Eigenschaften und Funktionen der populären Musik

In jeder Phase des historischen Entwicklungsprozesses trifft Musik

  • auf Bedingungen ihrer Produktion (Stand der Technik, verbreitete Instrumente, Knowhow, wirtschaftliche und rechtliche Faktoren),
  • auf Bedingungen ihrer Realisierung (Aufführungsorte, Formen der Organisation von Musikdarbietungen) und
  • auf jeweils vorherrschende Medien ihrer Verbreitung (Notendruck, Tonträger, MP3-Datei, Internet),

denen sie entsprechen muss, wenn sie möglichst schnell möglichst viele Hörer finden soll, also kommerziell erfolgreich sein will. Dazu gehören:

  • Eignung für die jeweiligen Produktions- und Verbreitungstechnologien (z.B. Anpassung in Satzweise und Faktur an variables Druckarrangement; später Anpassung an die technisch bedingte Spieldauer von Tonträgern usw.)
  • Anpassung an die jeweiligen akustischen Gegebenheiten der Aufführungsstätten durch entsprechende Besetzungsformen (Blasorchester für Darbietung unter freiem Himmel, kleine Besetzungen in Tanzbars und Cafés usw.)
  • Anpassung an die Funktionen, die sie von ihren Hörer erhält.

Der letzte Punkt ist von besonderem Gewicht, denn er umfasst seinerseits einen ganzen Komplex von Faktoren:

  • praktisch vermittelte Gebrauchsansprüche wie die musikalische Organisation körperlicher Bewegungsabläufe beim Tanzen oder Marschieren,
  • geistige Ansprüche, die sich mit der Erfahrung von Individualität und Subjektivität verbinden, mit Ideologien, Weltbildern oder auch politischen Inhalten in Zusammenhang stehen können
  • reproduktive Ansprüche wie Erholung, Entspannung, Geselligkeit, die zugleich mit besonderen Aneignungsweisen wie etwa dem sekundären Musikhören, dem Hören von Musik als begleitendes Moment für andere Tätigkeiten (Hausarbeit, Schularbeiten etc.), verbunden sind.

So entsteht ein komplexes Bedingungsgefüge, das bei aller Verschiedenartigkeit der zur populären Musik gehörenden Genres und Gattungen zu Häufung und Bevorzugung einzelner musikalischer Gestaltungsmittel führt. Dazu gehören:

  • die Variantenbildung von relativ feststehenden, über lange Zeiträume im kollektiven Gebrauch geprägten Strukturmodellen (Liedform, Tanzrhythmen, Blues-Schema usw.)
  • die Zentriertheit um einen Grundton, also der tonale Aufbau und die damit verbundene Übersichtlichkeit des musikalischen Geschehens
  • die Reihung und Gruppierung einer relativ begrenzten, im Gedächtnis speicherbaren und damit auch bei dekonzentrierter Aufnahme nachvollziehbaren Anzahl komplexer musikalischer Grundelemente (harmonische, melodische und rhythmische Formeln usw.)
  • eine klare und überschaubare Gliederung und Periodisierung des musikalischen Ablaufs zumeist nach dem Symmetrieprinzip
  • Bewegungsvorgänge nachbildende Metren und rhythmische Formeln
  • die Körperbezogenheit des Musikalischen auch in Form der Nachsingbarkeit.

Weil diese Bedingungen auf sehr verschiedenartige Weise erfüllt werden können, MOZARTs Serenade „Eine kleine Nachtmusik“ (1787) ihnen auf ihre Weise ebenso entspricht wie ein Techno Treck, umfasst die populäre Musik dann eben ein Spektrum, das von der „populären Klassik“ bis hin zu den neuesten elektronischen Kreationen der Club- und Dance-Szene reicht.

HERBERT GRÖNEMEYER (* 1956) – hier während eines Rockkonzertes in der Deutschlandhalle in Berlin (1990, Tournee „Luxus“) – gehört zu den gestandenen Vertretern der Rockszene West, die auch im wiedervereinigten Deutschland ihre Popularität behalten haben.

HERBERT GRÖNEMEYER (* 1956) – hier während eines Rockkonzertes in der Deutschlandhalle in Berlin (1990, Tournee „Luxus“) – gehört zu den gestandenen Vertretern der Rockszene West, die auch im wiedervereinigten Deutschland ihre Popularität behalten haben.

Eigenschaften und Funktionen der populären Musik - Konzert von Herbert Grönemeyer

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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