistik

Da die Sterne in der weiteren Umgebung der Sonne offenbar ungleichmäßig verteilt sind, bot sich als naheliegende Idee zur Erforschung der Struktur des Milchstraßensystems an, in verschiedenen Raumrichtungen Einheitsflächen an der Himmelskugel festzulegen und in diesen Flächen dann Sternanzahlen unter Berücksichtigung der scheinbaren Helligkeiten der Sterne zu ermitteln. Die erste Untersuchung dieser Art, die man gleichzeitig als Geburtsstunde der Stellarstatistik ansehen kann, erfolgte durch FRIEDRICH WILHELM HERSCHEL (1738-1822) ab dem Jahre 1784. Mathematisch ausgearbeitet, verfeinert und für Strukturbestimmungen des Milchstraßensystems eingesetzt, wurde die Stellarstatistik am Beginn des 20. Jahrhundert vor allem durch die deutschen Astronomen HUGO VON SEELIGER (1849-1924) und KARL SCHWARZSCHILD (1873-1916).

Die letzte große Untersuchung dieser Art erfolgte durch den dänischen Wissenschaftler JACOBUS CORNELIUS KAPTEYN (1851-1922). KAPTEYNs Arbeiten mündeten in einem Bild von der Galaxis, dass als KAPTEYN-Universum in die Geschichte der Astronomie eingegangen ist.

Viele Astronomen war natürlich auch damals schon bewusst, dass Ergebnisse, die sie aus ihren statistischen Arbeiten erhalten hatten, einen stark vereinfachenden Charakter trugen. Durch die Untersuchungsmethode begründet, stand beispielsweise immer die Sonne im Zentrum unseres Sternsystems.

Kugelsternhaufen als Schlüssel zum Bauplan der Galaxis

Nach der Entdeckung der Kugelsternhaufen wurde die wahre Struktur der Galaxis in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts verstanden. Dabei stellte sich vor allem heraus, dass die Sonne keineswegs - wie immer angenommen - in der Mitte unserer Sterninsel steht. Eine Schlüsselrolle bei diesen Forschungen spielt der amerikanische Astronom HARLOW SHAPLEY (1885-1972). SHAPLEY bestimmte als Erster die Entfernungen zu Kugelsternhaufen. Dabei erkannte er, dass sich diese Objekte weit außerhalb der Milchstraße befinden und eine kugelförmige Verteilung gegenüber einem Punkt aufweisen, der sich etwa 10 kpc von der Sonne entfernt in Richtung des Sternbildes SCHÜTZE befindet. Dieser Punkt ist das Zentrum des Milchstraßensystems.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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